News aus Irland immer aktuellIn den Boomjahren wurde in Irland jede Menge Pfusch gebaut. Das bekommen nun viele Bewohner von Neubauten schmerzhaft zu spüren. Was sich in Dublins Priory Hall an Dramen abspielt, was Westlife künftig (nicht) tut und warum der Versicherer Aviva in Irland unten durch ist, all das erfahren Sie heute wieder im schnellen Irlandnews-Überblick. Dirk Huck berichtet aus Dublin.  

 

Thema der Woche: Priory Hall und der Pfusch am Bau

Es ist der Alptraum vieler Hausbesitzer und Wohnungseigentümer: Pfusch am Bau. Im Priory Hall Apartment Complex im Stadtteil Donaghmede im Norden von Dublin mussten diese Woche 187 Apartments geräumt werden, weil an dem Komplex gravierende Bau- und Sicherheitsmängel festgestellt worden waren. Das High Court verdonnerte die zuständigen Bauunternehmer, bis Ende November zumindest das Gröbste zu beheben, ansonsten droht Gefängnis. Weil aber die Bauunternehmer scheinbar noch nicht einmal das Geld für die Unterbringung der zwangsevakuierten Bewohner in Hotels haben, mussten sie vorsorglich ihre Reisepässe aushändigen. Ein Alptraum für die Eigentümer und ihre Familien. Sie haben kein Vertrauen in die Bauunternehmer und fragen sich, ob sie überhaupt je wieder in ihre Wohnungen zurückkehren dürfen.

Was sich hier an Problemen auftut, ist nur die Spitze eines Eisbergs. Es ist offensichtlich, dass während des Bau-Booms vielfach Baubestimmungen nicht eingehalten oder sogar gelockert und Projekte ohne sorgfältige Prüfung abgesegnet wurden, nur damit schnell gebaut (und teuer verkauft) werden konnte. Bautechnische Abnahmen durch die Behörden nach Fertigstellung waren während der Boom-Jahre eher die Ausnahme als die Regel. Vielmehr durften sich Ingenieure und Bauunternehmen ihre Gutachten selbst ausstellen. Die Apartments in Priory Hall kosteten ursprünglich 250.000 Euro und mehr. Heute weigern sich die Versicherungen, diese gefährlichen Wohnungen zu versichern. Was sie noch wert sind, kann man sich vorstellen . . . (Quelle: Irish Times)

 

Präsidentschaftswahlkampf: Gallagher weiterhin Favorit vor Higgins

Michael D HigginsDer Präsidentschaftswahlkampf ging in die vorletzte Woche. Härteste Prüfung für die sieben Kandidaten war die TV-Debatte auf TG4, in der die Kandidaten nach Möglichkeit auf Gälisch debattieren sollten. Schnell zeigte sich, wer in den letzten Jahren reichlich Gelegenheit zum Üben der offiziellen Amtssprache hatte, und wer nicht. Während Michael D. Higgins als einziger der Sieben fließend auf Gälisch plauderte, gelobten die anderen, gleich nach ihrer Ernennung zum Präsidenten einen Intensivkurs in Gälisch zu belegen.

Was brachte die Woche sonst noch für die Kandidaten? Dana Rosemary Scallon hatte ein Schreckerlebnis, als an ihrem Wahlkampffahrzeug bei Tempo 100 km/h auf der Autobahn ein Reifen platzte. Sofort sah sich Dana als Ziel eines versuchten Mordanschlags. Martin McGuinness hatte erneut eine Begegnung mit seiner Vergangenheit, als die Witwe eines 1996 von der IRA getöteten Polizisten ihn bezichtigte, den Täter gekannt, aber aus Loyalität gegenüber der IRA gedeckt zu haben. McGuinness sei für sie kein würdiger Präsident, erklärte sie.

Insgesamt sieht es auch nach dieser Woche weiterhin nach einem Rennen zwischen Sean Gallagher und Michael D. Higgins aus, die in den Umfragen deutlich führen. Am kommenden Wochenende wissen wird endlich mehr. Quellen: Irish Independent, Irish Times)

Haushaltsdefizit: Irland weiterhin auf Kurs

In ihrem letzten Abschlussbericht für dieses Jahr zeigten sich die Kassenprüfer der Troika aus EU, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) diese Woche zufrieden mit Irlands Handhabung der Schuldenkrise. Doch noch sei Irland nicht aus der Gefahrenzone, heißt es. Insbesondere die hohe Verschuldung der Privathaushalte laste schwer auf der Wirtschaft. Irlands Regierung bleibt jedoch dabei, die Sparvorgaben von EU und IWF auf jeden Fall einzuhalten und im nächsten Jahr wie gefordert das Haushaltsdefizit auf 8,6 Prozent des BIP zu senken. Bislang geht man davon aus, dass hierzu Haushaltskürzungen in Höhe von 3,6 bis vier Milliarden Euro notwendig sind. Notfalls werde man aber auch darüber hinaus gehen, erklärte Finanzminister Michael Noonan. Um wie viel, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. Der Haushalt für 2012 wird Anfang Dezember vorgestellt. (Quelle: Irish Independent)

