Zehn Jahre Irlandnews. Am 13. November 2008, einem Donnerstag im irischen Herbst, erschien mein erster Beitrag auf Irlandnews. Wir hatten das Bloggen entdeckt – und nach acht Jahren Durststrecke erwachte gerade meine neue Lust am Schreiben. Die ersten Gehversuche mit dem neuen Irland-Blog machte ich auf der Google-Plattform “Blogger.com”.  Irlandnews ging als Irland. Berichte von der Insel an den Start, das Vertrauen in das Internet und Google war noch ungebrochen und das Publizieren auf Blogger bequem und einfach.  So entstanden meine ersten 1000 Beiträge aus und über Irland.  Der allererste Blog-Artikel beschrieb übrigens meine Erfahrungen in irischen Krankenhäusern und hatte die Überschrift Ein Ausflug in die Dritte Welt Irlands (Foto unten) – Irlandnews hat sich seitdem  stärker verändert als die anhaltend suboptimale Versorgungslage in Irlands Krankenhäusern.

 

Bloggen, das fühlte sich im Jahr 2008 an wie die Einlösung des großen Versprechens Internet: Jetzt konnte jeder ohne großen Aufwand und ohne Millionen-Kapital sein eigenes Medium betreiben und eigene Beiträge veröffentlichen, so sich denn eine Öffentlichkeit, oder zumindest eine Gemeinde fand, die das Veröffentlichte auch lesen wollte.

In zehn Jahren haben wir seitdem auf Irlandnews 2.647 Beiträge veröffentlicht, der Blog hat sich zu einem kleinen Web-Magazin entwickelt. Seit dem März 2011 hat Irlandnews ein eigenes Zuhause unter der Adresse www.irlandnews.com und wird auf WordPress publiziert. Im Lauf der Jahre haben sich einige Mitstreiter dazu gesellt, die eigene Beiträge für Irlandnews schreiben und fotografieren – und die maßgeblich geholfen haben, Irlandnews zu einem beliebten Web-Magazin für Irland-Fans und Irland-Interessierte zu machen. An dieser Stelle mein herzlicher Dank an alle aktuellen und ehemaligen Mit-Schreiber und Mit-FotografInnen für die vielen schönen Beiträge der vergangenen Jahre.

 

Der Blog über Wandern in Irland (klick)

Vor zehn Jahren habe ich Irlandnews als monothematischen Blog begonnen. Alles drehte sich um das Thema Irland. Heute gibt es neben dem weiterhin dominanten Thema Leben und Reisen in Irland zwei weitere Kristallisationspunkte meiner Interessen: Die Natur & wir beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Mensch und Natur und versucht Wege zu skizzieren, was wir tun müssen, um unsere Heimat Erde und die Menschheit vor Zusammenbruch und Zerstörung zu bewahren. Im Wander-Blog schließlich geht es um das Thema Wandern und damit um das, was wir als Wander-Veranstalter Wanderlust hier in unserer Wahlheimat Irland tun – und wie wir es tun: möglichst behutsam, möglichst ökologisch schonend, möglichst achtsam.

 

Themenschwerpunkt Die Natur & wir (klick)

In den kommenden Monaten haben wir auf Irlandnews einiges Neues vor, und wir freuen uns, dass das Interesse an unseren Beiträgen ungebrochen groß ist – trotz Facebook und Co, die das Internet monopolisieren und zerstören. In diesem Sinne: Auf die kommenden zehn Jahre. Im Übrigen wollen wir nicht viel Trubel machen um eine Dekade Irlandnews – und statt dessen einfach unseren wichtigen Wunsch bekräftigen:

Irlandnews wäre gerne unabhängig von Facebook und Google! 

Im April dieses Jahres habe ich diesen Wunsch schon einmal geäußert und begründet. Ich möchte diesen Beitrag heute noch einmal veröffentlichen und alle LeserInnen und Leser bitten, über dieses Thema nachzudenken und selber zu handeln. Denn die Verheißungen des Internets auf mehr Freiheit und weniger Ungleichheit haben sich im vergangenen Jahrzehnt in ihr Gegenteil verkehrt. Hier der Beitrag:

 

Im November werden es zehn Jahre sein, seit ich (damals auf Googles Blogger-Plattform) den ersten Blog-Beitrag über Irland schrieb und damit dieses Webmagazin Irlandnews startete. Seitdem haben wir im Team über 2.500 eigene Beiträge über Irland und Irlands Natur veröffentlicht.

