Antje wurde im vergangenen Sommer 35 Jahre alt. Seit März nahm sich die Insulanerin aus Rügen eine Auszeit, ließ die trocken-warme deutsche Büroluft und ihre Heimat-Insel hinter sich und lebte für sieben Monate in ihrem Lieblingsland, hier wo sie sich schon immer zuhause fühlte, wenn sie es besuchte: Irland. Auszeit, Distanz nehmen, Zeit der Neuorientierung: Was Antje mit ihrer ausgeprägten Beobachtungsgabe in den sieben Monaten wahrnahm, hielt sie meist mit ihrer Kamera fest.

Antje betreibt den Volkssport Digital-Fotografie — und zählt zu den eher Wenigen, die ihre Kamera, eine Fujifilm Finepix richtig gut beherrschen. Hier stellt sie uns einige ihre wichtigsten Eindrücke aus sieben Monaten Irland vor: “Mein Irland” – Bilder des Ankommens.

“Dies ist der Versuch mich auf die zehn besten, wichtigsten, schönsten, interessantesten Erlebnisse meiner Zeit hier in Irland festzulegen. Es hat lange gedauert, aus den gut 14.000 Fotos diese wenigen herauszusuchen. Nicht immer sind sie toll oder gut, aber sie zeigen zumindest einen Teil dessen, was mich hier am meisten bewegt hat.

Meine Mama war im August eine Woche hier in Irland zu Besuch. Eigentlich wollte sie mich zu meinem (35.) Geburtstag überraschen, hat ihre Absicht aber dann doch kurz vorher verraten. Es war toll, mit ihr zusammen unterwegs zu sein, ihr ein paar meiner Lieblingsplätze hier zu zeigen und diese Tage mit ihr zusammen erleben zu können und ihr nicht nur davon zu erzählen oder zu schreiben. Für mich war diese Woche unvergesslich und ich weiß, auch sie hatte hier eine tolle Zeit.

 

Irland Leben

Es gab ihn tatsächlich: den perfekten Abend hier in der Bucht. Am Strand war ich oft, saß auf den Steinen und schaute aufs Meer, aber an diesem Abend gab es ein unvergleichliches Spiel aus Sonne, Wolken, Regen und einem wunderschönen Regenbogen.

 

Irland Licht

Das Licht fasziniert mich fast jeden Tag aufs Neue. Sei es an einem grauen Tag, an dem plötzlich für ein paar Sekunden der Himmel aufbricht und die Sonne verschwenderisch die grünen Hügel beleuchtet. Oder zum Abend, wenn die Sonnenstrahlen durch die Wolken brechen und das Meer in goldenes Licht tauchen. Oder ein einzelner Sonnenstrahl, wie ein Fingerzeig.

 

Irland ausblick

Die Ausblicke hier erstaunen und berühren mich immer wieder. Und jedes Mal, wenn man denkt, jetzt kann es nicht mehr schöner werden, dann geht man eine Ecke weiter und wird eines besseren belehrt.

 

Irland Berge

Immer wieder ging es hoch hinaus. Ich gebe zu: bislang habe ich Menschen, die auf Berge klettern, nicht wirklich verstanden, sondern immer nur die Anstrengung gesehen, die dahinter steckt. Doch auch das habe ich hier gelernt: die Berge zu lieben. Inzwischen freue ich mich über jeden Hügel, über jede Klippe und jeden Berg, auf den ich rauf darf. Dieses Gefühl, dort oben zu stehen, es geschafft zu haben und den Blick schweifen zu lassen. Diese unendliche Freiheit hätte ich mir vorher nie vorstellen können.

 

Irland Ardnagashel

Ardnagashel hat mein Herz im Grunde vom ersten Augenblick an erobert. Dieses Haus direkt am Meer, umgeben von alten Bäumen und Geschichte(n). Inzwischen kann ich sagen: ja, ich liebe diesen Ort. Wie könnte ich auch nicht? Es steckt soviel Liebe und Herzblut in dem Haus. Manchmal wünschte ich mir, die Bäume könnten erzählen, vor allem unser “Ent”, die riesige japanische Sicheltanne, die beeindruckend dort steht und einem schier den Atem raubt.

 

Irland Beara

Die Wanderung am Cod´s Head in einer kleinen 5-Mann-Gruppe war wirklich eine ganz besondere. Unterwegs unter anderem an den Schauplätzen, an denen ein Großteil für “Falling for a Dancer” gedreht wurde. Alte, teilweise verfallene Häuser. Eine Hausruine, die in ein Gewächshaus umgebaut wurde. Bergrauf über einen alten Kartoffelacker, querfeldein über Wiesen, Moor und immer wieder Felsen. Und zum Schluss eine bewegende Begegnung mit einem Tinker-Pony. Dieser Tag war wirklich etwas ganz besonderes und wird für immer einen festen Platz in meinen Erinnerungen und in meinem Herzen haben.

 

Irland Buchten

Mein absoluter Lieblingsplatz: die Bucht sozusagen vor der Haustür. Dort auf den Felsen sitzen, aufs Meer und zum Sugar Loaf schauen. Die Vögel beobachten, die vorbeiziehen. Gannets, die sich auf der Suche nach Futter ins Meer stürzen. Auf einem kleinen Felsen ein paar Robben in der Sonne. Jedes Mal anderes Licht, ruhiges oder ganz wildes Meer, ein Reiher, der geduldig auf Beute wartet, Ziegen, die mich immer noch argwöhnisch beäugen. Egal wie viel oder wenig an einem Tag zu tun war: hier abends sitzen hat alles wieder ins rechte Licht gerückt und der Wind hat viele meiner Gedanken fortgetrieben.

 

Irland Delfine

Wale und Delfine: Mit vielem hätte ich gerechnet, aber dass ich tatsächlich die Möglichkeit haben würde, wildlebende Delfine und Wale zu sehen, davon hätte ich nicht mal zu träumen gewagt. Da waren Delfine, direkt neben unserem Boot, spielten fast damit, sprangen immer wieder vor und neben dem Boot aus dem Wasser, blieben minutenlang bei uns. Selbst einem Mondfisch sind wir begegnet. Es sah fast so aus, als würde er uns zuwinken. Sehr bewegende Momente, dort auf dem Meer, unterwegs mit Nic von Whale Watching Westcork und seiner “Voyager”.

 

Die Schwitzhütte. Völlig neu und unbekannt. So anders als alles, was ich je in meinem Leben erlebt habe. So intensiv wie nichts vor- oder nachher. Ein Erlebnis, dass ich noch immer nicht ansatzweise in Worte fassen kann, aber das in mir soviel in Gang gesetzt und das so viel verändert hat.

 

Ich versuchte, all diese Erlebnisse in meinen Bildern einzufangen und festzuhalten. Aber die tiefe Dankbarkeit, die ich empfinde, kann ich in keinem Foto festhalten.”

PS: Antjes Irland-Motto lautet: “I´ll be back”.

Alle Fotos: © Antje Wendel 2012