1.250 Stellen weg: Radikalkur bei Versicherer Aviva

Schock für die irischen Angestellten des Versicherers Aviva: Der Versicherungsgigant mit Hauptsitz in London gab diese Woche bekannt, mehr als die Hälfte der 1.770 Stellen in Irland abzubauen. In den Standorten Dublin, Galway und Cork fallen 950 Stellen dem Kahlschlag direkt zum Opfer, weitere 300 Stellen sollen outgesourct werden. Das Management von Aviva begründet die harte Maßnahme mit schlecht gehenden Geschäften und zu hohen Personalkosten in Irland. Schwer nachvollziehbar ist allerdings, warum die Radikalkur erst jetzt, lange in der Rezession erfolgt und warum das Management nicht schon vor ein oder zwei Jahren entsprechende Maßnahmen zur Kostenreduzierung einleitete. Zudem lässt es sich Aviva jedes Jahr vier Millionen Euro kosten, offizieller Namensgeber des neuen Rugby- und Fußballstadions in der Lansdowne Road in Dublin zu sein. Mit Recht fühlt sich die Belegschaft unfair behandelt und plant Streikaktionen. (Quelle: Irish Independent)

Abschied: Die Boys von Westlife sagen Adieu

Millionen weibliche Fans trauern: Westlife, die irische Vorzeige-Boyband, gab diese Woche ihren Abschied von der Musikszene bekannt. Nach vierzehn Jahren (die Band formierte sich im Sommer 1998), vierzehn Nummer-Eins-Hits und 44 Millionen verkaufter Alben soll nun Schluss sein. Künftig wollen die vier Musiker, die sich im Scheinwerferlicht von schüchternen Jünglingen zu gefeierten Pop-Stars entwickelten, getrennte Wege gehen. Nächstes Jahr gibt es noch eine Abschiedstournee, dann ist Schluss. Wirklich? Ist es nur Zufall, dass die Ankündigung so kurz vor dem Weihnachtsgeschäft erfolgt, das noch eine “Greatest Hits”-CD und eine neue Single von Westlife sehen wird? Es sollte nicht überraschen, wenn die Band irgendwann ihr Comeback bekannt gibt, vielleicht im Jahr 2018 zum zwanzigsten Jubiläum. Wie sagte doch Manager Louis Walsh: “The end doesn’t really mean the end.” (Quelle: Irish Independent)

Priester-Nachwuchs: Katholische Kirche setzt auf den Apfel

Wer seine Bibel gelesen hat, weiß, dass Mann sich vor dargebotenen Äpfeln hüten sollte. Ist deshalb auch besondere Vorsicht gegenüber diesem modernen Apple angebracht? Father Paddy Rushe hat eine “App” für iPhones und iPads kreiert, die jungen Männern, die sich für ein Leben als Geistlicher interessieren, Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung bietet. Das kleine Programm mit dem passenden Namen “Vocations” (dt. “Berufung”) bietet nicht nur Gebete und die Kontaktdaten der 26 katholischen Diözesen in Irland. Anwender erhalten auch Antworten auf die häufigsten Fragen (FAQs) zum Weg ins Priestertum und können sich sogar einem kleinen Eignungstest unterziehen. Father Rushe, der sich selbst als Technik-Liebhaber bezeichnet, findet, dass die Kirche mit der Zeit gehen muss und die neuen Medien nutzen sollte, um den Nachwuchs zu erreichen. Die “Vocations-App” wurde diese Woche auf der Bischofs-Konferenz in Naas, Co. Kildare, präsentiert, der Download von Apples App Store ist kostenlos. (Quelle: Irish Times)

Und was bringt die kommende Woche?

Die Zeit des Festivals ist noch nicht vorbei. Vom 28. bis zum 31. Oktober “swingt” es in Cork City. Cork ist wieder Gastgeber des berühmten Jazz-Festivals. Zahlreiche international bekannte Jazz-Musiker und Gruppen sind angekündigt, darunter Randy Becker, Greg Osby und der Harlem Gospel Choir. Mehr Infos unter www.guinnessjazzfestival.com. Am 27. Oktober geht es in Irland an die Wahlurnen. Nicht nur wird der nächste Präsident Irlands gewählt. Es steht auch ein Referendum über zwei Verfassungsänderungen an: Zum einen soll das Gehalt von Richtern nach unten korrigiert werden dürfen. Zum anderen sollen Regierung und Senat die Befugnis erhalten, in Angelegenheiten von “allgemeiner öffentlicher Bedeutung” Ermittlungen durchführen zu dürfen.

Der Autor: Dirk Huck berichtet aus Dublin.

 

Wir wünschen allen Lesern und Irland-Fans eine schöne Woche.

Mehr von Dirk Huck: www.blog-for-ireland.blogspot.com