28. März 2020, Samstag.

Irland in den Zeiten von Corona. Wir leben auf dem Land in Irlands äußerstem Südwesten, in einer Streusiedlung am westlichen Rand Europas, direkt am Atlantik. Auch in dieser einsamen, abgelegenen Gegend wird das Leben jetzt völlig vom neuartigen Coronavirus beherrscht. Wir, Eliane [e] und Markus [m], schreiben ein gemeinsames öffentliches Tagebuch über unser Leben in Irland in Zeiten von Corona. Heute schreibt Eliane . . .
Wenn in Irland heftigste Atlantik-Stürme angekündigt sind, erinnere ich mich manchmal an dieses bedrückende Gefühl. Während des Sturmes ist es oft dunkel, laut, hässlich, es peitscht und kracht. Dann ist nach etlichen Stunden, selten zwei bis drei Tagen, wieder alles gut. Fast alles: Der eine oder andere Baum muss auf einer nahen Straße zerlegt werden, Scherben von Blumentöpfen müssen aufgesammelt werden, schöne Blümchen sind zermatscht. Doch bislang waren es wirklich wenige Stürme, die mich tagelang bedrückten und beschäftigten. Nachdem die Luft wieder rein war, ging das Leben weiter. Doch heute warte ich vergeblich auf das Aufwachen, auf das Laub- und Scherbenkehren, auf den Neustart. Obwohl die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, die Sträucher blühen.
***
Ab sofort Ausgangssperre. Ach nein, cocooning ist die neue Vorschrift (zumindest für ganz besonders verletzliche Personengruppen: über 70 und Menschen mit allerlei Vorbelastungen). Trotz schönstem Sonnenschein geht der Albtraum nun also erst richtig los. Um Mitternacht wurde die nächste Stufe des Eingesperrt-Seins eingeläutet. Es heißt: daheim bleiben. Und das für die nächsten zwei Wochen bis Ostern. Nun ist also für Nicht-Cocooners nur noch ein kurzer Ausgang im Umkreis von maximal zwei Kilometern erlaubt, es sei denn man ist Farmer und muss zum Füttern der Tiere oder zum Betreuen der Landwirtschaft. oder man gehört einer der wichtigen Berufsgruppen an, die jetzt besonders gefragt sind. Man ist jetzt alleine unterwegs. Schneller Einkauf und Arztbesuche mit Begründung sind auch gestattet. Cocooning: Der Rückzug der Raupe, die darauf wartet, als wunderschöner Schmetterling zu schlüpfen. Irgendwann. Bloß wann?
***
Ängste, Unbehagen, Depressionen. Wenn ich mit Freund*innen aus diversen Ländern schreibe, ist der Grund-Tenor: Mir geht es nicht gut, ich bin bedrückt, ich kann kaum atmen, ich kann mich zu nichts aufraffen. Ich tausche mich mit einem guten Freund aus, er ist ein engagierter deutscher Hausarzt, wir kennen uns seit Teenager-Tagen: Er ist stinksauer über das, was in Deutschland abgeht, er regt sich über die Hysterie auf, er macht sich Sorgen um das Phänomen der stark ansteckenden Angst, er hat zudem größte Bedenken, weil die Demokratie Stück für Stück zersägt wird.
Ich selbst stelle mir zunehmend die Frage, warum wir Bürger vor zwei und drei Jahren während der offenbar sehr heftig ausgefallenen Grippesaison nicht gewarnt und sorgfältig informiert worden sind. Bei allein in Deutschland 25.000 Toten muss doch eine Mega-Gefahr geherrscht haben. Doch ich fuhr und flog völlig unbesorgt, weil komplett ahnungslos, mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Lande, ich setzte kaum mein Desinfektionsspray ein, ich lutschte selten meine bewährten Anti-Virus-Pastillen.
Wenn ich nun diverse Artikel lese (auf den unsozialen Medien war ich schon seit drei Tagen nicht mehr unterwegs), lese ich von steigender Aggression, auffälligem Egoismus, zunehmendem Waffenkäufen. Polizeieinsatz wegen Klopapier. Von dümmlichen Fake News ganz zu schweigen. Was braut sich da zusammen?
Freilich sind auch wundervolle Aktionen vorhanden, an vielen Orten und in vielen Bereichen gibt es nun eine nie gekannte Solidarität, dazu Klatschkonzerte und Musikhappenings für die Helden dieser Tage. Eingeflogene schwerst kranke Patienten, die in ihren Heimatländern nicht gut versorgt werden können, dürfen noch freie Intensivbetten belegen. Es sind also zwei Extreme zu beobachten, wie jemand dieser Tage sagte: In solchen Zeiten kommen die ganz schlechten, und auch die wundervollen Seiten vieler Menschen zutage.
