Blarney Castle – wo die giftigen Pflanzen wachsen. (Photo: Peter Zoeller, www.peterzoeller-photo.com )

Brechnuss, Buchsbaum, Bilsenkraut – Grünzeug, vor dem dem Magen graut. In seiner Evolution hat Homo Sapiens an fast allen Kräutchen genascht und ist von manchem ins Bettlager, an den Brechnapf oder unter den Boden getrieben worden. Den lebensbewahrenden Erkenntnisgewinn hatten in dem Fall die Hinterbliebenen, die sich fortan von dem toxischen Kraut fernhielten. In Europa gibt es rund 50 Pflanzenfamilien, deren zahlreiche Vertreter sich durch eine Gemeinsamkeit hervortun:  Sie sind für den Menschen giftig. Wir wissen deshalb, dass wir nicht am Alpenveilchen lutschen sollten, auch nicht am Efeu, oder an der Eibe, und dass der Genuss des Fingerhuts, der Hundspetersilie oder der Tollkirsche zum Tod führen können.

Vor einigen Jahren wurde es in der Gartenwelt Mode, Abteilungen für Giftpflanzen einzurichten. Der Giftgarten ist sozusagen die Horrorabteilung der Hortikulturisten.

Blarney Castle in Irlands Süden wurde vor allem für den Stein berühmt, der die Menschen der Sage nach in Großrhetoriker und Plaudertaschen verwandelt, wenn sie ihn küssen. Der Blarney Stone lockt jährlich eine Drittelmillion Touristen auf das Schloss im County Cork. Weil der vorausschauende Schlossherr Sir John Colthurst nicht alles auf eine Karte, beziehungsweise einen Stein setzt, kümmert er sich stets um die Erweiterung des Besucherangebots. So wurde in den Gärten von Blarney vor einiger Zeit auch ein Giftgarten eröffnet – zur Freude von Pflanzenliebhabern und von schauergeschichtenverliebten Kindern.

In diesem Frühjahr ergänzte Sir John die gift-grüne Kollektion um zwei weitere Attraktionen: die Hanfpflanze (Cannabis sativa) und den Schlafmohn (Papaver somniferum). Aus der einen bezieht der rausch-begabte Mensch Haschisch und Marihuana, aus der anderen das Opium. Weil Sir John natürlich wusste, dass er in seinem Poison Garden nun potentiell mit Drogen hantierte, lud er vor einem halben Jahr eine hochrangige Delegation von Polizeibeamten aufs Schloss, um die Angelegenheit zu besprechen und zu regeln. Die fanden die Drogenpflanzen abgeschottet hinter Schloss und Riegel und sicher vor dem Zugriff von Besuchern. Zwei Monate später besuchten erneut Polizisten Blarney, um die Details des Anbaus besprechen. Dann wurden Pflanzenlisten an Behörden, Direktionen und Ministerien verschickt.

Schlossherr Colthurst sollte in der Angelegenheit während des ganzen Sommers nichts mehr hören – bis vor wenigen Tagen. Da rückten Polizeibeamte ein, ließen den mittlerweile erntereifen Hanf und den Mohn von Schlossgärtnern ausgraben und beschlagnahmten die Pflanzen. Dem Schlossherr wurde bedeutet, er stehe möglicherweise mit dem Gesetz in Konflikt, was diesen auf die höchste (wenn auch ungiftige) Palme brachte. Überall im ganzen Land stehen giftige Pflanzen herum, und keiner tut was dagegen,  zeterte der Sir, und mutmaßte: “Sollen wir hier als Sündenböcke für etwas herhalten?”

Nach geltendem irischen Recht bleibt Colthurst aber tatsächlich wenig anderes übrig als auf eine offizielle Lizenz für den Anbau der Pflanzen zu warten – und die ist schwer zu bekommen. So wird der “Stone of Blarney” wohl nicht um die Zusatzattraktion “Stoned at Blarney” erweitert werden. Blarney bleibt trotzdem eine Reise wert, schon der Gärten wegen.