Es gibt auch nach 21 Jahren in der Wahlheimat im Südwesten Irlands immer wieder Neues zu entdecken. Und es gibt sie noch, die guten Gegenden. Die einsamen, die sich weitgehend selbst überlassenen, die wilden. In der vergangenen Woche besuchte ich erstmals einen Landstrich in Süd-Kerry, in dem John Moriarty, ein irischer Mystiker, in den Nuller-Jahren einen Natur-Retreat zur Wieder-Entdeckung und Wieder-Erweckung der Spiritualität in Irland gründen wollte. Trotz zahlreicher Bücher und einer schlüssigen Theorie kam es nie dazu. Die Hedge School Slí na Fírinne  blieb eine Idee, und das Tal, in dem Moriarty im Jahr 2003 ein großes Stück Land gekauft hatte, blieb weitgehend unberührt. Mehr Naturschutz geht kaum.

Ich bin gespannt, was die Stiftung dereinst draus machen wird, die das Land mit hoffentlich treuen Händen verwaltet. John Moriarty ließ am Ende seines Lebens sehr streng nur ganze zwei Quellen zu, aus denen sich die Offenbarung speist. Die Natur und die deutschen Mystiker, allen voran Meister Eckhart. Der Rhein sei sein Ganges, sagte Moriarty gerne. Die Bibel war ausdrücklich von der Liste der Offenbarungs-Quellen gestrichen. John Moriarty starb am 1. Juni 2007 mit 69 Jahren unterhalb des Mangerton Mountain bei Muckross.

 

Killarney National Park

Lough Leane, Killarney

Irlands Südwesten kann sich abseits der versteckten Täler über Besuchermangel in diesen Wochen nicht beklagen. Die vom nordwärts gewanderten Jet Stream verwöhnte grüne Insel kommt in diesen Tagen mittelmeerisch daher. Seit zwei Wochen hat es nicht geregnet, seit acht Tagen liegen die Temperaturen auch hier am Atlantik West Cork zuverlässig über 25, mancherorts über 30 Grad. Die Sonne und die Hitze locken die Menschen an die Strände und in die Straßen-Pubs. Der ganze Osten Irlands scheint unterwegs an der atlantischen Westküste.

Es sind vor allem urlaubende Irinnen und Iren unterwegs, und nur wenige internationale Gäste, die seit dem 19. Juli mit Impfpass oder PCR-Test wieder problemlos einreisen dürfen. Der Südwesten am Atlantik gilt jedenfalls als Renner im inneririschen Urlaubsgeschehen namens Staycation. Unser kleines Dorf Glengarriff ist seit Wochen eine vielbevölkerte Freizeitmeile. Das Leben spielt sich draußen ab. Das benachbarte County Kerry wird derart überbesucht, dass das Wasser vielerorts nicht mehr ausreicht. Natürlich reichen auch in Kerry zwei Wochen Tage niederschlagslose Hitze, dass die Wasserversorgung den Dienst versagt.

Auch Killarney, Kerrys Touristen-Metropole, platzt vor Urlaubern schier aus den Fugen. Allerdings fehlen die spendablen Amerikaner. Sie trauen sich noch nicht recht zurück ins Land der Leprechauns und der heiß geliebten eigenen Wurzeln. So läßt sich außerhalb der Stadt an den drei Seen von Killarney derzeit auch noch das eine und andere ruhige Plätzchen finden. Die Menschen genießen Spaziergänge unter den alten Eichen des Nationalparks und sehen meist nicht die Spuren des Großbrandes, der erst vor einigen Wochen hier im Nationalpark gewütet hatte. Da ist Gras drüber gewachsen . . .

 

Kenmare

Kenmare, County Kerry

Irish Tin-Towns. Nicht ganz so angenehm sind diese heißen Tage in der typischen irischen Kleinstadt. Beton, Asphalt und die Jahr um Jahr größer werdenden Blechlawinen in engen Straßen heizen die feuchte Hitze zusätzlich auf. Die Irish Towns leiden heute fast alle unter dem Primat des Autoverkehrs. Von Verkehrsplanung, von Verkehrswende keine Spur. Der Trend zum SUV: ungebrochen. Hier ein Foto aus Kencar, Caremare . . .  Kenmare. County Car-ry.

 

178, La Calade

La Calade in Maubec, Vaucluse, bereist und gesehen mit Google Street View

Für manche Ausflüge bin ich in den vergangenen Wochen gar nicht von meinem Schreibtisch aufgestanden. Nach vielen Monaten nähern sich meine Recherchen über John O’Donohue, den anderen irischen Mystiker der jüngsten Vergangenheit, dem Ende. Zur Klärung der letzten offenen Fragen reiste ich mit einem Freund per Street View durch das südostfranzösische Örtchen Maubec, das etwa 35 Kilometer von Avignon und 80 Kilometer von der Côte d’Azur entfernt liegt. Es gibt nun Antworten für fast alle Geheimnisse. In Maubec, dem provencalischen Dorf, starb in der Nacht vom 3. auf den 4. Januar 2008 einer der größten spirituellen Denker Irlands. Plötzlich. Unerwartet. Im Alter von nur 52 Jahren. Er starb in einem Haus in einem kleinen Gässchen, das zur Kirche des Ortes hinauf führt: 178, La Calade. Die zehnteilige Serie über das Leben von John O’Donohue wird demnächst hier auf Irlandnews fortgesetzt. Die ersten acht Teile gibt es hier zu lesen: Wer war John O’Donohue?

Fotos: Markus Bäuchle, mit Ausnahme des Screenshots von Maubec: Google Maps.