In diesen zehn Jahren hat sich unsere Wahlheimat Irland stark verändert – doch noch mehr verändert hat sich die digitale Landschaft, in der auch Irlandnews.com heranwuchs. Das Internet ist genau genommen nicht wieder zu erkennen. Noch vor zehn Jahren gab es genügend Gründe, mit dem World Wide Web (sagt man das noch?) die Hoffnung auf mehr Demokratie, Wissen und Freiheit weltweit zu verbinden.

Mittlerweile mussten wir erkennen, dass die brutale Kommerzialisierung des Webs durch einige wenige Internet-Konzerne diese Hoffnung in die Gewissheit verkehrt hat, dass diese Online-Großmächte, an vorderster Stelle Facebook und Google, unsere Demokratien bedrohen, unsere Freiheit zerstören, den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge verwischen und die totale Überwachung der Menschen weit vorangetrieben haben.

Es ist mittlerweile falsch, von einem Überwachungsstaat zu sprechen, denn es sind – in der westlichen Welt zumindest – überwiegend Wirtschaftsunternehmen, die uns ausspähen, die uns im Internet fast lückenlos überwachen, die uns über die Ortungsfunktionen der Smartphones längst auch im realen Leben bis in die Geschäfte hinein verfolgen und die uns auf eine Existenz des totalüberwachten Konsumenten reduzieren wollen. Wir werden bedroht von der globalen Überwachungswirtschaft. Und es ist einfach nur peinlich, wenn Menschen heute noch niedlich behaupten, sie hätten doch gar nichts zu verbergen . . .

Facebook und Google bieten uns Nutzern vermeintlich kostenlose Dienste an, die nützlich, praktisch, unterhaltsam, oft hilfreich und sehr bequem sind. Klar war immer, dass wir Nutzer einen hohen Preis zahlen würden: den Verlust der Privatsphäre (und nebenbei: den Verlust unseres Lebensstils und unserer Aufmerksamkeits-Spanne). Vollkommen klar wird jetzt, dass wir dieser Freiheitsberaubung aus privaten, gesellschaftlichen, aus sozialen und politischen Gründen ein Ende bereiten müssen. Der Facebook-Skandal um 87 Millionen gestohlene Nutzer-Profile und die Manipulation von demokratischen Wahlen und Volksabstimmungen könnte der Wendepunkt sein.

Irlandnews und Facebook: Vor zehn Jahren noch machten sich die Leserinnen und Leser von Irlandnews und all der anderen Websites, Blogs und Plattformen durch Eingabe der Internetadresse (www.irlandnews.com) auf den direkten Datenweg zur Website. Wir alle lasen direkt an der Quelle. Schon damals allerdings vermochten viele Internet-Surfer nicht zu unterscheiden: Sie verwechselten die voreingestellte Google-Startseite mit dem Internet, gaben die Adresse wie Suchwörter in die Google-Suchmaske ein und kamen über den Google-Umweg auf die gesuchten Websites.

Seitdem ist neben Google ein mächtiger Konkurrent im Kampf um den milliarden-schweren Online-Werbemarkt herangewachsen. Facebook hat sich als allgegenwärtiges Krebsgeschwür in die einst offene Internetstruktur gefressen. Wie ein schwarzes Loch verschlingt Facebook – im Gleichschritt mit Google – Galaxien von unabhängigen Websites, verleibt sich sie und deren Inhalte ein, degradiert sie zu abhängigen Trabanten; und viele Menschen  verwechseln längst Facebook mit dem Internet selbst: Sie machen sich nicht mehr die Mühe, einzelne Websites von Zeitungen oder Blogs von unabhängigen Autoren zu besuchen, sondern konsumieren vom Web einzig, was Facebook für sie an Häppchen aus dem Internet aussucht. Viele kleine und mittlere Unternehmen sind derweil völlig abhängig von den Algorithmen der Internet-Türsteher Google und Facebook und zahlen kräftig und stets kräftiger, um online sichtbar zu bleiben.

Wir wissen nun auch aus den berufenen Mündern von reuigen Online-Pionieren der ersten Stunde, was wir längst am eigenen Leib erfahren hatten: Facebook wurde (wie andere Social Media und zahlreiche Computerspiele) bewusst so entwickelt, um Menschen abhängig zu machen, sie durch geschickte unterschwellige Impulse und Appelle ans Unbewusste genau dort zu packen, wo wir uns nicht von anderen Säugern unterscheiden. Wir allen lieben die Belohnung, selbst dann, wenn sie nur aus einem Whatsapp-Signalton und einer inhaltsleeren Message von Schatzi, also im Grunde aus Nichts besteht.

