Star Wars auf Skellig Michael — Ausverkauf im Land der Leprechauns: Luke Skywalker auf den Skelligs. Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, dass Irland seine Seele mit gieriger Hingabe dem Kommerz geopfert hat, dann diesen: In den vergangenen drei Tagen belagerte eine wuchtige Film-Crew aus Hollywood die bislang streng geschützte Klosterinsel Skellig Michael vor der Küste Kerrys und filmte dort Szenen für den Blockbuster in spe „Star Wars Episode 7„.
Die irische Regierung hatte die Dreh-Genehmigung heimlich erteilt, die UNSECO World Heritage Site von einem Marine-Patroullienboot absperren lassen und Hollywood Tür und Tor geöffnet zu einer der wichtigsten und gleichzeitig fragilsten frühchristlichen Stätten der Welt. Für mehrere Tage war Skellig Michael für Touristen gesperrt, auf dem Klosterfelsen wurde ein Zeltdorf aufgegebaut, Hubschrauber kreisten und die Bootsunternehmer von Portmagee hatten Hochbetrieb, um das Arbeits-Material auf den 12 Kilometer entfernten Felsen im Atlantik zu schaffen.
Nur einzelne Stimmen melden bislang Kritik an der Aktion an, aber sie sind immerhin hörbar: Die UNESCO ist alarmiert, renommierte Archaeologen und Naturschützer beklagen, ohne wirklich überrascht zu sein, dass die Regierung dem Kommerz Tür und Tor zu den wertvollsten kulturellen Schätzen des Landes öffnet und keine Grenzen respektiert. Während die Archäologen befürchten, dass die Weltkultur-Stätte, die 1996 World-Heritage-Status erlangte, von marodierenden Spielfilmern beschädigt wird und der Staat seine Schutzfunktion nicht hinreichend wahrnimmt, sind Naturschützer schockiert, dass die Dreharbeiten mitten in der Brutzeit der Vögel auf Skellig Michael stattfanden. Im Juli ziehen tausende Papageientaucher ihre Jungen auf Skellig Michael groß. Ganz zu schweigen vom drohenden Ansturm der Star-Wars-Fans auf den „Original-Drehort“ im irischen Atlantik.
Wer einmal auf Skellig Michael war, weiß genau, wie verletzlich und wie leicht zu beschädigen dieser heilige Ort ist. Man muss kein Christ sein, um den Spiritus Loci auf dem Klosterfelsen zu erfahren— und man fragt sich, warum dieser bedenkenlose Umgang mit einem der einzigartigsten Orte der Welt sein muss. Die Antwort ist wahrscheinlich: Weil es ihn gibt und weil es möglich ist. Hill of Tara, Wild Atlantic Way, Skellig Michael, Galway Bay, Corrib, Porcupine . . . : Das Spiel der irischen Gegenwart hießt: Ausbeuten und ausgebeutet werden — materiell, ideell, spirituell. Die Währung: Aufmerksamkeit und Profit.
Fotos (3, oben) Markus Bäuchle
Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Vor einigen Jahren habe ich die Insel auch besucht und kann für mich keinen großen Unterschied ausmachen, ob Touristen oder Film-Crew die Insel besuchen.
Wer zahlt sagt an, schließlich lebt ein Teil der irischen Anwohner nicht schlecht von den Inselbesuchen. Es ist dabei immer eine Gratwanderung zwischen „Natur“ und Nutzen für die Mensch abzuwägen. Wie weit die Iren ihre Natur den Touristen oder anderen Nutzern mundgerecht zugänglich machen,müssen sie letztendlich selbst entscheiden. Ein unerreichbares Naturparadies kann schließlich schlecht vermarktet werden. Ich finde es auch anmaßend, nur für sich die Erreichbarkeit zu beanspruchen und dabei zu verkennen, dass jede Nutzung Folgen hat. Wer will hier die Grenze festlegen?
Wer? Genau das wäre die Aufgabe einer verantwortungsbewusst handelnden Regierung, beziehungsweise ihrer Fachbehörden.
Da hast Du ohne Zweifel Recht.
Mich stört nur, dass sofort kritisiert wird, wie entschieden wurde. Gleichzeitig wird unterstellt, dass verantwortungslos gehandelt wurde. Eine Regierung muss immer abwägen zwischen den Interessen der Menschen. Dabei hat die Natur als solches in meinen Augen nur als Nutzobjekt für die Menschen einen Wert und ist dadurch ein schützenswertes Gut. Hierbei ist der Nutzwert der gegenwärtigen und kommenden Generationen gegeneinander abzuwägen. Die Veränderungen in der Natur werden nur als aktueller Beobachter oder Teil derselben als störend oder bedrohlich empfunden. Menschheits- oder gar Erdgeschichtlich sind sie irrelevant.
Mich ärgerte diese Entscheidung im ersten Moment auch. Im zweiten habe ich mich und andere als Tourist gesehen….. Wir sind ein Teil des Ganzen und werden von einem anderen Standpunkt aus vielleicht genauso kritisch gesehen.
