Mord am hellichten Tag: Seit zwei Tagen ist das Virus nur noch ein Randthema in Irland. Der Mord an einer jungen Frau schockiert und beschäftigt das gesamte Land: Am Mittwochnachmittag gegen 16 Uhr tötete ein bislang Unbekannter die 23jährige Ashling Murphy in Tulllamore, County Offaly. Die 23jährige Frau wurde beim Joggen auf einem beliebten Spazierweg am Ufer des Grand Canal attackiert und starb noch am Tatort. Bereits eine Stunde nach der Tat hatte die Garda einen 40 Jahre alten Mann festgenommen. Nach 20 Stunden Verhör wurde er entlastet und freigelassen. Die Polizei hat mittlerweile einen neuen Tatverdächtigen identifiziert, und fragt in der Bevölkerung nach dem Eigentümer eines Mountainbikes der Marke Falcon Storm. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich Opfer und Täter nicht kannten.
Die irischen Zeitungen, das Fernsehen und die sozialen Medien haben auch heute nur ein Thema: Der Mord an Ashling Murphy. Das Schicksal der als Musikerin bekannten und als Lehrerin beliebten jungen Frau bewegt die Nation wie kaum ein anderes Verbrechen der letzten Jahrzehnte. Dass eine unschuldige Frau am hellichten Tag auf einem beliebten Spazierweg von einem Fremden umgebracht wird – das schockiert die Menschen.
Mit Ashling Murphy müssen sich allzu viele Frauen in Irland identifizieren, die sich alleine außerhalb der schützenden vier Wände nie wirklich sicher fühlen. Die Diskussion um Männergewalt gegen Frauen und um Femizide wurde deshalb am Mittwoch auf brutale Weise neu entfacht.
Josepha Madigan, eine Ministerin in der irischen Regierung, sagte: „Eine junge Frau kann nicht einmal mitten am Tag um vier Uhr an einem Kanal entlang laufen, sie wird überfallen und ermordet . . . Wir müssen uns dringend damit auseinandersetzen, warum wir in einem Land leben, in dem so etwas passieren kann.“ So mischt sich in das Entsetzen und die Trauer auch viel Wut. Sexuelle, physische und häusliche Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen sind und bleiben in Irland ein großes Problem und ein großes Thema, das teilweise noch immer tabuisiert wird.
Heute wurden in vielen Städten und Dörfern Irlands, ja selbst in den irischen Gemeinden in den USA und in Australien, Mahnwachen und Gedenkfeiern für Ashling Murphy abgehalten. Der Präsident und der Ministerpräsident kondolierten der Familie und reihten sich ein. Zehntausende trauerten öffentlich. Dieses Verbrechen hat nationale Tragweite.
Das Gewaltverbrechen erinnert auch an das traurige Schicksal einer anderen jungen Frau aus Tullamore: Fiona Pender verschwand vor 25 Jahren im August 1996. Die damals 25jährige Frau war schwanger. Sie wurde bis heute nicht gefunden. Der Weg, auf dem Ashling Murphy am Mittwoch ermordet wurde, trägt den Namen Fiona’s Way, in Erinnerung an Fiona Pender.
«Wir wollen ein Ende der männlichen Gewalt gegen Frauen»
Die Humanität einer Gesellschaft zeigt sich vor allem in ihrem Umgang mit denen, die Schutz benötigen und deren Sicherheit gewährleistet werden muss. Hierzu zählen nicht nur Kinder, sondern auch die Frauen, also die Hälfte der Gesellschaft!
Der Mord an Ashling Murphy hat auch unsere Nachrichten erreicht und Entsetzen und Trauer ausgelöst. Femizide sind in Deutschland kaum noch eine Schlagzeile wert: sie werden oft als „Beziehungstaten“ bagatellisiert.
Ein solch grausamer Mord in Irland aber, der erschüttert und macht Angst.
Dabei ist Gewalt gegen Mädchen und Frauen trauriger Teil der irischen Geschichte. Vielfach in der Literatur beschrieben und festgehalten, bis heute nicht politisch und gesellschaftlich ausreichend aufgearbeitet.
Im November 2015 unterzeichnete Irland das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte äußerte sich besorgt über den Umgang der Regierung mit dem Problem der häuslichen Gewalt. Er bemängelte, dass die Vorwürfe über die Misshandlung von Frauen und Kindern in den Heimen für ledige Mütter (Magdalene Laundries), die von den 1920er bis 1990er Jahren von der katholischen Kirche betrieben worden waren, nicht unverzüglich, gründlich und unabhängig untersucht wurden und die überlebenden Opfer keine angemessene Entschädigung erhielten.
Die Direktorin des irischen National Women’s Council, Orla O’Connor, sagte gegenüber «BBC News», es gebe landesweite Entrüstung, Trauer und Schock über diesen entsetzlichen Mord. Mit den Mahnwachen wolle man der jungen Lehrerin gedenken sowie ihre Familie unterstützten. Und: «Wir wollen ein Ende der männlichen Gewalt gegen Frauen», sagte sie
„Es gibt eine Epidemie der Gewalt gegen Frauen. Das ist schon seit Jahrtausenden so“, sagte Vizeregierungschef Leo Varadkar. „Wir als Männer haben eine besondere Verantwortung, um Faktoren für Gewaltausbrüche gegen Frauen zu verstehen und um unsere Jungs und Teenager zu lehren, was richtig und falsch ist.“
Was wird geschehen? Der Mörder wird gefunden und verurteilt werden.
Und die Politik? Wir brauchen in unseren Regierungen keine Sonntagsreden, wenn es um die Sicherheit von Frauen, Mädchen, Kindern und schützenswerten Minderheiten geht. Wir brauchen starke Gesetze, klare Regeln des Zusammenlebens – und vor allem brauchen wir wieder Empathie! Sie ist den modernen Gesellschaften weitgehend abhanden gekommen! Irland braucht, wie auch Deutschland, eine neue starke Frauenbewegung!
Irland trauert und zeigt der Welt das Gesicht, das Irland für die meisten Menschen in der Welt ausmacht.
Präsident Michael D. Higgins ruft die Bevölkerung dazu auf, eine „freundlichere, mitfühlendere und empathischere Gesellschaft“ zu bauen.
Traurig und aufgewühlt
Gabriele
Eine schreckliche Tat, mein Mitgefühl gilt den Angehörigen des Opfers Ashling Murphy.
Betroffen macht mich auch, dass erst solch eine medienwirksame Tat geschehen musste um den Blick auch auf das Leid von Frauen zu lenken die nicht nur in Irland, sondern weltweit brutal missbraucht, zusammengeschlagen und getötet werden.
Femizid ist auch in Deutschland immer noch an der Tagesordnung, jeden dritten Tag stirbt hier eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners.
Meine Hoffnung liegt in stärkster, gesellschaftlicher Ächtung solcher Taten und im Umdenken bei möglichst vielen Männern, jedenfalls bei denen die diesbezüglich noch dazu fähig sind.
Und in einer Respekt gegenüber Frauen und weitere, gute Werte vermittelnden Erziehung bei Jungen, den späteren Männern unserer Gesellschaft.
Don’t protect your daughter – Educate your son!