Kürzlich stand ich am Blarney Castle negativ fasziniert vor einem Mülleimer. Aus der Tiefe des Eimers schaute mich auf einer Wegwerfflasche das Konterfei des irischen Schriftstellers William Butler Yeats an. Der arme Mann wirbt nun posthum unfreiwillig mit seinem guten Namen für irisches Wasser und eine Mogelpackung. Über seinem Haupt prangen die Worte: Fully Reycycable. Gemeint ist nicht der lange schon tote Literat, sondern die Flasche. Die Botschaft: Hau das Ding mit gutem Gewissen in die Tonne. Dass Tetrapack ein nur schwer zu recycelnder Verbundstoff ist, der schlechter als reines Plastik zurück in den Konsumkreislauf zu holen ist, war den Grünwäschern von Yeats-Wasser offensichtlich völlig egal. Sie hängen sich das grüne Mäntelchen auf der wenig grünen Grünen Insel um und kommen damit bislang durch. Für viele Plastikflaschen gibt es in Irland seit Februar 2024 wenigstens ein Pfandsystem, was allerdings an der Malaise der Plastikberge wenig ändern wird. Für Tetrapacks wie für Plastikflaschen gibt es keine wirklich gute Lösung – außer der, sie zu meiden. Die Hierarchie der guten Lösungen: Reduzieren-Reparieren-Recyceln – sie bleibt wie zumeist unberücksichtigt. Niemand muss sparen, niemand sich einschränken. Müllvermeidung? Ein durch und durch konsumschädliches Verhalten. Wo kämen wir hin, wenn unsere Konsumfreiheit eingeschränkt würde – möglicherweise sogar von einem übergriffigen Obrigkeits-Staat?

Als ich im Jahr 1979 das erste Mal durch das ländliche Irland reiste, fielen mir neben der grandiosen Landschaft vor allem drei Dinge auf: Die Neigung der Einheimischen, sich in bunten, teils grellen Farben zu kleiden, die Nicht-Existenz von Reklame in den Dörfern und die fast völlige Abwesenheit von Plastik. Die Müllhaufen, oft direkt hinter dem Haus in Wurfweite zum Küchenfenster angelegt, bestanden vor allem aus Glas, Konservendosen und organischen Abfällen. Heute dominiert Plastik den Müllberg. Irland ist eines der Länder in Europa mit dem höchsten Plastikverbrauch pro Kopf, mit einer Plastik-verrückten Lebensmittel- und Verpackungsindustrie, mit riesigen Plastikmüllbergen, mit Plastik-verschmutzten Stränden und Gewässern und einer weitgehend ungelösten Müllentsorgung. Irland ertrinkt in Plastikmüll – auch wenn der Plastiktaschen-Verbrauch symbolmächtig stark eingeschränkt wurde.

Irland gehört zu den Ländern in der Europäischen Union, die am meisten Plastikmüll pro Kopf produzieren. Im Jahr 2020 betrug der Plastikmüll hier 61 Kilogramm pro Person, was fast doppelt so viel war wie der EU-Durchschnitt von 34 Kilogramm pro Person. Diese hohe Menge sicherte Irland die Top-Position der Plastikvermüller in der EU.  Schlimmer noch: Das Inselland hat eine der niedrigsten Recyclingquoten für Plastik in der EU. Im Jahr 2020 wurden weniger als ein Drittel des Plastikmülls irgendeinem „Recycling“-Verfahren zugeführt (Verbrennen nennt man dabei übrigens im Neusprech thermisches Recycling), was Irland im EU-Vergleich ganz schlecht dastehen lässt. Nur wenige Länder haben noch schlechtere Recyclingquoten.