***
Hilfestellung bei der Angst. Insbesondere vormittags hat das Unbehagen mich in seinen Krallen. Denn mein kleines Hirn kann diese Welt-Schizophrenie nicht begreifen: allerschönstes Wetter und gleichzeitig internationale Weltuntergangs-Szenarien. Einige ätherische Öle schaffen es tatsächlich, mich rauszuholen aus diesem Sumpf der Ungewissheiten und der bedrückenden Gefühle. Darum habe ich mich aufgemacht, meine wichtigsten Naturdüfte für solche deprimierenden Zeiten zusammen zu suchen. Jenseits meiner ganz persönlichen Vorlieben und Empfehlungen fand ich spannende wissenschaftliche Arbeiten dazu. Wer virtuell dran schnuppern möchte, kann das auf meinem ausführlichen neuen Blogartikel auf Aromapraxis gerne tun, ich werde in den nächsten Tagen noch ein paar mehr Rezeptideen einfügen.
***
Die Tages-Statistik: Die Zahl der positiv getesteten Covid-19-Fälle stieg in der Republik Irland seit gestern um 294 auf 2415. 36 Menschen, bei denen das Coronavirus nachgewiesen wurde, sind seit Beginn der Zählung gestorben (seit gestern plus 14). Alle 14 neuen Opfer kommen aus dem Osten Irlands, ihr Durchschnittsalter beträgt 81 Jahre.
Foto & Vignette: Eliane Zimmermann
Danke für diesen Artikel. Der Vergleich mit den „normalen Sterbefällen“ , wie i n nachstehendem Artikel geschehen, tut da ganz gut.
https://www.urania.de/das-virus-die-menschen-und-das-leben
Herzliche Grüße aus Vorarlberg Österreich,ja,ich denke dass es Globalweit viele ,viele Menschen gibt die unter Schlafstörungen leiden da niemand weiß wo führt das alles hin.
Zitroneduft ist gut für die Konzentration und klares vernünftiges Denken.
In manchen Ländern setzte man schon seit Jahren Klassikmusik ein leichte Sinfonien wenn an den Bahnhöfen ankommende Züge einfuhren,um die Ängste und Aggressionen div.Menschen die sich stundenlang am Bahnhof aufhielten um die Touristen und bessergestellten Einheimischen vor Dieben ,Menschen mit Krimineller Energie zu besänftigen.
Wenn man das beobachtete,erspürte konnte man die Aggressionen spüren bevor ein Zug einfuhr und sobald die klassische Musik erklang tatsächlich Aggressionsmilderung wahrnehmen.
Das fand ich sehr erstaunlich,es wurde trotzdem gebettelt etc.aber nicht so aggressiv und großem Maße.
Lavendel ist gut für den Schlaf ,aber wenn die Sorgen sehr groß sind hat es wenig Wirkung.
Man kann nur kreativ werden ,lesen ,und hoffen dass die Sorgen im Hintergrund bleiben und irgendwann wieder mehr gute Gedanken dominieren
Es tut auch gut wenn man Menschen anrufen kann und die Ängste aussprechen darf die einem beschäftigen.
Aber auch versucht mit Humor und schöne Erinnerungen sich aus dem Strudel der Angst zu holen.
Manche bereiten sich für Ostern vor basteln Osterdeko,andere schreiben eine Ostergeschi hte ich schreibe,koche gerne Irish,backe Scones,Irish Brot,oder Shortbread etc.
Dann bin ich gedanklich auf der schönen grünen Insel Irland die Ängste sind im Hintergrund sowie das Virus und alle Probleme die man bei aktuellen Nachrichten hört.
Ich wünsche Allen Gesundheit und nicht zu große Ängste.
Liebe Grüße nach Irland aus Vorarlberg Österreich
Andrea Jilek
Vielen Dank für Eure Gedanken und die guten Informationen. Als wir vor 2 Wochen entscheiden mussten, unseren Urlaub (wären gestern geflogen) abzusagen, haben wir Eure Seite gefunden. Sie hat uns geholfen, die Lage in Irland besser einschätzen zu können. Bitte lasst uns weiter an der derzeitigen Entwicklung teilhaben – irgendwie hilft das ein bisschen. Alles Gute!