Im Irland der zwei Geschwindigkeiten konnten viele Inselbewohner mit dem rasanten “Fortschritt” nicht mithalten. Manche ertrugen den rasend schnellen Wandel seelisch und geistig nicht – andere konnten oder wollten schon rein physisch den Anschluss nicht halten und verharrten in der alten Zeit. Von solchen Menschen liest das moderne Irland auch heute noch in den Zeitungen. In diesen Tagen macht die wahre Geschichte von Stephen Hickey aus dem Norden des County Cork die Runde.

Stephen ist 68 Jahre alt. Er lebt in der Abgeschiedenheit der Nagle Mountains in der Nähe von Killavullen, und wenn alles gut läuft, wird er demnächst das erste Mal in seinem Leben das Privilieg von Strom genießen können: Licht, Fernsehen, vielleicht sogar einen Wasserkocher und eine Waschmaschine. Stephen und seine Eltern kamen ihr Leben lang ohne die moderne Errungenschaft der Elektrizität aus. Ihr Haus in den Wäldern der Nagles beleuchteten die Hickeys mit Holz und mit Kerzen. Das Wasser schöpften sie am nahen Bach.

Erst als Stephen ins Pensionsalter kam, wurde er für die Bequemlichkeiten der Moderne empfänglich und bat die Irischen Elektrizitätswerke ESB um einen Stromanschluss. Die allerdings machten ihm klar, dass die bereits hinterlegten 5.200 Euro nicht ausreichten, um den entlegenen Hof ans Stromnetz anzuschießen. Sie forderten erst 86.000 Euro, später dann 23.000 Euro Eigenanteil. Doch diese Summen kann der stromlose Mann aus den Nagle Mountains nicht aufbringen.

Mittlerweile hat sich ein lokaler Abgeordneter eingeschaltet und klagt für Stephen das “Menschenrecht” auf Strom ein. Der Politiker hält es für moralisch fragwürdig, dass eine halbstaatliche Behörde darüber entscheidet, wer Strom bekommt und wer nicht. Der Angriff saß, die ESB zeigt sich ermuntert, eine schnelle Lösung zu finden und Stephen Hickey kann in seinem 69. Lebensjahr hoffen, noch zu Lebzeiten Strom zu bekommen.

Foto: mab. Es zeigt ein verlassenes Haus auf der Beara Peninsula.