 

 

Seit 15 Jahren rufen wir einmal im Jahr die Nachbarn zusammen und reinigen die lokalen Strände. Wir hatten diese Praxis im Kampf gegen den massenhaften Plastikmüll der heimischen Muschelindustrie begonnen. Heute dominiert an den verschmutzten Stränden der Hausmüll. Wir sammeln den Plastikmüll ein, den andere Menschen säckeweise ins Meer werfen, weil sie es noch immer als ihre kostenlose Müllkippe betrachten. Mittlerweile gibt es auch in Irland Organisationen und Firmen, die die Nützlichkeit von grünen Mäntelchen und Grünfärberei erkannt haben und zu nationalen Strandputzwochen aufrufen. Ich habe unsere Bürgerinitiative in diesem Herbst spaßhalber für den Big Beach Clean 2024 von An Taisce angemeldet, der vom Autohersteller KIA (!) gesponsert wird. Gestern kam ein Karton mit sogenannten Hilfmitteln an, und beim Öffnen wurde schnell klar: Diese Organisationen sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Sie bekämpfen Plastik mit noch mehr Plastik. Im Karton: Sammelsäcke aus Plastik, Handschuhe aus Plastik in Plastikhüllen, orangefarbene Sicherheitswesten aus Plastik, Müllgreifer aus Plastik (und Blech). Nur die Bleistifte und Sammelprotokolle waren aus Holz und Papier.

Plastik ist überall – selbst in unseren Hirnen, Hoden und Eierstöcken

Ende August fand am University College in Dublin eine dreitägige internationale Expertenkonferenz statt, die sich wissenschaftlich dem Zusammenhang von Mikroplastik, Nanoplastik und menschlicher Gesundheit widmete. Meine Co-Autorin Eliane Zimmerman nahm an der Konferenz teil und nannte die Ergebnisse „absolut erschreckend“, das Problem der Plastikverschmutzung immens und die Bedrohung für die menschliche Gesundheit gravierender als der Klimawandel. Die kleinen Plastik-Partikel befinden sich längst überall: Auf dem höchsten Berg der Welt und im tiefsten Meeresgraben, in den Fischen, den Fleischtieren, in unseren Körpern – ja in unseren Hirnen und selbst in unseren Eierstöcken und Hoden. Die Menschheit, so sieht es aus, richtet sich gerade auch in dieser Disziplin selber zugrunde – was keine neue Nachricht ist.

Vermeiden, reduzieren (wieder verwenden) und reparieren. Das sind in unserer Wegwerfgesellschaft Fremdworte geworden. Und doch ist die Vermeidung von Plastik die wirksamste Strategie gegen die rapide wachsenden Plastikmüllberge. Was können wir als Einzelne tun, außer vergeblich auf eine uns schützende Politik zu warten, die der Wirtschaft die entscheidenden Riegel vorschieben würde?  Eliane Zimmermann schreibt zur Plastik-Krise:

 

„Wir alle sind wohl mit einem Märchen groß geworden und dem Schwindel erlegen, dass Kunststoffgegenstände stabil seien, zuverlässig dicht und integer – angeblich genau wie Glas, Edelstahl oder Porzellan. Doch Plastik verändert sich, gibt ständig Bestandteile an Haut und Umwelt ab, reagiert mit anderen Substanzen, interagiert mit UV-Licht (der Sonne). Auf der besagten Mikroplastik-Konferenz an der Uni Dublin wurde sehr detailliert von Dutzenden von Experten aus aller Welt erklärt, was die nur mit neuesten Methoden sichtbar zu machenden Plastikpartikel im menschlichen (und tierischen) Körper anrichten können.

Tiere, die vom Menschen verzehrt werden, bekommen Fischmehl als Futter (Hühner, Lachs, Kühe, Schweine etc). Hühner und ihre Eier sind bekannt für ihren Beigeschmack nach Fisch, wenn übertrieben damit gefüttert wurde. Felder mit Gemüse werden mit der “Schlacke” von Ställen und auch von Kläranlagen “gedüngt”, Nanoplastik ist darum inzwischen überall drin, auch vegetarisch und pflanzenbasiert lebende Menschen kommen nicht drumherum.

