News aus Irland immer aktuellVerschärft sich die schlechte Wirtschaftssituation in Irland im fünften Rezessionsjahr erneut?  Vieles deutet darauf hin. Die Headlines der Woche: Das Weihnachtsgeschäft lahmt, die Wirtschaft auch, die USA locken Emigranten von der Insel. Die gute Nachricht der Woche: Die Grünen nehmen einen neuen Anlauf. Lesen Sie unsere Irland-News vom Sonntag. Dirk Huck berichtet aus Dublin.

 

Haushaltsabgabe: Zahlen oder nicht zahlen, das ist hier die Frage

Die von der Regierung für 2012 beschlossene sogenannte Haushaltsabgabe in Höhe von 100 Euro stößt auf großen Widerstand. Die Abgabe ist eine Vorstufe zur 2014 kommenden Grundbesitzsteuer und ist von den Eigentümern der Immobilien zu zahlen. Kritiker aus den Reihen der Opposition halten die Abgabe für ungerecht. Weder berücksichtige sie das Einkommen des Eigentümers noch die Größe oder den Wert der Immobilie. Viele strauchelnde Hausbesitzer könnten sich die Abgabe gar nicht leisten. Auch sei zu erwarten, dass viele Vermieter die Abgabe einfach auf ihre Mieter abwälzen. Eine Gruppe Oppositions-Abgeordnete startete diese Woche eine Kampagne und ruft zum allgemeinen Boykott der Haushaltsabgabe auf. 160 Millionen Euro verspricht sich die Regierung von der Abgabe. Alarmiert von den Boykott-Aufrufen ließ die Regierung bereits wissen, dass man Zahlungsverweigerer gnadenlos aufspüren werde. Hierzu werde man Daten des Stromlieferanten ESB, der Steuerbehörde und des Vermieter-Verzeichnisses verwenden, um zahlungspflichtige Eigentümer ausfindig zu machen. Wie man allerdings in dem Datensalat Hauseigentümer ausfindig machen will, bleibt abzuwarten. Die Geschichte wird noch spannend werden. (Quellen: Irish Times, Irish Independent)

Euro-Krise: Kommt es zum Referendum in Irland? 

Wird es im nächsten Jahr ein Lisbon III geben? Derzeit prüft man in Irland, ob die auf dem EU-Gipfel vergangene Woche beschlossenen Änderungen der EU-Verträge zur Stabilisierung des Euro ein Referendum erfordern. Finanzminister Michael Noonan dramatisierte, als er in einem Interview sagte, ein Referendum über die Vertragsänderungen käme einem Referendum über Irlands Mitgliedschaft in der Euro-Zone gleich. Er fügte aber hinzu, dass, käme es zum Referendum, die Iren wohl mehrheitlich für einen Verbleib in der Euro-Zone stimmen würden. Der Gipfelbeschluss sieht schärfere Haushaltskontrollen und eine gegenseitige Überwachung der Wirtschaftspolitik der EU-Länder vor. Großbritannien, Irlands wichtigster Handelspartner, legte bekanntlich ein Veto gegen den Gipfelbeschluss ein. (Quelle: Irish Independent).

 

Traditions-Kaufhaus Clerys strauchelt

Noch eine Einzelhandels-Ikone, die in finanziellen Schwierigkeiten steckt: Das Dubliner Traditions-Kaufhaus Clerys meldete diese Woche, dass sich 2011 die Geschäftssituation weiter verschlechtert habe. Das vergangene Geschäftsjahr beendete man mit einem Verlust von zwei Millionen Euro, verglichen mit bereits 1,87 Millionen Euro Verlust im Jahr davor. Derzeit sei man auf die Kooperationsbereitschaft der Kreditgeber angewiesen, um das Geschäft fortführen zu können. Clerys auf der O’Connell Street in Dublin eröffnete 1853 als weltweit eines der ersten Kaufhäuser, die speziell für diesen Zweck erbaut wurden. (Quelle: Irish Times).