Wir sind alle Touristen. Die-Star-Wars- Macher aber sind keine Touristen, sondern Lenker einer milliardenschweren Multiplikationsmaschine. Es wird Nachfragedruck erzeugt, mit dem in Irland niemand umzugehen bereit sein wird. Die Lenkung von Besucherströmen ist hier ein Fremdwort.
Es gibt hochgradig sensible schützenswerte Natur, die komplett ihrer Funktion als Nutzobjekt entledigt werden kann und sollte, zum Beispiel die Kleine Skellig, auf der Besucher bislang nicht erlaubt sind. Zum Schutz der Vögel.
Die Entscheidung der Regierung steht in einer Tradition des Nicht-Abwägens. Der Schutz von Natur, sowie von Natur- und Kulturgütern hat geringe Priorität — die Nichtumsetzung zahlreicher EU-Richtlinien in irisches Recht zeugt davon.
In diesem Fall wurde die Fach-Öffentlichkeit, sowie die breite Öffentlichkeit bewusst von der Regierung, bez. dem zuständigen Ministerium bewusst übergangen. Die sechs Monate langen Verhandlungen wurden im Geheimen geführt, um Störungen durch Naturschützer zu vermeiden. Das ist einer Demokratie unwürdig und erinnert an Methoden in Nordkorea.
Das Hauptproblem in Irland aber ist die Durchsetzung von geltendem Recht. Erlaubt sind auf Skellig Michael während der Saison 15 Boote a 12 Menschen pro Tag, macht 180. Das drückt einerseits sehr deutlich den hohen Grad der Schutzbedürftigkeit der Insel aus, sagt andererseits aber nicht viel über die Wirklichkeit aus — weder über die heutige noch die künftige, wenn Starwars-Fans aus aller Welt in Portmagee am Pier Schlange stehen.
Deshalb die Kritik.
Ich befürchte, das Schlimmste kommt erst noch. Wenn der Film dann in die Kinos gekommen ist und alle Star Wars-Fans die Insel stürmen werden. Dann beginnt das Drama erst recht und wird so schnell nicht mehr aufhören. Traurig, was die Macht des Geldes alles ausrichtet. :-(
Schrecklich !! Für Geld wird langsam wirklich alles gemacht ! ( und nicht nur in Irland )
Und wie man das so kennt, viel riskiert für wahrscheinlich 2 Min. Film , oder es wird am Ende komplett rausgeschnitten……Man könnte glatt denken, die Irische Regierung liebt/ehrt ihr Land überhaupt nicht, bei solchen Meldungen.
Schade……
Irgendwie kann man nur hoffen, dass es am Ende ganz rausgeschnitten wird. Denn dann haben die Star Wars-Fans keinen Grund da hinzufahren und lassen die Insel wenigstens in Zukunft in Ruhe und den Besuchern, die wissen, was der Wert dieser Insel ist.
Conny, hagenconn1962@gmail.com, schickte uns diesen Kommentar per Email:
Ich war dieses Jahr auf Skellig. Ein einzigartiger,schützenswerter Ort. Ich bin entsetzt darüber, wie die Profitgier erneut in Irland um sich greift und hoffe dass Naturschützer sich rechtzeitig wehren.
Es erschreckt mich zutiefst, was ich hier immer öfter lese.
Seit vielen Jahren verbringe ich meinen Urlaub – immer im Herbst, wenn die Touristenströme abgeebbt sind – in Irland. Am liebsten in den entlegensten Gebieten an der Westküste. Aber auch ich spüre jedes Jahr die Veränderungen. Hat uns anfangs unser Mietwagenverleiher am Dubliner Flughafen morgens 8:00 Uhr noch fröhlich singend empfangen, sind wir ein paar Jahre später ewig herumgeirrt, um überhaupt unseren Mietwagenverleih zu finden.
Als ich noch in Bildbänden von Irland blätterte und mir so gewünscht habe, einmal dorthin reisen zu können, haben viele gesagt: „Was willst du denn dort? Da gibt es doch nur Steine!“ Und genau die verstopfen jetzt mit ihren Wohnmobilen die engen Straßen!!
Ich vergleiche es ein bischen mit dem Wacken Open Air, welches ja gerade statt findet. Mit Metal hat man ja eigentlich nichts am Hut, aber es ist schick, sagen zu können, man war auf „Wacken“. Und dann sitzen sie mit nem Cocktail in irgendeiner Lounge, einen Blick auf die Bühne hat man ja auch so´n bisschen, auf dem Zeltplatz sein eigens angemietetes Dixiklo…usw… Und die wahren Metalfans sagen: „Nee, das hat nichts mehr mit der Szene zu tun. Die Leute, die kommen werden immer arroganter… Das ist mein letztes „Wacken!“
Ich möchte niemals sagen müssen: „Das ist mein letzter Irlandurlaub!“
Irland ist meine Seelenheimat!
Aber irgendwie verliert Irland seine Seele!!
Das macht mich traurig…
und doch freu ich mich so auf den Herbst, wenn ich wieder in meiner Seelenheimat bin…