Nun sagen viele Menschen – irgendwie oft scherzhaft bis zynisch: “An irgendwas muss man ja sterben”. Doch leider findet vor diesem Ende des Lebens oft eine schreckliche Leidenszeit statt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, u.a. durch Blutgerinnsel, in denen inzwischen auch schon Plastikpartikel gefunden wurden, und Tumorerkrankungen, sicherlich gefördert durch die Weichmacher, die zuverlässig als “Hormonveränderer” wirken, sind inzwischen an der Tagesordnung. 

Zudem zeigen erste Erkenntnisse, dass die winzigen Plastikpartikel unser Immunsystem immer mehr durcheinander bringen. Unsere Abwehr wird also immer mehr geschwächt werden, wie Forscherin Berit Granum auf der Konferenz in Dublin erläuterte (Mapping Human Immune Responses to Micro- and Nanoplastics). Cezmi Akdis von der Uni Zürich berichtete ergänzend, dass die Schädigung der Epithel-Barrieren durch Mikroplastik (es wirkt wie Sandpapier auf unsere äußere Haut und auf die “inneren Häute”) zu chronischen (oft unerkannten) Entzündungen führt.

Jede einzelne Plastikflasche (meistens PET: Polyethylene Terephthalate) “Trinkwasser” und Limo kann uns mit bis zu 240.000 Partikelchen Kunststoff verseuchen, unvorstellbar die Menge bei Menschen wie hier in Irland in den Städten, die ausschließlich stinkendes “Schwimmbadwasser” aus ihrem Wasserhahn bekommen, voll mit Chlor und leider sogar auch mit Fluorid. Die Alternative, Getränke zu kaufen, birgt vielleicht noch schlimmere Gefahren: Jede Limo, jede Cola, jeder Iced-Tea etc, überall sind diese Partikel enthalten.

Wir können bestimmte Kunststoff-Belastungen nicht mehr umgehen, sei es in unseren Fahrzeugen, in denen so ziemlich alles aus Kunststoffen gestaltet ist, bei medizinischen Untersuchungen und Behandlungen, bei Garten- und anderen Werkzeugen, und so vielem mehr im modernen Alltag. Doch wir können bei jeder Bestellung, bei jedem geplanten Einkauf kurz reflektieren, ob es zu dem gewünschten Produkt eine Alternative ohne oder mit weniger Kunststoff gibt, beispielsweise gibt es Schraubendreher mit Plastik- oder mit Holzgriffen. Es gibt Deos in Plastik- und in Glasflaschen. Wir können mit den genannten Apps nachschauen, welche Nahrungsmittel “verseucht” sind, um beim Einkaufen können wir uns immer wieder aufs Neue gegen unnötiges Plastik zumindest bei den Verpackungen entscheiden.“  Hier geht es zum kompletten, sehr lesenswerten Beitrag von Eliane.

 

Irland Plastikmuell

Plastikmüll – traurige Ausbeute einer Strandreinigung vor einigen Jahren am irischen Atlantik. Inzwischen überwiegt der Hausmüll im Meer.

 

Die Insel-Iren nennen ihre ausgewanderten Verwandten in Amerika oder Australien gerne geringschätzig Plastic Paddys, um deren authentische irische Identität in Zweifel zu ziehen – doch leben die wahren Plastic Paddys nicht hier auf der Grünen Insel?: Sie sind immerhin Weltmeister im Plastikkonsum und im Produzieren von Plastikmüll, Tabellenletzer der Bezirksliga, wenn es um das Recycling geht, blutige Anfänger bei der Müllvermeidung. Doch wir wollen nicht in die Wir-und sie-Falle tappen und nicht so tun, als machten wir es besser und seien „die Guten“: Zu den gigantischen Plastikmüllbergen Irlands tragen natürlich auch die hier lebenden Deutschen, die Polen, Ukrainer und Engländer massiv bei – um ein paar Nationalitäten beispielhaft zu nennen.