Irlands Wirtschaft schrumpft im dritten Quartal um 1,9 Prozent

Mit einer beunruhigenden Nachricht meldet sich das Zentrale Statistikamt CSO noch einmal zum Jahresende: Im dritten Quartal schrumpfte Irlands Wirtschaft um 1,9 Prozent. Ausgaben der privaten Verbraucher (-1,3 Prozent), öffentliche Ausgaben (-1,3 Prozent), Investitionen (-20) und Import (-1,5) fielen. Der Export hingegen legte leicht zu (+0,8). Nach leichtem Wachstum im zweiten Quartal (+1,6) nun erneut ein Dämpfer. Die irische Wirtschaft bleibt ein Wackelkandidat. Auch der Internationale Währungsfonds IWF, der diese Woche eine weitere Kredittranche für Irland absegnete, warnte, dass eine anhaltende schwache Konjunktur in Europa Irlands Exportsektor stark beeinträchtigen wird. Für nächstes Jahr erwartet man deshalb ein nur schwaches Wirtschaftswachstum von allenfalls einem Prozent. (Quelle: Irish Independent).

Das Weihnachtsgeschäft kommt nicht in Schwung

Laues Konsumklima: Die Einzelhandels-Organisation Retail Excellence Ireland meldet, dass das Weihnachtsgeschäft bislang nicht die Erwartungen des Einzelhandels erfüllt. Viele Geschäfte machen bis zu dreißig Prozent ihres Umsatzes allein in der Weihnachtszeit. Doch die Verbraucher spüren die tiefen finanziellen Einschnitte und halten sich beim Konsum zurück oder kaufen Schnäppchen. Viele Läden starteten vorzeitig ihre Preisnachlass-Aktionen im Weihnachtsgeschäft, um Kunden zu animieren. Große internationale Ladenketten kündigten an, die Fortführung ihrer Geschäfte in Irland vom Verlauf des Weihnachtsgeschäfts abhängig zu machen. Es ist zu befürchten, dass sich im nächsten Jahr viele Ketten aus dem irischen Markt zurückziehen. (Quelle:Irish Times)

Green Party nimmt neuen Anlauf

Die Green Party, von 2007 bis 2011 kleiner Koalitionspartner von Fianna Fail, versucht einen Neubeginn. Nach der Parlamentswahl im Februar 2011, bei der man alle sechs Abgeordnetensitze verlor und lediglich 1,8 Prozent Erstpräferenzen erhielt, versank die Partei quasi in der politischen Bedeutungslosigkeit. Anlässlich des 30. Jahrestages der Gründung stellte der Vorsitzende Eamon Ryan diese Woche seine Strategie für einen Neuaufbau der Partei vor. Irlands Grüne möchten nun effektive Lösungen für die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Problemen des Landes erarbeiten, und sich so wieder als Alternative zu den etablierten Parteien empfehlen. Mangels Sitzen im Parlament muss die Oppositionsarbeit allerdings hauptsächlich über Medien wie Radio, TV und auch Facebook und Twitter erfolgen. Na dann, gutes Gelingen. (Quelle: TheJournal.ie)

USA locken mit Visa für irische Arbeitskräfte

Ein US-Senator reichte diese Woche ein Gesetz ein, das es ermöglichen würde, jährlich bis zu zehntausend zeitlich befristete Visa an irische Arbeitskräfte zu vergeben. Es ist nach fünfzehn Jahren das erste Gesetz, das sich speziell an irische Einwanderer wendet. Die harten Einreisebestimmungen führen derzeit dazu, dass jährlich viele Iren illegal in die USA emigrieren. Mit dem neuen Gesetz würden die Behörden diesen Einwandererstrom besser kontrollieren können. Die irische Regierung mag sich bemühen, die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Doch es sind Meldungen wie diese aus den USA, die den tausenden Arbeitslosen in Irland eher Anlass geben, positiv in die berufliche Zukunft zu blicken. (Quelle: Irish Times).

