Andreas Riemenschneider  kam im Jahr 2001 aus Deutschland nach Irland. Er arbeitet beim irischen TÜV, dem NCT. Andreas lebt in Kinvara in der Bucht von Galway, nur einen Steinwurf vom Wasser und vom Burren entfernt. Er erzählt uns seine Geschichte, wie er nach Irland kam, wie er zu Irland steht – er zeigt uns seine Irland-Fotos und schreibt über sein Hobby Fotografie. Er beginnt mit Eindrücken vom Meer und der menschlichen Fortbewegung auf dem Meer: Bootfahren!

Andreas Riemenschneider


Eigentlich kam ich eher zufällig nach Irland. Es hätte auch Spanien oder Australien werden können. Ich wollte mich beruflich verändern zu dem Zeitpunkt. Ein sehr guter Freund erzählte fortwährend vom Keltischen Tiger in Irland, den tollen Jobmöglichkeiten, und so ging die Reise im August 2001 los. Ganz ehrlich, ich hatte Irland damals nicht auf dem Radar. Es war definitiv nicht mein Traumausreiseziel. Klar, ich fand die ganze Sache sehr spannend, aber ich hatte kein spezielles Blid von Irland im Kopf. Rückblickend muss ich sagen, das war auch gut so. Viele Auswanderer haben eine kleine Traumwelt im Kopf und versuchen dann mit der Brechstange, die irische Realität und ihre Traumwelt im Kopf in Einklang zu bringen. Ich liebe Irland bis heute nicht. Liebe ist für mich der falsche Begriff, mein Verhältnis zur Insel zu beschreiben. Auch machen mir Leute ein wenig Angst, die Irland nur von einigen Urlauben kennen, es aber aber bedingungslos “lieben”. Ein Land ist mehr als nur Landschaft. Ich lebe sehr, sehr gern in Irland, ich geniesse es, so nah am Meer zu wohnen, in einer der faszinierendsten Landschaften Europas, aber es gibt einige Aspekte an Irland, die ich nicht bedingungslos lieben kann.

Ich hatte schon immer ein Interesse an Fotografie, fing aber erst im Jahr 2005 an, mich intensiver damit zu beschäftigen. Wie die meisten Amateure habe auch ich mit Landschaftsfotografie begonnen. Beruflich war ich zu der Zeit in einer sehr günstigen Position, ich hatte einen gut bezahlten Job und jede Menge Freizeit in der Woche. Was lag also näher, als das Stativ und die Kamera ins Auto zu packen und einfach loszufahren. Was dabei herauskam war übrigens in den meisten Fällen nicht so berauschend. Flache, übersättigte Landschaftsaufnahmen, besser als die vieler Urlauber, aber nicht kitschig genug für den berüchtigten John-Hinde-Kalender.

Das alte Boot vor der Haustür in Kinvara – im Sonnenaufgang.

Gegen kitschige Landschaften habe ich im Prinzip nichts, mache ich heute auch noch ab und zu, aber wenn dann bitte richtig kitschig. Im Moment ist es doch so: Die meisten Bilder, die man von Irland zu sehen bekommt, sind von den immer gleichen Aussichtspunkten entlang der klassischen Routen aufgenommen. Dabei ist es oft so einfach, da Abwechslung rein zu bringen. Zehn Meter laufen, sich bewegen, einen besseren, Standort suchen, sich eben nicht auf die gleiche von Tausenden schon platt getrampelte Stelle zu stellen, mehr braucht es gar nicht.

Das alte Boot vor der Haustür in Kinvara –  in schwarz-weiß.

Die Bilder, die ich aus Irland zeigen will, haben mit dem Meer zu tun: Wir wohnen nahe am Meer. Kinvara hat eine lange maritime Tradition, deshalb zeige ich Boote. Einige Aufnahmen sind von der letzten Hooker-Regatta, das verlassene Boot liegt quasi direkt bei uns vor der Haustür. Die übrigen Fotos stammen vom Volvo Ocean Race (VOR) 2009. Das VOR ist eine um die Welt ziehende Regatta von speziell für dieses Rennen gebauten Rennyachten. Galway war 2009 einer der Etappenhäfen des VOR, 14 Tage sollte der Aufenthalt der Segler in Galway dauern. Für mich war dieses Rennen das Highlight meiner Zeit in Irland. Perfekte Organisation, eine unbeschreiblich schöne Atmosphäre in der Stadt, die kostenlosen Konzerte draußen, besser hätte es für Galway damals nicht laufen können. Der Funke sprang auch auf die Organisatoren des Ocean Race über: Als die Boote nach 14 Tage Galway verliessen, war das schon ein sehr emotionaler Abschied.

Das Volvo Ocean Race – Gänsehaut pur!

Aber: Die Geschichte geht weiter. Galway hat es geschafft, auch beim nächsten VOR dabei zu sein, dann sogar als Zielhafen des Gesamten Rennens. Im Juli 2012 kommen die schnellen Segler zurück in Irlands Westen. Ich werde wieder dabei sein, und hoffentlich wieder einen Platz auf einem Begleitboot beim Rennen erwischen. Beim letzten Ocean Race hatte ich das grosse Glück, einen Platz auf einem Boot zu erwischen. So war ich hautnah dabei, als das Rennen neu gestartet wurde. Das war Gänsehaut pur.

Das Volvo Ocean Race gastierte 2009 in Galway, der City of The Tribes

Alljährlich findet in Kinvara das “Cruinniú na Mbád”, die Zusammenkunft der Boote statt. Bei den Booten handelt es sich um traditionelle Galway Hooker, einen Bootstyp, der über die Jahrhunderte hinweg in der Region in Gebrauch war. Seine Bedeutung als Handelsboot, welches hauptsächlich zum Transport von Torf benutzt wurde, haben die Hooker zwar schon seit Jahrzehnten verloren, aber die Tradition der schwarzen Hooker mit ihren markant roten Segeln, wird von Bootsenthusiasten bis heute am Leben erhalten.

Die Galway Hooker – schwarze Handelsboote mit roten Segeln.

Bei der Zusammenkunft der Boote in Kinvara kann man die imposanten Segler bei mehreren  Regatten bewundern. Im vergangenen Jahr spielte auch das Wetter mit, und ein stetiger Wechsel von Sonne und leichtem Regen sorgte für interessante Lichtverhältnisse. Wer Interesse an irischer, maritimer Geschichte hat, sollte sich das Wochenende vom 12.bis 14. August 2011 vormerken, dann findet die nächste Zusammenkunft der Hooker statt. Und nicht vergessen: Im Juli 2012 – Volvo Ocean Race in Galway.

Alle Fotos: ⓒ 2010-2011 Andreas Riemenschneider