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In Deutschland, in Österreich oder in der Schweiz haben schon viele Menschen das Experiment gewagt und eine bestimmte Zeit auf den Kauf von plastikverpackten Produkten verzichtet. Mittlerweile gibt es dort zumindest eine ansehnliche Zahl von Unverpackt-Shops, die diese Übungen etwas leichter machen.  Wenn ich hier in unserer Wahlheimat auf dem Land in Irland einkaufe und auf Plastikverpackungen verzichte, steuere ich wohl schnell auf eine existentielle Krise zu: Die Plastikverpackung ist hier omnipräsent. Ich will das Experiment dennoch wagen und im kommenden Winter drei Monate bewusst plastikarm einkaufen – und hier auf Irlandnews über meine Erfahrungen berichten – dies auch in englischer Sprache.

Ein paar Tipps zur “schmerzfreien” Neuorientierung

Da wir uns schon lange Gedanken über das Riesen-Problem Plastik machen, hier ein paar Tipps aus eigener Erfahrung von Eliane Zimmermann, wie wir Plastik im Alltag vermeiden oder reduzieren können. Sie hat diese Anregungen unter die Überschrifft gestellt: Ein paar Tipps zur “schmerzfreien” Neuorientierung – in vielen Fällen ohne Einbuße von Lebensqualität:

  1. Bei Küchengefäßen, Kochgeschirr und Essgeschirr und auch bei Küchenwerkzeugen gibt es fast in jedem Fall Alternativen aus Glas, Emaille (eingebrannte Glasbeschichtung), Gusseisen, Porzellan, Keramik, hochwertigem Edelstahl und/oder sogar Holz (Salatschüssel, Salatbesteck, Eierbecher, Brotkorb etc).

  2. Ab sofort keinerlei Teflon- und ähnlich beschichtete Pfannen mehr verwenden (beschichtet mit “ewigen Chemikalien”, also PFAS). Ich verwende deswegen seit vielen Jahren emaillierte Pfannen von Riess (brate allerdings niemals mit extrem hohen Temperaturen und vorwiegend mit Oliven- und Sesamöl sowie mit VCO Kokosfett, nach einer kurzen “Einarbeitungsphase” brennt fast nichts mehr an. Viele Menschen gönnen sich horrend teure Kaffeemaschinen, vielleicht ist dann auch ein hochwertiger Kochtopf wie beispielsweise von Le Creuset drin (mit Lebensgarantie)…

  3. Schneidebretter niemals aus Kunststoff verwenden (man schneidet ja logischerweise immer Partikel ab), lieber aus hochwertigem Holz und/oder Glas verwenden. Messergriffe möglichst aus Holz oder wenigstens aus sehr hochwertigem Plastik, nicht aus weichen klebrig werdenden Kunststoffen. Putzschwämme, Spülbürsten, Spültücher geben bei jeder Spül- und Putzaktion massenweise Plastikteilchen ins Wasser ab, es gibt hervorragende Alternativen aus Luffa, Kokosfaser, Baumwolle etc, beispielsweise bei Waschbär. Oder auch bei Etsy, von kreativen Menschen wunderschön gestrickt.

  4. Niemals normale Klarsichtfolie (voller hormonwirksamer Phthalate) oder Backpapier (beschichtet mit “ewigen Chemikalien”) verwenden! Essenreste mit Schraubdeckeln, Tellern, Bienenwachstüchern abdecken (Reste können auch in ausgewaschene Konfitürengläsern aufbewahrt werden). Back- und Auflaufformen mit Butter oder Öl einstreichen. Käse und Wurst sollte möglichst niemals in diesen “elastisch-transparenten” Plastikverpackungen gekauft werden, denn auch diese sind voll gepackt mit den unterschiedlichsten Phthalaten (Weichmachern), welche eine “magische” Anziehungskraft auf Fette ausüben.

