Fridays for Future

Schüler streiken für mehr Klimaschutz: Die Fridays-for-Future-Bewegung gewinnt an Stärke. Foto: Mike Schmidt/Greenpeace

 

Es gibt Hoffnung. Kinder und Jugendliche gehen in zahlreichen Städten weltweit an Freitagen nicht in die Schule, sondern streiken für mehr und besseren Klimaschutz. Die Fridays-for-Future-Bewegung, die von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg im Sommer 2018 im Alleingang begonnen wurde, wird Woche um Woche stärker. Kinder und Teenager fordern ihre Regierungen auf, endlich mehr für den Klimaschutz zu tun und den Schutz der Lebensgrundlagen für künftige Generationen auf der Erde endlich ernst zu nehmen. Auch in Deutschland und Irland wächst die Zahl der protestierenden jungen Menschen.

„Ich mache meine Hausaufgaben, wenn du Deine machst“, schleudern die jungen Umwelt-Aktivisten ihren Kritikern und Gegnern entgegen, die die Bewegung mit Schulrecht, Diskreditierungen und einer Menge Gleichgültigkeit bekämpfen. Tatsache ist: Trotz des weltweiten Tagens, Verhandelns, des Verkündens und Beschwörens: Die globalen CO2-Emissionen steigen weiter kontinuierlich an. Kaum ein Land auf der Erde erreicht die gesteckten Zwischenziele für die Einhaltung der Zwei-Grad-Erwärmungs-Grenze. Die Politik und ihre Institutionen versagen.

Deshalb wird es auf die Menschen ankommen, das Weltklima und den Lebensrasum Erde zu retten. Sie müssen die Politik zum Jagen tragen. Der Umweltaktivist und Autor George Monbiot schreibt im Guardian über die Schulstreik-Bewegung:

„Diese Bewegung gibt mir mehr Hoffnung als ich sie je in 30 Jahren Umweltaktivismus gehabt habe. Noch vergangene Woche dachte ich, es sei alles aus. Angesichts der Gleichgültigkeit und Feindseligkeit der Regierenden und der Passivität der Meisten meiner Generation, dachte ich, dass die Klimakatastrophe und der ökologische Zusammenbruch unausweichlich wären. Jetzt denke ich, zum ersten Mal seit Jahren, dass wir die Wende noch schaffen können” (Guardian, 15. Februar 2019).

 

Ja, es macht Mut, dass eine vermeintlich apathische junge Generation den Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe aufgenommen hat. Und gleichzeitig ist es für uns Ältere in zweifacher Weise beschämend:

1. Wir Erwachsenen müssen uns eingestehen, dass wir nicht in der Lage waren, erwachsen zu handeln. Guardian-Kolumnist Jonathan Friedland brachte unser Scheitern auf die Formel: „Jetzt sind die Kinder die Erwachsenen und die Erwachsenen Kinder.“

2. Wir müssen uns vorwerfen lassen, dass wir Erwachsenen unsere Kinder und Enkel schutzlos einer bedrohlichen lebensgefährlichen Zukunft aussetzen, und dass wir die Ursachen der kommenden Krisen selber geschaffen haben mit unserem historisch einmaligen Generationen-Egoismus.

Wir über-satten Durchschnittsbürger in Mittel- und West-Europa leben heute etwa 500 Prozent über unsere Verhältnisse. Wir verursachen durchschnittlich pro Mensch fünf mal mehr CO2 als notwenig wäre, um nur die in Paris vereinbarten Weltklima-Schutzziele zu erreichen. Der individuelle ökologische Fußabdruck in der EU liegt bei über 10 Tonnen pro Jahr. Zwei Tonnen, manche sagen eine Tonne, angesichts der schnell steigenden Weltbevölkerung, würde jedem von uns zustehen, wenn wir verantwortlich handeln würden.

 

Ohne die großen politischen Grundsatzentscheidungen wird das nicht gelingen. Doch Protestieren und Fordern alleine wird auch nicht reichen. Wir alle können in unserem eigenen Leben Verantwortung übernehmen und damit beginnen, so zu leben, dass der Lebensraum Erde wirklich eine Chance hat zu heilen. Wir alle sind gut informiert und wir wissen, was wir tun können:

Wir können endlich damit aufhören, Ausreden zu benutzen: Die Chinesen, die Inder, die Industrie, die Wirtschaft, der Nachbar, die Regierung . . .

