Irland Meer SturmIrland im Horror-Sturmwinter 2014: Was ist der Unterschied zwischen diesen Tagen und einem gewöhnlichen Tag in Irland? An einem gewöhnlichen Tagen reden die Iren viel und gerne übers Wetter. An Tagen wie diesen allerdings reden sie wenig lustvoll und doch unaufhörlich über Regen, Sturm, Wind, Eis und Überflutung. Die meisten Insulaner haben mittlerweile eigene wetterbedingte Schäden zu beklagen: weggespülte Einfahrten, abgerissene Antennen, abgedeckte Dächer, abgefetzte Strom- und Telefonleitungen, geflutete Geschäfte und Wohnungen, zerstörte Autos und Boote, verschwundene Gärten und Felder. Der je nach Leseart sechste bis achte Sturm dieses Winters ist noch nicht verdaut — und schon steht das nächste Wettermonster draußen auf dem Atlantik bereit, um uns in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kräftig einzuheizen – und auch der übernächste ist nicht weit: Am Freitag könnte wieder ein Wind der Extraklasse über der Insel wehen. Die Metereologen sprechen von der Sturmfabrik, die draußen auf dem Atlantik durch Luftmassen heftigst unterschiedlicher Temperaturen auf Hochtouren läuft und einen perfekten Sturm nach dem anderen nach Osten schickt.

Zahlreiche Städte sind in den vergangenen Tagen überflutet worden. Corks Innenstadt stand genauso unter Wasser wie Limerick, Dublin, Waterford, Tralee und Dungarvan. Auch kleinere Städte wie Passage West, Skibbereen oder Bantry wurden von den Springluten heimgesucht. Der Grund: Hohe Wasserstände im Meer, Wind, enorm viel Regen und randvolle Flüsse. Ein Ende ist nicht in Sicht. Met Eireann, das irische Wetteramt, stellte gerade zwei weitere Regen-, Sturm- und Flutwochen in Aussicht. Nach einem der regenreichsten Januar-Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sind die Flüsse randvoll und die Böden gesättigt. Wo soll all das neue Wasser hin? Es dürften schwere Zeiten auf das kleine Inselland zukommen.

Angry Atlantic Irland

Viele Menschen schwanken zwischen Wut und Verzweiflung: Die Hochwasser-Schutzmaßnahmen, die die Behörden angesichts eindeutiger Vorzeichen in den vergangenen Jahren getroffen haben, erwiesen sich als überwiegend unzureichend und wirkungslos. Zwar bezahlen die Iren mehr denn je an Abgaben und Steuern an den Staat, unter anderem hohe Beträge für Infrastrukturmaßnahmen, alleine: Der Staat kümmert sich kaum um die Infrastruktur. Der Hochwasserschutz steckt in den Kinderschuhen und die Politik gerät nun gewalting unter Druck für das Versagen der vergangenen Jahrzehnte. Die Menschen fühlen sich alleine gelassen von ihren “Krisen-Managern”.

Der Winter 2013/2014 — erste Stürme tobten seit Oktober, dann massiv über Weihnachten und bis Dreikönig —  dürfte als die Zeit in die Geschichte eingehen,  in der sich die letzten Zweifler vom Druck der entfesselten Naturgewalten überzeugen ließen: Der Klimawandel ist in vollem Gange. Jeder hat in diesen Wochen die Chance zur Einsicht: Erstmals werden Häuser vom Meer geflutet, die noch nie auch nur annähernd von den Wellen erreicht worden waren, Gebäude, Tore und Befestigungen, die den Menschen an der Küste seit 80 oder 100 Jahren gedient haben, wurden vom Wasser einfach weggespült, sind verschwunden; Uralte, seit vielen Generationen genutzte Felder von der Größe mehrerer Fußballplätze hat der tobende Atlantik mitgerissen. Das ist der Wild Atlantic live. Schön, gewaltig, erbarmungslos und zerstörerisch.

Fotos: © 2014 Antje Wendel (oben); Markus Bäuchle (unten)