  5. Becher und Flaschen für Unterwegs aus Glas oder hochwertigem Edelstahl mitnehmen (Coffee to Go-Becher sind fast immer mit “ewigen Chemikalien” beschichtet, ebenso wie Mitnahme-Packungen für gekochte, warme Speisen)

  6. Babygeschirr (Fläschchen, Sauger, Besteck, Teller, Schüssel) aus Glas, Porzellan, hochwertigem Edelstahl oder notfalls aus hochwertigem Silikon, Baby-Löffelchen aus Horn (zB bei Hans Natur), Sauger aus Naturkautschuk (notfalls aus Polypropylen [PP] ohne schädliche Weichmacher)

  7. Als Haushaltsreiniger möglichst hauptsächlich Natron (Soda), Essig(Essenz), Spiritus, Kalziumkarbonat (zum Scheuern) einsetzen, auf Düfte müssen wir Aroma-Leute noch nichtmal verzichten, beispielsweise Litsea kann uns den wohltuend-sauberen “Zitronenduft” liefern, Nadelöle passen gut in Bäder. Infos und super einfach Rezeptideen gibt es beispielsweise bei Sonnentor und bei Smarticular, eine inspirierende Broschüre zum Download gibt es bei Zero Waste Switzerland.

  8. Bei Kleidung auf hohe und haltbare Naturqualität achten (ich weiß, kurzlebige Mode ist attraktiver), es gibt inzwischen viele wirklich attraktive Anbieter mit sehr unterschiedlichen Preismodellen, so dass (fast) für jeden Geldbeutel und Geschmack etwas dabei sein dürfte. Wäsche aus Merinowolle (mit Garantie, dass den Lämmern nicht das Schwänzchen und die Haut drumherum am lebendigen Leib abgeschnitten wurde = Mulesing-frei) spart enorm an Wasser und Waschmitteln, denn das meiste kann etliche Tage getragen werden und durch 1-2 Tage Lüften wieder frisch gemacht werden. Weniger ist mehr (und gleichzeitig besser für die Haut). Dies gilt auch für natürliche Bettwäsche. Weichspüler sind eine der überflüssigsten Erfindungen (und wohl wie einige Geschirrspülmittel mit Flüssigplastik versetzt), zudem sind die intensiven Parfümstoffe auf wochenlange Haltbarkeit konzipiert, so dass sie auch noch Flüsse und Fische mit ihren aufdringlichen Gerüchen belästigen. Infos zu Plastik aus Mikrofaser-Kleidung in dieser Download-Broschüre des B.U.N.D.

  9. Faserpelz-Mode boykottieren (Mikrofaser-Kleidung und Mikrofaser-Bettwäsche)! In jedem Waschgang gelangen (abhängig von der Textilart) bis zu 3.000 Fasern pro Waschgang ins Wasser, oft sind die Partikel zu klein, um in Kläranlagen herausgefiltert zu werden (wie übrigens auch Hormonmedikamente wie die “Pille” und auch wie Tumormedikamente). In einer Studie wurde gereinigtes Abwasser von 12 Kläranlagen in Deutschland untersucht: Synthetische Fasern konnten in allen Proben nachgewiesen werden. Die Fasern bestanden aus Polyester (ca. 74 %), Polyamid (ca. 17 %) und Polypropylen (ca. 9 %), es wurde eine Freisetzung von synthetischen Fasern zwischen 30 Millionen und 3 Milliarden pro Jahr berechnet (wohl nur für einen kleinen Teils Deutschlands berechnet). Kleidung und Schuhe “aus recycelten Flaschen und anderem Meeresmüll” sind übrigens kein bisschen besser (und nur eine Marketing-Masche)! Deren Fasern gelangen doch genau so ins Abwasser, was für eine Augenwischerei! Alles Schuhwerk mit elastisch-schaumigen und druckweichen Innen- und Außensohlen möglichst meiden oder niemals barfuß tragen (insbesondere die meisten Flipflops und sommerliche “Leichtschuhe”).