Den Alltag radikal verändert. Facebook, Messenger, Whatsapp, Pinterest, Instagram, Snapchat und wie sie alle heißen, haben unseren Alltag und wie wir leben in nur zehn Jahren bis zur Unkenntlichkeit verändert. Der durchschnittliche Deutsche schaut heute pro Tag 88 mal auf sein Smartphone und verbringt täglich Stunden online. Eine kleine Gruppe findiger Weltveränderer aus dem Silicon Valley hat den technischen Fortschritt (in diesem Fall Moores Gesetz) für sich optimal genutzt und dem Rest der Welt einen Lebensstil verordnet, der sich optimal ausbeuten lässt. Die Clique der Web-Milliardäre, die neue Geld-Elite von der US-Westküste, hatte leichtes Spiel, denn wir alle machten freiwillig mit. Weil es so leicht ist, bei Amazon zu kaufen, so praktisch, bei Google zu finden, so verbindend, bei Facebook zu chatten.

Doch nun sind viele Leben vom unaufhörlichen Strom der digitalen Impulse, der Informationen und der Lügen, der Versprechen, der leeren Belohnungen, der Abermillionen Bilder und des niemals endenden Online-Entertainments richtiggehend geschreddert, umgepflügt und auf den Kopf gestellt – manche sagen; deformiert und beschädigt.

Als Menschen sind wir die findigsten und anpassungsfähigsten Lebewesen der Erde. Wir werden lernen, uns in den immateriellen Onlinewelten zu behaupten und diese angemessen in unser Leben zu integrieren. Unsere Generation hat die Aufgabe, sich aus der unglückseligen Rolle der Versuchskaninchen zu befreien und sich von der verführerischen Technik, die uns allzu nah auf den Leib und die Seele gerückt ist, zu emanzipieren. Diese Generation muss sich zu aller erst die höchst bedrohte Privatsphäre zurück erkämpfen, und sie muss lernen anstatt immer “JA” endlich erst einmal “NEIN” zu sagen. Nein zu allen Impulsen, die verführen, die überflüssig sind, die uns vom Leben ablenken. Warum eigentlich muss ich 88 mal am Tag auf das Smartphone starren, nur weil ein verheißungsvoller Ton oder ein Brummen in der Hosentasche mir leere Belohnungen verspricht? Das sind 88 Unterbrechungen meines wirklichen Lebens – und in der Regel mindestens 80 zu viele.

NEIN statt JA: Grundsätzlich erst einmal “NEIN” zu sagen zu den vielfältigen im Sekundentakt einströmenden Impulsen der sozialen Netzwerke und der Messenger-Dienste, das schafft Raum für die wahren menschlichen Stärken, zum Beispiel Raum zum Nachdenken: Muss ich das jetzt wirklich tun? Wie oft will ich es tatsächlich? Muss das jetzt sein? Die kleine Denkpause zwischen Impuls und Reaktion erweist sich als hilfreich: Die meisten Impulse können nun ohne Konsequenz verpuffen.

Das bewusste Auswählen üben: Ich habe mir vorgenommen, dieses Neinsagen zu üben und (auch) im Internet sehr viel selektiver JA zu sagen und auszuwählen. Das bedeutet ein (erst mal nur privates) NEIN zu Facebook. Stattdessen werde ich die Websites, die ich mag und benötige, immer direkt ansteuern. Ich lese den SPIEGEL oder die Irish Times direkt  an der Quelle (www.spiegel.de und www.irishtimes.com) und nicht auf Facebook – und ich wünsche mir, dass mein “Online-Baby”  www.irlandnews.com, das nun nach fast zehn Jahren ziemlich erwachsen ist, künftig auch wieder mehr direkte Besucher begrüßen darf, die nicht via Facebook vorbeischauen.

Ich wünsche mir Website-Besucher, die die URL www.irlandnews.com aktiv und direkt in die Adress-Zeile ihres Internet-Browsers eingeben, weil sie bewusst einen oder mehrere Beiträge auf Irlandnews lesen wollen – und ich werde mit den Menschen, die mir etwas bedeuten, sprechen, telefonieren, sie treffen.

All dies Träumerei? Vielleicht. Doch die traurige Alternative will ich mir nicht noch genauer vorstellen.

 

ed040418