Irland Wandern Winter

Auf dem Gipfel von Knock Bui. Mit ein wenig Mühe zum Panoramablick

Irlands Berge im Winter – Wanderers Lust: Das Winterwandern in den irischen Höhen hat seinen ganz eigenen Reiz. Die Hügel und Hänge kleiden sich in gelb und braun, manchmal leuchten sie goldbraun: Der Boden steht in der Nässe —  tief und manchmal rutschig bis glitschig. Es quietscht, schmatzt und schlürft unter den Schuhsolen: Wasser.  Man muss jetzt besonders aufmerksam gehen. Andererseits liegt die Vegetation im Wortsinne am Boden — das Terrain zeigt sich in den Wintermonaten kurz frisiert und besonders übersichtlich. Ein leichter Frost kann die Bedingungen schnell ändern: Der Schritt federt dann kräftesparend über den harten Boden.

Knock Bui, County Cork

Knock Bui, County Cork

Das Winterwandern jedenfalls macht auf seine ganz eigene Weise Laune — und wer in Irland vom Trekking-Virus infiziert ist, zieht vor allem in den Wintermonaten in die Berge. Das ist hier Tradition, zumindest bei den wenigen Einheimischen, die gerne in die Berge gehen. Am Wochenende wanderte ich mit einer irischen Gruppe zum Knock Bui, dem höchsten Berg in County Cork. Wir hatten jede Menge Spaß, es war anstrengend, es war für manche herausfordernd und es war beglückend — wie immer dort draußen. Ich erinnerte mich unterwegs plötzlich wieder an einen Beitrag, den ich vor zwei Jahren in einem damaligen Irland-Magazin geschrieben hatte.

Edna Butler am Wasserspeicher von Durraduff

Die irische Wanderführerin Edna Butler am Wasserspeicher von Derryduff

Unglaublich aber wahr — dessen Aussage ist weiterhin gültig: Weil die Images dazu nicht existieren, weil “man” im Winter Ski Fahren in den Alpen oder Rücken Rösten im Süden geht, weil es nicht in die gängigen Denk- und Gefühls-Schablonen passt, gibt kein Kontinental-Europäer eine Woche Zeit dran, um im Dezember oder Januar in Irland wandern zu gehen. Oder doch? Ich gebe nicht auf . . .  Deshalb hier der Beitrag noch einmal:

Wie sind denn eigentlich die Winter in Irland?

Ich werde manchmal von Gästen gefragt, wie denn die Winter in Irland so sind? Was wir dann machen, wenn alle Gäste weg sind, ob es dann nicht einsam wird auf der Insel und ganz besonders in den abgelegenen Feriengebieten an der atlantischen Westküste?

Wenn die Saison vorbei ist, wenn die Gäste zurück in die Heimat reisen, wenn die Hotels und Restaurants ihre Mitarbeiter in die verdiente Erholungspause schicken und ihre Pforten für einige Wochen schließen, dann kehrt tatsächlich große Ruhe ein in ländlichen Regionen wie West Cork. Die Straßen leer, die Bürgersteige wie hoch geklappt, die Dörfer wie ausgestorben. Es ist eine fast heilige Ruhe, die wir wie viele andere Einwohner nach einem so schönen wie anstrengenden Sommer schätzen und genießen.

Dennoch frage ich unsere interessierten Gäste manchmal zurück, warum eigentlich niemand auf die Idee kommt, Irland auch im Winter einen Besuch abzustatten. Warum gilt die Insel als ein typisches Frühjahr- bis Herbstziel? Warum werden die vier Monate von November bis Februar so gut wie immer ausgeklammert?

Weil Irland ein Nordland ist? Weil das Wetter dann schlechter wäre? Die Antwort ist: Mancher November in den vergangenen paar Jahren geriet fast wonniger als der berühmte Wonnemonat Mai. Zumindest aber trockener.

Weil die Tage dann kürzer sind und sich das Licht der Sonne rarer macht? Das muss man gelten lassen und kann doch entgegnen: Der Winterhimmel in Irland hat seine ganz eigenen Qualitäten. Und die schönsten . . .

Sundown über dem irischen Atlantik. Februar 2015

Sundown über dem Atlantik. West Cork Februar 2015.

 

. . . gibt es zweifellos im Winter. 

Weil viele Hotels, Gaststätten und Sehenswürdigkeiten dann geschlossen haben? Das stimmt am ehesten. Denn auch die Tourismuswerber Irlands, die regelmäßig über die zu kurze Saison jammern, scheuen vollkommen davor zurück, Irland als attraktives Winterziel bekannt zu machen und zu bewerben.

Es ist im Ausland wenig bekannt, dass für die eingefleischten irischen Wanderer die Bergsaison erst im späten Herbst beginnt und dass sich Irlands Berge gerade im Winter einiger Beliebtheit erfreuen. „Winter Hill Walking“, das Bergwandern im Winter gehört für einheimische Naturfreunden genauso zum Jahr wie das Weihnachtsschwimmen oder der Patricks Day.  

Auch ich bin gerne im Winter in den Bergen und an der Küste Irlands unterwegs. Die wunderbare Funktionskleidung, die uns Merinoschaf und Gore-Tex heute bescheren, macht es uns leicht, bei fast jedem Wetter draußen zu sein und die Bewegung zu genießen. Ob Schnee, Eis, Regen oder einfach nur tiefer Boden und Matsch: Die richtige Kleidung und die richtigen Stiefel halten uns viele Stunden trocken, warm und behaglich, selbst wenn das Wetter wirklich anspruchsvoll sein sollte.

Im Winter sitze ich oft und lange am Schreibtisch und widme mich umfangreicher Schreibarbeit. In einem der kommenden Winter will ich mich aber mit ein paar Gleichgesinnten zusammen tun, um mit ihnen eine Woche lang alle Wetter des irischen Winters und die anschließenden Freuden eines Hot Whiskeys am knisternden Kaminfeuer auszukosten. Wer wissen will, wie der Winter in Irland wirklich ist, und wer denkt, dass Winterwandern für Wetter-Unempfindliche ein großer Spaß ist, kann gerne Kontakt aufnehmen. Ich freue mich drauf.

Unglaublich: Auf diesen Beitrag habe ich im Winter 2013 keine einzige Rückmeldung erhalten. Keine. Das ist selten. Dabei sind die Sonnenuntergänge am Atlantik und über dem Atlantik im Winter wirklich am Schönsten ;-)  und der Winter 2015/16 kommt bestimmt. . . : markus@irlandnews.com (Mein kleiner Traum ist es, mit acht wetterfesten und natur-erfahrenen Leuten eine Woche lang los zu ziehen).

PS: Wer lieber im Frühjahr und im Sommer mit uns wandern geht: Unsere erste von sieben Irland-Wanderwochen dieses Jahres findet ab dem 25. April statt, die erste Irland-Aktiv-Woche ab dem 27. Juni, und die erste Wildnis-Woche des Jahres in Irlands Bergen – darüber demnächst mehr an dieser Stelle – startet am 6. Juni. Alle Termine gibt es auf www.irland-wandern.de und www.irland-wildnis.de 

 

Die irischen Berge im Winter: braun bis gold-braun

Die irischen Berge im Winter: gelb, braun, gold-braun

 

Alle Fotos:  © Markus Bäuchle / Wanderlust 2015