  10. Kosmetik – freilich auch Naturkosmetik – ist inzwischen fast immer in Kunststoff verpackt, denn wir Bürger sind doch ach so blöd und schneiden uns ständig lebensgefährlich mit Scherben von herunter fallenden Schönheits- und Pflegeprodukten. In diesem Bereich kann nur versucht werden zu reduzieren, selbst zu machen, beispielsweise ein Deo im Handumdrehen und/oder ein schnell gemachtes Zahnpulver. Viele Produkte haben Mehrfachfunktionen, also sollten wir uns nicht von der Gehirnwäsche der Industrie verleiten lassen, für jeden Körperteil ein eigenes Produkt zu kaufen. Herkömmliche Seife statt Hand- und Duschgels, feste Shampoos oder als Pulver in der Hand mit Wasser angerührt, Cremes in Glastiegeln, Schminkstifte aus Holz etc. Prioritäten setzen! Der B.U.N.D.-Einkaufsratgeber klärt über Plastik in Kosmetik (August 2019) auf und listet erschreckend viele Produkte aus, die das Zeug – zumindest vor einigen Jahren – enthielten.

  11. Kinderspielzeug, insbesondere in der Phase, in der alles in den Mund genommen wird, niemals aus Plastik verwenden. Mit Lebensmittelfarben bemaltes Hartholz, Kochlöffel etc sind oft beliebt, je nach Alter auch Kartons, Tücher, Stoff (-tiere und Puppen), sichere Holz- und Metallautos etc. Elastisch-schaumig-anschmiegsame und druckweiche Spielzeuge und Umhüllungen meiden, genau diese sind voller Phthalate!

  12. Plastikluftballons als Zahlen zu Geburtstagen und Jubiläen, was für eine saublöde und überflüssige Erfindung, die gerade mal Freude für wenige Minuten macht! Insbesondere bei Kindergeburtstagen könnte mal drüber nachgedacht werden, wie viel Müll durch diese mehr als kurzlebige Deko “weltweit” (also in den reichen Ländern”) produziert wird, die Welt wird durch sowas immer untauglicher für die kommenden Generationen. Ich verweise auch in diesem Fall gerne auf Etsy und die vielen kreativen Personen, die selbst gemachte Deko aus Stoff, Papier, Holz etc meistens zu sehr vernünftigen Preisen anbieten.

  13. Kassenzettel (Thermopapier) sind trotz des Verbotes in der EU oft immer noch mit hoch giftigem Bisphenol A beschichtet, inzwischen werden ähnliche Gifte für das Drucken eingesetzt wie Bisphenol S (BPS, wie BPA Hormon-wirksam), Infos dazu bei Geo. Also nach dem Anfassen nicht Haut und Schleimhäute berühren (vor allem die entsprechenden Finger nicht in den Mund nehmen) und möglichst bald Hände mit Seife waschen.

  14. Beim Sport möglichst keine “elastisch-schaumigen” Plastikgriffe (haha, gibt es sowas noch?), keine Yoga-Gymnastik-Matten aus Kunststoff verwenden (diese sind für ihren toxischen Gestank bekannt), Alternativen gibt es aus Filz, Woll- und Baumwoll-Plüsch, diversen Stoffqualitäten (freilich nicht für wenige Euro). Keile und Klötze gibt es aus Kork, Seile und Bänder aus Naturfasern. Sportschuhe sind übrigens eine ganz besonders üble Quelle von ganz besonders schlimmen Plastikarten. Auch die diversen “Schlappen” aus aufgeschäumtem Kunststoff. Unsere Füße sollen durch die vielen Porenöffnungen besonders empfindlich dafür sein, also tendenziell viel davon aufnehmen, möglichst niemals ohne gute, dichte Socken aus Naturmaterialien tragen.

  15. Handtaschen und Reisetaschen möglichst nicht aus Polyurethan (PU) kaufen, es gibt viele sehr ästhetische Alternativen aus Fruchtleder, Tierleder, Papierleder, Leinen, Wollfilz etc. Lieber nur einige wenige davon besitzen, dafür jedoch in nachhaltiger Qualität, also gut zur Gesundheit und zur Erde. Nicht jede(r) kann und will sich die Produkte von Manufactum leisten, vielleicht unterstützt man/frau jedoch eine der vielen Selbermacherinnen auf Etsy.

