Was tut eigentlich die neue Regierung, um den anhaltenden wirtschaftlichen und finanziellen Absturz Irlands zu stoppen?  Wenn es nach Morgan Kelly geht, nur dieses: “Sie liegt mit dem Bettlerhut am Boden und hofft darauf, dass sich jemand erbarmt.” Der Wirtschaftsprofessor aus Dublin prognostiziert, dass diese neue Regierung das Land in den Bankrott steuern wird und dass die Regierungsparteien Fine Gael und Labour genauso zermahlen und zerstört werden wie eben erst die vermeintlich ewige Regierungspartei Fianna Fail. Morgan Kellys Stimme hat mittlerweile Gewicht in Irland, denn er hatte als einsamer Rufer in der Wüste vor Jahren schon den finanziellen Zusammenbruch, das Platzen der Immobilienblase und das Ende des Keltischen Tigers vorausgesagt. Damals galt er als Spinner und Spielverderber, heute wird er ernst genommen.

Jetzt meldete sich Morgan Kelly in der Irish Times mit einer messerscharfen Analyse der finanziellen und politischen Lage Irlands zu Wort und provozierte erneut einen Aufschrei des Establishments. Dem Gouverneur der Irischen Zentralbank sowie den politischen Entscheidungsträgern hält er vor, nicht im Interesse des Landes zu handeln. Kelly sieht als einzige Lösung, um Irland vor den “Kredit-Haien” der Europäischen Zentralbank und vor dem totalen Bankrott zu retten, die Aufkündigung des sogenannten “Rettungspaketes” , das die ECB und der Internationale Währungsfonds (IMF) für Irland verabschiedet haben – oder besser: gegen Irland verhängt haben.

Morgan Kelly (Foto) empfiehlt den Bruch mit Europas Zentralbank und mit dem IMF. Er fordert, dass Irlands Regierung die Bankengarantie zurückzieht, die überschuldeten irischen Banken aufgibt und sie den Kreditgebern und Gläubigern, (also der Deutschen Bank und Konsorten) überlässt. Gleichzeititg soll der Staat seine Finanzen radikal in Ordnung bringen und jegliche Neuverschuldung sofort stoppen – beipsielsweise, indem die im Vergleich zu anderen Ländern Europas “doppelt so hohen Gehälter im öffentlichen Dienst” auf Normalmaß zurückgeführt werden. Laut Professor Kelly liegt die Staats-Verschuldung Irlands mittlerweile bei sagenhaften 190 Millliarden Euro  und wird bis zum Jahr 2014 auf 250 Milliarden Euro steigen, wenn nichts passiert. Das wäre eine Viertel-Billion – eine astronomisch hohe Summe für das kleine Land.

Die Lage in Irland ist dramatisch – doch auch die neue Regierung tut schon so, als hätte sie alles im Griff, indem sie tut, was ausländische Institutionen ihr auftragen. Morgan Kelly verdächtigt die Spitzen des Landes deshalb der Kollaboration mit dem Feind – zumindest unterstellt er ihnen ein ausgeprägtes “Stockholm-Syndrom”.

Wohin steuert Irland? Wird sich die Wirtschaft in zwei, fünf, zehn oder erst in 20 Jahren erholen? Wird das Land heute in einem oder in zwei Jahren noch den Euro als Währung haben? Kommt die Entschuldung?