Ja, ist denn schon Weihnachten? Mindestens 70 Millionen Menschen weltweit dürfen sich demnächst ein Zertifikat des irischen Staates rahmen lassen, das ihnen die irische Abstammung amtlich bescheinigt. Ob da nun “Echt irisch” oder “garantiert irischer Abstammung” oder “Proud to be a tiny bit Irish” drauf stehen wird, muss noch besprochen werden. Tatsache ist: Das Außenministerium wird der irisch-stämmigen Diaspora das Angebot machen, gegen eine Gebühr “die kleine Staatsbürgerschaft” zu erwerben.

Wie “klein”? Das Irishness-Zertifikat, das ein vom Staat derzeit gesuchtes Privatunternehmen ausgeben soll, berechtigt zu nichts und macht all die Amerikaner mit irischen Wurzeln oder irischem Lebensgefühl nicht zu Iren mit allen Bürgerrechten. Die windelweiche Abstammungsurkunde wird den Besitzern allenfalls diverse Touristen-Rabatte bescheren, wenn sie “heim auf die Insel” kommen.

Außenminister Micheál Martin sagte am Wochenende, die Regierung würde den Begriff der irischen Community großzügig auslegen.Die Irland-Diaspora beschränke sich nicht auf die im Ausland lebenden Irischen Staatsbürger. Martin: “Sie umfasst auch all jene, die glauben, irischer Abstammung zu sein und die ein Gefühl der Zugehörigkeit zu Irland haben.” Horcht, horcht: Wenn dies die Auswahlkriterien sind, werden bald auch einige tausend deutsche Irland-Fans ihre Irland-Urkunde im Wohnzimmer hängen haben.

Die Liebeserklärung an die auf 70 Millionen Menschen weltweit geschätzte irische Diaspora ist leicht zu durchschauen: Alleine 45 Millionen US Amerikaner berufen sich – meist mit inbrünstigem Stolz – auf ihre irische Herkunft. “Nur” drei Millionen US-Iren haben auch die irische Staatsbürgerschaft – viele der über 40 Millionen anderen Iren-Amis würden ein “Certificate of Irish Heritage” inklusive Rabatt-Karte deswegen stolz in ihrem Portemonnaie tragen – und viele würden sie auch auf “Heimat”-Urlaub (“at home”) einsetzen wollen.

Der neue Paddy-Pass könnte an alte Traditionen anknüpfen: Er muss die verarmende Heimatinsel retten. Einmal mehr beschwört Irland seine Diaspora, wie immer in schweren Zeiten. Manche Träumer sehen das weltweite Netzwerk der Iren und Irischstämmigen schon als die aufstrebende Wirtschaftswundermacht (“The Pan Celtic Snow Leopard”) in einem post-europäischen Zeitalter.  

Der Wanderer geht jetzt mal am Stammbaum schütteln: Da hängen deutsche Gene dran, italienische, schweizerische, selbst französische. Vielleicht findet sich ja irgendwo in dunkler Vergangenheit noch ein Hinweis, aus dem sich ein Tropfen grünen Blutes quetschen ließe? Aber laut Minister reicht ja der Glaube daran. “Proud to be Irish? “Ich bin stolz, ein Ire (ein Deutscher, hoppla) zu sein?” Mit Volldampf zurück in die Zukunft? 


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