Heute beginnen die drei tristesten Tage im Jahreszyklus des Wanderers im Dickicht von Papierbergen und Zahlenkolumnen. Die Jahressteuererklärung für das vergangene Jahr muss bis Ende Oktober unter Dach und Fach gebracht werden. Zwar hatte Irlands “Tax Return” lange viel mit der berühmten Steuererklärung auf dem Bierdeckel gemein und war wesentlich einfacher zu erledigen als eine deutsche Steuererklärung – und doch bleibt es eine ungebliebte Steuererklärung. Zudem geben sich Irlands Politiker alle Mühe, das Steuer-Regelwerk aufgrund der Ebbe in der Staatskasse zu verkomplizieren und von den Bürgern an allen Ecken und Enden mittels Abgaben und versteckter Steuern zusätzliches Geld einzutreiben. Die 50 Milliarden Euro für die Rettung der quasi-bankrotten irischen Zocker-Banken müssen ja irgendwo aufgetrieben werden.

Jedes Jahr zur Steuererklärungszeit wundert sich der Wanderer aufs Neue über die unausrottbaren kontinentalen Vorurteile, man ziehe gewöhnlich nach Irland, um dort leckere Steuervorteile zu genießen. Nein, Arbeitnehmer und Freiberufler haben gar nichts von den immer wieder zitierten irischen Billigsteuersätzen. Von der Corporation Tax profitieren nur Unternehmen, sie zahlen auf ihre Gewinne 12,5 Prozent Steuer. Der Rest der Bevölkerung darf sich mit 20 Prozent und 40 Prozent Steuersatz am Gemeinwohl beteiligen, plus der nun üblichen Krisenabgaben auf Einkommen oder zur Stützung des maroden Gesundheitssystems. Und nein, Autoren und Journalisten leben in Irland nicht steuerfrei. Die eingeschränkte Steuerfreiheit bis 250.000 Euro Jahreseinkommen genießen lediglich Schriftsteller, und dies nur für den Erlös ihrer fiktionalen Werke, also für Romane, Dramen oder Gedichtbände. Ein Sachbuch zählt da nicht dazu.