Eine irische Geschichte von Marie-Louise Lagger*

Polizei in Irland

Es ist eine dieser dunklen Winternächte. Um dem Regen und Sturm zu entkommen, verbringe ich den Abend bei Musik und Wein in einem Pub in Westport. Um zwei Uhr morgens fahre ich zusammen mit John nach Hause. Da steht doch tatsächlich ein Garda-Wagen mit Blaulicht am Strassenrand. Die Polizei wird in Irland Garda genannt. Ach du grüne Neune und nun? Ich habe mir zwei Gläschen Wein gegönnt. Die Alkohol-Grenze in Irland ist seit kurzem 0,5 Promille. Ohne Auto ist man hier aufgeschmissen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind leider sehr bescheiden. Mir wird also ein wenig mulmig zumute.

Geschichten aus dem Glen, IrlandEin junger Garda stapft mit strengem und prüfendem Blick schnurstracks zu John, der neben mir im Auto sitzt und fragt: „Wie ist Ihr Name?“ John antwortet wahrheitsgemäß. Der Garda fragt weiter: „Wo kommen Sie gerade her?“ Mein Freund antwortet: „Aus einem Pub in Westport“. Der Garda fragt: „Wo fahren Sie jetzt hin?“ John erwidert: „Nach Hause“. Der Garda fragt: „Haben Sie etwas getrunken?“ John antwortet gelassen: „Sicherlich, und das nicht wenig, aber – wieso fragen Sie mich das?“ Der Garda, ein wenig irritiert, antwortet mit der Frage: „Was meinen Sie damit: Wieso fragen Sie mich das?“ John erwähnt nun ein wenig schmunzelnd: „Ich fahre doch gar nicht“. Der Garda nun sichtlich aus dem Konzept gebracht, erwidert: “Was meinen sie damit, Sie fahren nicht?“ John lacht nun schallend und antwortet: „Weil ich eben kein Steuerrad vor mir habe. Ich glaube, Sie sollten noch einmal zurück auf die Polizeischule“.

Der junge Garda ist nun völlig perplex. Erst jetzt sieht er, dass wir in einem linksgesteuerten Auto sitzen. Ich besitze ein linksgesteuertes Auto mit einem irischen Nummernschild, und dies hat wohl unseren Garda überfordert. Er hat jedoch einen guten Sinn für Humor, und somit lachen wir alle drei los. Ich winke ihm zu und er sagt nun – ziemlich blamiert: „Fahrt weiter, aber sofort.“. Sein Kollege ruft im zu: „Was ist los?“. Der Garda antwortet: „Ach, lass mich in Ruhe und sag einfach nichts.“ Im Rückspiegel sehe ich den armen Kerl da stehen, das Gesicht mit beiden Händen bedeckt und es schüttelt ihn regelrecht vor Lachen.. Wir fahren weiter, sehr froh darüber, dass wir dem Teufel noch einmal von der Schippe gesprungen sind. Es regnet immer noch und der Sturm fegt kleine Äste und Blätter über die Straße, wir fahren lächelnd nach Hause.

Marie Louise Lagger lebt seit dem Jahr 2006 im County Mayo in der Nähe von Westport, Irland. Die Schweizerin kennt Irland seit ihrem ersten Besuch im Jahr 1980. Seitdem ging ihr die Grüne Insel nicht mehr aus dem Kopf. Heute trotzt sie der massiven Rezession in der Wahlheimat mit  Optimismus.