Wir können aufhören, unser Gewissen mit Symbol-Handlungen wie Mülltrennung oder den Verzicht auf Strohhalme und Wattestäbchen zu beruhigen.

Wir können anfangen, unseren eigenen ökologischen Fußabdruck durch eigene Entscheidungen zu verkleinern. Der Weg heißt Reduktion, das Mittel Mäßigung. Der Slogan dazu: Weniger ist mehr. Wir alle haben die Wahl.

Wir können die Zahl unserer Flugreisen begrenzen. Sie im Vergleich zu den letzten fünf Jahren einfach zu halbieren, wäre ein Anfang.

Wir können verantwortungsvoller einkaufen, kochen und essen: vegetarisch, vegan, weniger Fleisch, Bio-Qualität, lokal, regional und weniger.

Wir können Bus und Bahn benutzen, ein kleineres Auto fahren, eines teilen, das Auto bei Fahrten mit Mitfahrern auslasten, die Zahl der gefahrenen Kilometer im Jahr mutig reduzieren.

Wir können unsere Wohungen entrümpeln und unseren Wohnraum- und Wohlfühl-Bedarf überprüfen. Benötigen wir wirklich so viel Wohnfläche pro Mensch? Benötigen wir 23 Grad Raumtemperatur, und dies in allen Räumen?

Wir können wieder anfangen, Dinge zu reparieren, statt sie einfach neu zu kaufen. Wir könne Dinge gemeinsam nutzen mit Freunden und Nachbarn – auch ohne profitgetriebenen Online-Plattformen ihren Anteil abzugeben.

Wir können deutlich weniger kaufen. Denn das Geld, das wir nicht ausgeben, das müssen wir auch nicht verdienen. Jeder Kauf ist mit Umweltbelastung verbunden. Jeder Kauf eines Produkts bedeutet, die CO2-Bilanz dieses Produktes zu verantworten.

 

Schülerstreiks Irland

Fridays for Future: Eine neue weltweite Kinder-und Jugendbewegung entsteht. Foto: Gordon Welters / Greenpeace

 

Weil jegliche Verhaltensänderung nicht ganz leicht ist, können wir einfach mit dem Experimentieren beginnen. Wir können unser jeweils eigenes Projekt starten, das eigene Experiment wagen. Statt plötzlich Veganer oder Vegetarierin zu werden, könnte das Experiment, einen Monat lang vegetarisch zu essen und sich auszuprobieren, wirklich Spaß machen.

Wenn wir alle weniger konsumieren, weniger produzieren, weniger arbeiten und weniger Natur und Lebensgrundlagen zerstören, dann benötigen wir auch eine andere Wirtschaftsform. Der Fetisch der weltweitenen Politik ist noch immer das Wachstum, heute nur noch erzielbar durch weitere Globalisierung und noch grenzenloseren Freihandel. Die Erde soll demnach gerettet werden durch smarte neue Technologien und „grünes“ Wachstum. Das ist leider reine Ideologie, hat bis heute nirgendwo funktioniert und wird nicht gelingen. Wachstum, Freihandel und Globalisierung sind nur andere Worte für Zerstörung, für die Umwandlung von natürlichen Resourcen in geldwerte Materie. Derzeit scheint die Aufgabe so gewaltig, dass die Regierungen weltweit sich weigern, sie anzunehmen.

 

Unsere Kinder und Enkel streiken immer freitags für eine lebenswerte Zukunft auf dieser Erde. Wir Erwachsenen müssen sie dabei unterstützen und gemeinsam für deren Zukunft kämpfen. An jedem Tag der Woche. Hinter dem Schlagwort Klimaschutz verbirgt sich eine Aufgabe, die ungleich größer ist als einmal die Woche zu streiken, brav den Müll zu trennen und im Biomarkt einzukaufen (das Fleisch natürlich nur beim „eigenen“ Bauern). Es geht um unseren Lebensstil und um das Leben unserer Kinder und Enkel. Es geht ums Ganze. Wagen wir unsere eigenen Experimente!