  16. Die neue Mode der preiswerten Outdoor-Teppiche bringt zusätzlich Plastikdämpfe uns abgetragene Partikel ins Leben. Wie wäre es mit Boden-Deko aus Sisal, Jute oder Kokosfasern? (nein hält nicht ewig, aber genau das wäre ja der Sinn, dass wir es nicht noch mit einer weiteren “Ewigkeitschemikalie” zu tun haben). Das gilt ebenso für Türmatten und ganz besonders für “Kinderteppiche” als Puzzleteile und mit bedruckten Straßen, oft stinken diese beiden Varianten bereits von Weitem. Und darf sollen Kinder monatelang, wenn nicht sogar jahrelang krabbelnd und sitzend spielen? Ist das wirklich der Ernst der Hersteller (und der Eltern)???

  17. Kinder mit plastikfreien Wachs- und Buntstiften malen lassen, allenfalls mit Faserstiften, die mit Wasser aktiviert werden. Ebenso bei Knete und anderen Bastelmaterialien auf möglichst wenig Plastik achten.

  18. Im Innenbereich auf Ausdünstungen achten, Produkte mit starken Gerüchen meiden, beispielsweise Bio-Matratzen und Naturkissen kaufen (oder wenigstens verlässlich auf Schadstoffe geprüfte Matratzen achten), denn darauf verbringen nicht nur Babys und Kleinkinder einen Großteil ihres Lebens. PVC ist inzwischen in fast allen Fußböden enthalten, ob in modernen “Linoleumböden” oder als Schutzschicht auf Laminatböden (Polyvinylchlorid, ein extrem weit verbreitetes thermoplastisches Polymer, es ist nicht biologisch abbaubar und setzt bei der Verbrennung schädliche Chemikalien frei, die in Weich-PVC verwendeten Weichmacher setzen während ihrer Lebensdauer giftige Dämpfe frei). Böden, Wände, Dächer und neu eingebaute Fenster werden mit “Styropor” gedämmt, auch diese Polystyrole können ein großes gesundheitliches Problem darstellen.

  19. Immer eine (faltbare) Einkaufstasche dabei haben, auch 2-3 Netzbeutel aus Stoff für loses Obst und Gemüse. Man spart zwar vielleicht nur einzelne Plastiktüten ein, doch angenommen jeder verringert seinen Plastiktüten-Verbrauch nur um 10-20 Tüten pro Jahr, was damit in einem großen Land bereits für eine deutliche Verringerung an kurzlebigem Kunststoffen möglich wäre! Pizza und andere warme Gerichte zum Mitnehmen idealerweise in mitgebrachten Glasbehältern transportieren, der eigenen Gesundheit zuliebe, weil inzwischen die meistens To-go-Kartons mit ewigen Chemikalien beschichtet sind.

  20. Last not least: Beim Einkauf immer kurz innehalten, ob es das in diesem Moment benötigte oder gewünschte Produkt nicht auch in einer Ausführung OHNE oder mit WENIGER Kunststoff gibt. Diese winzige Achtsamkeitsübung mag einige Wochen dauern, doch kann kostet sie kaum noch Extra-Zeit. Ich hoffe, meine eigenen Erfahrungen können dich inspirieren, an einigen Stellen des Alltags auch unnötigen Kunststoff zu vermeiden.

 

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Was sind Eure Ideen und Erfahrungen, wenn es um Plastik-Vermeidung geht? Müssen wie das wirlich ernst nehmen, oder reicht es für uns schon noch – auch mit hunderttausenden Mikropartikeln im Körper? Ich werde demnächst auf dem europäischen Kontinent anschauen, welche Fortschritte es dort inzwischen gibt. Hier auf Irlandnews komme ich später mit einem winterlichen Dreimonats-Experiment auf das Thema Plastik, Naturkrise, und menschliche Gesundheit zurück. Und jetzt gehts hinaus mit den Nachbarn zum Herbst-Strandputz 2024 an unserer herrlichen Küste in der Bantry Bay: Wir sammeln den Müll wieder ein, den andere weggeworfen haben . . .

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Alle Fotos: Markus Bäuchle