Im Jahr 1979 reiste ich erstmals an den westlichen Rand Europas und entdeckte für mich im Atlantik in der Bucht von Galway eine aus der Zeit gefallene Region Irlands. Die Aran Islands. Inis Oirr (Inisheer), die östlichste und kleinste der drei Inseln vor der Küste Clares und Galways, hatte drei Jahre zuvor erst Strom bekommen. Das Fernsehgerät hatte in Ruairi O´Connor´s Pub noch nicht Einzug gehalten. Die Menschen führten ein bescheidenes, abgeschiedenes und karges Leben, betrieben etwas Landwirtschaft, nahmen im Sommer Irisch-Schüler auf und wurden ansonsten vom Staat unterstützt.
Inisheer hat am Bau-Boom der Celtic-Tiger-Jahre besonders gut partizipiert, die Zahl der Häuser auf der Insel hat sich in drei Jahrzehnten etwa verdoppelt, auf dann 160. Das berichtet der Briefträger der Insel, und er muss es wissen, er fährt sie tagtäglich mit seinem Fahrrad ab. Nicht alle Häuser sind ständig bewohnt, viele werden nur im Sommer benutzt, wenn die Schönwetter-Residenten aus den USA und die vielen Urlaubsgäste auf die Insel kommen.
Reisten vor 30 Jahren an guten Tagen 30 Gäste nach Inis Oirr, so zieht das Image von der letzten authentischen Oase und von den in Einklang mit den Naturgewalten lebenden Einwohnern an einem wolkenfreien Sommertag längst bis zu 1200 Tagesgäste auf die Insel. Die Fährkapazitäten wurden massiv ausgebaut, die Insel wird unter anderem mit 200-Personen-Fähren angefahren. Dazu kommen tatsächlich auch Flugverbindungen mit kleinen Propeller-Maschinen.
Der ökonomische Input ist zweifellos gewaltig: In der Saison erhält jeder Insulaner statistisch die Tagesausgaben von einer Handvoll Touristen: Die Gäste kommen morgens mit der Fähre und verlassen die Insel am Nachmittag – in den vielen Stunden dazwischen mieten sie Fahrräder, kaufen ein, gehen essen und trinken – und lassen sich über die Insel kutschieren. Der Job des Kutschers ist zum Wohlstandsmodell schlechthin avanciert auf Inis Oirr.
Stiofain Seóighe ist einer von Ihnen: Stephen hat vor Jahren umgesattelt und spannt die Pferde seitdem vor Touristenkutschen. Wenn die Fähren ankommen, sieht es am Hafen von Insisheer mittlerweile aus wie im Killarney National Park: Über ein Dutzend Unternehmen mit noch mehr Gefährten betreiben das Transportgeschäft auf der nur 2,5 mal 2,5 Kilometer großen Insel – und leben davon offensichtlich nicht schlecht. Die Inselkutscher freuen sich besonders auf die Leute, die Fahrrad-Verleiher Michael mit einem Blick abhakt: „The big Americans“. Gewichtige Amerikaner lieben es, mit einem PS über die legendäre Insel zu rollen, ohne sich anstrengen zu müssen.
Durch den Tourismus konnte sich die Insel aus der Isolation befreien, und die Gäste haben für einen gewissen Wohlstand gesorgt. Der Tourismus hält die Insel am Leben und die Bevölkerungszahl konstant. Derselbe Tourismus sorgte dafür, dass die Atlantik-Insel Inis Oirr weitgehend verloren hat, was ihren legendären Ruf einst begründete: die Abgeschiedenheit, Eigenheit, Authentizität, Unberührtheit und die Bescheidenheit der Menschen. Was bleibt ist Schönheit.
Alle Fotos: Markus Bäuchle / Wanderlust . ed 03112009
Hi Regina, ich bevorzuge auch die Anfahrt mit den kleinen Booten und die Abfahrt ab Doolin. Die großen Fähren mit mittlerweile bis zu 290 Plätzen gibt es aber schon. Schau mal hier, das sind die großen Fähren ab Rossaveal:
http://www.aranislandferries.com/fleet.php
Die sind ja ziemlich groß! Als ich auf die Insel gefahren bin(von Doolin aus), waren die nicht unterwegs. Wahrscheinlich, weil es so stürmisch war. Deshalb habe ich wohl nur die kleinen Boote gesehen.
Selbst wenn man mit einer der Fähren kommt, die allerdings ziemlich klein sind und eher an Fischerboote erinnern, jedenfalls die, die von Doolin aus fahren(ich bin ganz schön nass geworden), kann von Massentourismus nicht die Rede sein. Die Besucher verteilen sich sehr schnell. Ich bin auf meiner Wanderung über die Insel keiner Menschen Seele begegnet – der Pub war allerdings ziemlich voll. Die Einheimischen sind supernett und die ganze Athmosphäre – wie aus einer anderen Zeit, kleine von Steinwällen umgebene Felder mit 1-2 Kühne oder ein paar Schafen. Zum Schluss konnte man noch einer Frau zusehen, die mit einem Delphin im Hafen herumschwamm. Das Wasser – glassklar und einen kleine weißen Sandstrand gibt es auch.