Damien Rice“Lange her. Wo wart ihr?” Damien Rice begrüßt das Publikum im Marquee in Cork´s Docklands freundlich-lakonisch. Acht Jahre war er weg, Irlands Großmeister der melancholischen Ballade, die erste Stimme der verwundeten Herzen. Er watete im Schlamm durch das Tiefland der eigenen Seele, er vermaß die Dimensionen des eigenen Schattens von allen Seiten, er suchte Klärung und Heilung.

Damien Rice_Cork_295Damien Rice ist zurück: kraftvoll, stark, klar, zuversichtlich und jenseits aller Weinerlichkeit. Der 42jährige ist wahrscheinlich weiter über die eigenen Grenzen hinausgegangen als die meisten seiner Landsleute, und so kennt er die Landkarte der weiten Seele, die Bedürftigkeit und die Unabhängigkeit, die Projektion und die Wirklichkeit, das Gefühl der Liebe und das Gefühl, das man und frau für Liebe halten, sehr tief und genau.

Damien Rice Cork
Wahrscheinlich stimmt es, dass der Autor so vieler berühmter Love Songs sein erstes Liebeslied wirklich erst für seine aktuelle CD My Favourite Faded Fantasy (2014) schreiben konnte:  I Don´t Want To Change You.  Und wahrscheinlich sind seine mächtigen, über zweistündigen Konzerte im Jahr 2015 für viele Irinnen und Iren jeglichen Alters eine Offenbarung. Wenn der Erlöste die Erlösung zelebriert, wenn er die quälende Schuld offenlegt, die der rigide irische Katholizismus so vielen Menschen als lebenslanges Gepäck auf Rücken und Psyche gebunden hat, wirkt er wie ein Gegen-Exorzist.

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Damien Rice streichelt mit seinen Liedern die verwundeten Seelen schuldgeplagter Mitmenschen. Weil er sich mit diesen Wunden bestens auskennt. Menschen um uns herum weinen. Der Abend hat etwas von Therapie, Therapeutikum, von mit sich ins Reine gehen. Am Ende steht Damien, der sich durch seine eigene tiefe Lebenskrise gearbeitet hat und am hiesigen Ende wieder auftauchte, auf einem Stuhl auf der Bühne. Er singt ohne Mikrofon, und es ist mucksmäuschenstill, bevor er zu einem neuen Akkord ansetzt. Ein komplexer und doch einfacher, klarer Mann mit warmem Herzen lässt die einige tausend Menschen große Zuhörerschaft im großen Zelt in Cork´s Docklands die Stille hören. Come however you are. Just come along. Come however you are. Just come.

Fotos: Markus Baeuchle (3)