Irische Zentralbank möchte Anglo Irish-Bauruine nutzen

Es ist das Symbol für den Kollaps des Bankensystems schlechthin: Das Beton-Gerippe des unfertigen extravaganten Hauptquartiers von Anglo Irish Bank, das sich in Dublin am nördlichen Ufer der Liffey unweit des Convention Centers erhebt. Es teilt das Schicksal der vielen tausend Bauruinen im Land: Angefangen und nie vollendet. Der Bank, die mit Milliarden-Krediten jonglierte, ging selbst das Geld aus. Was tun mit dem Baugerippe? Diese Woche wurden Pläne diskutiert, dass – Ironie der Geschichte – die Irische Zentralbank den angefangenen Bau für ihr neues Hauptquartier nutzen könnte. Das bislang genutzte Gebäude in der Dame Street wird langsam zu klein, und andere ausreichend große Bürogebäude sind kurzfristig nicht verfügbar. Warum also nicht wenigstens einmal eine vorhandene Bauruine sinnvoll nutzen? Künftig soll das Bürogebäude am North Wall Quay ein Symbol der Wiedergeburt und der Erlösung sein. Bleibt nur zu hoffen, dass der Fluch von Anglo Irish nicht auch die Irische Zentralbank ereilt, wenn sie denn in die Geister-Ruine einzieht. (Quelle: Irish Times).

Googles Jahresrückblick: Iren 2011 auf Schnäppchen-Jagd

Google veröffentlichte diese Woche die “Zeitgeist”-Auswertung der im Jahr 2011 am häufigsten verwendeten Suchbegriffe. Demnach machten in Irland die Suchbegriffe “DoneDeal”, “iPhone 5”, “Rugby World Cup”, “Saorview” und “Pippa Middleton” das Rennen. Dies zeigt: Queen-Besuch, Euro-Krise, Parlamentswahl oder Haushaltsentwurf hin und her, 2011 interessierten sich die Iren hauptsächlich für Schnäppchen, iPhones, Sport und ein berühmtes Hinterteil. DoneDeal.ie ist eine erfolgreiche Website für den Gebrauchtmarkt. Apples iPhone 5 wurde 2011 auch von den Iren sehnsüchtig erwartet, am Ende gab es nur das iPhone 4S. Aufmerksam verfolgte Irland das Auftreten seiner Mannschaft bei der Rugby-WM in Neuseeland. Saorview ist Irland erster kostenfreier Digital-TV-Service. Und nach ihrem Auftritt als Schwester der Braut bei der königlichen Hochzeit in England wollte auch Irland mehr über Pippa Middleton wissen. (Quelle: Irish Times)

Wee Daniel feiert 50. Geburtstag

Eine Meldung aus dem Showgeschäft: Der irische Schnulzensänger Daniel O’Donnell feierte diese Woche seinen 50. Geburtstag. Seit Mitte der 1980er ist “Wee Daniel”, wie der Schwiegermutterliebling von seinen überweigend weiblichen Fans fortgeschrittenen Alters liebevoll genannt wird, fester Bestandteil der irischen Musikszene. Auch in England und Amerika blickt der weichgespülte Country- und Folk-Sänger auf eine solide Fan-Basis. Das kommt nicht von ungefähr: Wenn er in seinen stets ausverkauften Konzerten zu seinem Erfolgshit “I Just Wanna Dance With You” im Tanz die Hüften wiegt und sich einmal dreht, fallen die ersten zehn Reihen regelmäßig in Ohnmacht und müssen anschließend ins Seniorenheim zurückgefahren werden. Immerhin, mehr als zehn Millionen Alben hat “der Junge aus Donegal” bislang verkauft. Hut ab. Künftig allerdings will “Wee Daniel” etwas kürzer treten – die vielen Konzerte seien doch sehr anstrengend für ihn, sagte der Sänger neulich. Der Ärmste. Lauft, irische Mütter, und bringt Daniel schnell eine cuppa tea.

 

Der Autor: Dirk Huck berichtet aus Dublin.

Wir wünschen allen Lesern und Irland-Fans eine schöne Weihnachtszeit. Die Irland-News vom Sonntag melden sich wieder zum Jahresende mit einem Rückblick auf das Jahr 2011.

PS: Mehr von Dirk Huck gibt es auf seinem eigenen (derzeit ruhenden) Blog www.blog-for-ireland.blogspot.com zu lesen.

 

 

Fotos:Dirk Huck (6)