Supervalu

 

Iren und Irinnen lieben Abkürzungen. Wer einen typisch irischen Smalltalk verstehen oder gar führen will, sollte neben den typischen Floskeln für das jeweilige Wetter in den gängigen Kürzeln geübt sein. Denn Iren lieben es, in Akronymen und Abkürzungen zu reden. Die Banken heißen hier AIB; BOI oder TSB, die Universitäten UCC, UCD, UCG, UL ( für die Universitäten von Cork, Dublin, Galway und Limerick). Wer gute Beziehungen zu seinem TD (Teachta Dalá, dem Parlamentsabgeordneten) hat, bekommt oft, was er will. Mitglieder im GAA (Gaelic Athletic Association) spielen Irlands beliebtestes Ballspiel.

Wer zur A&E muss (Accident and Emergeny, Notaufnahme) hat meistens ein Problem. Wer mit öffentlichen Transportmitteln reist, nimmt gerne den CIE-Bus (Coras Iompair Éireann, das staatliche Transport-Unternehmen), in Dublin die DART (The Dublin Area Rapid Transit, Dublins S-Bahn). Die Farmer organisieren sich in der IFA, die katholischen Priester in der ACP, und die Fußballer in der FAI. Der irische Rugby-Held Brian O’Driscoll is als BOD bekannt, und BIFFO meint nicht den bekannten Bären sondern einen weniger beliebten irischen Politiker und Ex-Premierminister (Big Ignorant Fucker From Offaly, nein, das übersetze ich jetzt nicht).  CIA steht übrigens nicht für den amerikanischen Geheimdienst sondern für den gemeinen katholischen irischen Alkoholiker.

Ganz schwierig wird es, wenn Iren im Handy-Slang kommunizieren, dann nämlich mischen sich englische und irische Abkürzungen. Aus OMG (Oh my God) wird OMD (Ó Mo Dhia), aus Tn (Tonight) wird An8 (Anocht), und aus LOL (laugh out loud) GOA (gáire ós árd). Uff.

 GOA! Mit CIE und DART zum VG und zum UCD

Gehen ältere Menschen hier in die Stadt zum Einkaufen, dann gehen sie in den VG (Vie-Dschie). Ich wusste, dass sie in den lokalen Supermarkt gehen, doch der heißt eigentlich Supervalu (“Supavala”), Centra, oder Spar. So fragte ich mich 20 Jahre lang, was dieses VG zu bedeuten hat, fragte immer mal wieder auch Einheimische und stieß meistens auf ratlose Blicke. Eine ältere Dame rätselte vor Jahren, das müsse doch “Vegetables and Groceries” heißen – und die Erklärung “Gemüse und Lebensmittel” schien mir recht einleuchtend.

Gestern nun der ultimative Durchbruch. Kate, die kompetente Nachbarin, wusste immer schon, was VG bedeutet, und erklärte es mir: VG heißt “Value Grocers” und steht für die irischen (und britischen) Lebensmittelläden der 70er-Jahre. Der Verbund selbständiger lokaler Ladenbesitzer warb unter dem Akronym VG und mit dem Slogan “Very Good”. Die Einkaufskooperative VG ging in den 80-er Jahren in den heute bekannten Supermärkten Supervalu (eher größere) und Centra (eher kleinere Shops) auf.

Worte leben länger. Erst wenn die Worte verschwinden, verschwinden auch die Dinge, die sie bezeichnen, im Dunkel des Vergessens. Oder umgekehrt (siehe Artensterben, etwa Dodos, Quaggas und Moas).

 

VG Stores

Foto: Werbung für Supervalu und für die VG-Läden aus den 70er Jahren (unten)