Wer sich für Irland interessiert, liest neben diesem Irland-Blog meist auch die deutschsprachigen Blogs der Kollegen, die auf der Insel leben und via Web von ihrem Alltag berichten. Auch der Wanderer ist gerne auf diesen Blogs unterwegs und liest mit Interesse, wie es den anderen Irland-Residenten so geht, was sie denken und wie sie leben.

Bernd´s Irland Inside Blog

Im Lauf der vergangenen drei Jahre entwickelte sich eine rege, bunte und manchmal streitbare Szene deutschsprachiger Irland-Blogs. Ganz nach dem Motto “Konkurrenz belebt das Geschäft” schrieben knapp zwei Handvoll Blogger für ein ständig wachsendes Publikum über Irland, die Irinnen und Iren, das irische – und natürlich die beliebten Unterschiede zwischen den Iren und den Deutschen, den Wienern und den Dublinerinnen, den Schweizerinen und den Irinnen. In blühenden Blog-Landschaften gediehen herrliche Gewächse – und manches Stilblütchen.

In den letzten Wochen allerdings wirkt diese irisch-deutsche Blog-Landschaft ermattet und ausgedorrt – wie nach einem langen irischen Sommer. Lethargie breitet sich aus. Was passiert da?

Der Bernd, Majordomo aller Irland-Blogger, wirft gerade noch ein, zwei lausige Häppchen pro Woche in den Ring und widmet sich derweil anderem. Der Mann aus Cavan macht in Projekten und delektiert sich an Facebook. In seinem bislang sorgsam gehegten www.irlandinside.de (“Fast täglich seit 2004”!) wuchert nun das Unkraut. Manche freuen sich, dass der Grummler aus Nordirland endlich Ruhe gibt. Der Wanderer findet es schade. Bernd´s Beiträge können bisweilen egomanisch, oberlehrerhaft, missionarisch und unausstehlich sein – langweilig sind sie nie, kenntnisreich fast immer.

Der Harald aus Österreich ist vor zwei Jahren mit viel Elan gestartet und hat uns manche nette Geschichte aus seinem Leben in Blessington erzählt. Seit seiner umstrittenen Blog-Teilnahme an der Fußball-WM 2010 ist er allerdings nicht wieder zu alter Form aufgelaufen. Er speist seine dürstenden Leserinnen und Leser mit aufgelesenen Schnipseln und faden Musiktipps zum Wochenende ab. Der Harald spielt gerade unter Niveau.

Der Irland-Wolfi aus Kildare hat sich auf sich zurückgezogen und präsentiert seine meisterlich kurzen Überlebens-Tipps nun fast ausschließlich im englischen Idiom. Du Hesse kannsts besse.

Der einsame Bootsmann vom Killinure Point, der Sven, oder Pike. Sven lebt jetzt seit 14 Jahren, 8 Monaten, drei Wochen und einem Tag in Irland. Mitzuteilen aber hat er uns nicht mehr viel: Er erschöpft sich im Pikeblog im Wiedergeben wasserschutzpolizeilicher Nachrichten, der “Marine Notices”  – davon zumindest gibt es reichlich.

Die vier, fünf Einjahres-Fliegen, die es gerade mal einen Sommer durchhalten, die gibt es immer, auch unter den Irland-Bloggern. Sie werden nicht vermisst.  Und über ein, zwei Fäkal-Blogger müssen wir kein Wort verlieren.

Außer Konkurrenz läuft lange schon der liebe Irelandman, der fast täglich ganz akribisch Nachrichten aus Irland transkribiert. Er ist noch immer stolz darauf, dass er seine kleinen Glanzlichter auf einer ganz normalen Website publiziert und dass er alles “selber in HTML macht”. Der Nachteil: Eine HTML-Website wirkt in der schnellen Web 2.0-Welt wie eine Pferdedroschke auf der A3. Schade für den schönen Inhalt.

Die geschätzten Mit-Blogger werden nun auf den Wanderer eindreschen und ihn fragen, was er sich einbildet. Wir schreiben unsere Blogs alle in unserer Freizeit, wir verdienen damit keinen (manchmal einen) Cent, es ist das reine Hobby. Warum will uns da einer vorschreiben, wann und was wir zu schreiben haben. Will ich natürlich nicht: Diese kleine Motivations-Tour will lediglich dreierlei ausdrücken:

1. Eine Rezession im Land muss nicht zu einer Rezession der Irland-Blog-Kultur führen.
2. Irland ist ein hoch-interessantes Land, vor allem auch in der gegenwärtigen Krise. Es ist an uns, allen Irland-Interessierten ein realistisches Bild vom Leben auf der Insel zu vermitteln. Wir sollten das Feld nicht den Weichzeichnern aus den Marketingabteilungen überlassen.
3. Lasst mich nicht alleine zurück.

Doch halt! Es gibt eine große Ausnahme. Der Sinnsucher aus Dublin, der sich selber “Nobody” nennt – von dem der Wanderer weiß, dass er ein interessanter Somebody ist. Der Sinnsucher trägt derzeit die Fahne der letzten Aufrechten. In seinem Blog for Ireland berichtet der deutsche IT-Spezialist von seinem Leben und seinen Reisen in Irland. Er hat sich dauerhaft hier niedergelassen, ist mit einer Irin zusammen, geht mit offenen Augen durch die Welt und schildert seine Erlebnisse gewinnbringend für Leserinnen und Leser. Nobody´s Irland-Blog hat in den vergangenen Monaten kräftig zugelegt und ist immer lesenswert.

Nobody´s Blog for Ireland.