Licht und Schatten. Kieran der Osteopath sagt, es sei das Licht hier im Südwesten Irlands, das die Menschen tief im Inneren berührt — und das in ihnen reflektiert und aus ihnen leuchtet. Das sei die Spiritualität des Ortes. Einen anderen Mann hörte ich sagen, hier am Atlantik könne man mit den Augen begreifen, wie dünn die Schicht zwischen den Welten ist.
Samhain, Halloween, Allerheiligen. In unserer Reise durch die Zeit erreichen wir jetzt wieder den dunklen Pol des Jahres, die Halb-Etappe zwischen Tagundnachtgleiche und Wintersonnenwende. Nun werden die Schleier zwischen dieser Welt und der Anderswelt besonders dünn. Die Kelten und deren Nachfolger nennen dies die dünne Zeit (thin time), in der die Grenzen zwischen den Reichen der Lebenden und der Toten für kurze Zeit offen stehen. Manche Menschen fürchten sich in dieser dünnen Zeit und bleiben lieber zuhause, andere feiern die schrille US-Version des alten Totenkults mit Getöse, wieder andere öffnen ihre Sinne weit und tief und schauen durch den Schleier.
Neben der dünnen Zeit gibt es die dünnen Orte, an denen wir uns mit unseren Vorfahren und dem Göttlichen verbinden können, wenn Erinnerung und Gegenwart in eins fallen. Eric Weiner hat das Phänomen der thin places in der New York Times ausführlich beschrieben. Hier der Link zum Artikel.
Es ist viel gestritten worden über den Zusammenhang oder Nicht-Zusammenhang des keltischen Samhain und des christlichen Allerheiligen. Es ist am Ende unbedeutend. Ohne christlich zu sein, gefällt mir der spirituelle Bogen, den die Pfarrerin Clare Novak aus Incline, einer Gemeinde am Lake Tahoe in Nevada, in einer Predigt zum 1. November zwischen den Religionen und Kulturen schlug:
“Today, November 1, All Saints’ Day, we are halfway between the autumn equinox and the winter solstice. Entering a time of darkness in which the ancient Celts believed new life began. This time marked an important transition, their new year, a celebration called Samhain, when all fires were extinguished, then relit; when spirits of the dead could return to earth; when souls of the thankful departed could bestow blessings. In Celtic spirituality, this was a “thin time,” an extraordinary moment when the veil between the Otherworld and Earth was open.
The Celts also believed in “thin places,” where the distance between heaven and earth collapses, where we are “jolted out of old ways of seeing the world.” In his recent New York Times article, Eric Weiner explores this concept for the modern traveler: “Heaven and earth, the Celtic saying goes, are only three feet apart, but in thin places that distance is even shorter. . . . So what exactly makes a place thin? It’s easier to say what a thin place is not. A thin place is not necessarily a tranquil place, or a fun one, or even a beautiful one, though it may be all of those things too. Disney World is not a thin place. Nor is Cancún. Thin places relax us, yes, but they also transform us—or, more accurately, unmask us. In thin places, we become our more essential selves.”
It is no accident that our holy day of remembrance for the faithful departed falls in this “thin time.” The date for All Saints’ Day was shifted to November 1st back in the 9th century, part of the ongoing meld of Christianity with other spiritual traditions. As followers of Jesus, we also claim this day as a “thin place,” where in remembering the dead, we come closer to our essential selves.
For if we step out of our “thick” place of everyday life; if we allow ourselves to touch the pain of having lost loved ones to death; if we pause to reconnect with their lives and their meaning; if we empty out and enter a place of sacred silence, we are no longer “of the world,” as Jesus said.
In the space of silence, we move farther away from earthly things. In the space of remembrance, we move closer to those who died in glory and to those who “perished as though they had never existed.” We move our consciousness closer to the meek, and those who mourn, and those who are poor in spirit. For Jesus tells us, “theirs is the kingdom of heaven.”
In our “thin place” in this Chapel today, surrounded by beautiful images of Celtic art; in our “thin time,” open to the souls of all departed; I invite you to lift the veil of your ordinary preoccupations. To enter into extended sacred silence in our Prayers of the People. To experience there, in disorienting quiet, the peace of those who have gone before us and the blessing of the kingdom of heaven within us. Where new life begins. Amen.“
Fotos: Markus Bäuchle
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Dieses Samhain wird etwas Besonderes. Es ist am 31.10. nicht nur der zweite Vollmond im Oktober. Die Sonne steht im Skorpion, in der Welt der Vorfahren, und geleitet uns in die dunklen, kalten Zeiten des Jahres. Ihr gegenüber steht der Mond im Stier, in der sinnlichen, materiellen Welt der Lebenden. Werden zu Samhain schon immer die Grenzen zwischen diesen beiden Welten aufgehoben, ist es in diesem seltsamen Jahr noch intensiver.
In der westafrikanischen Yoruba-Tradition handeln die Verstorbenen als Heiler/innen für die Lebenden. Sie kommen, wenn sich nun die Schleier zwischen den Welten heben, und heilen uns. Sie kommen in Träumen und heilen uns im Schlaf. Sie lassen uns anderen Menschen begegnen, die uns heilen.
Und noch dazu steht der Stier-Vollmond in Konjunktion mit dem Befreier-Planeten Uranus, der die Dinge aufrührt, den Körper unter Strom setzt und den plötzlichen Wandel bringt. Diese Tage können zu einer Zeit tiefschürfender Veränderungen werden und eine deutliche Verschiebung der Energien bringen. Besonders, wenn man Planeten im Stier, im Löwen, im Skorpion oder im Wassermann um 8 Grad herum hat. In den nächsten zwei Wochen werden Mars und Merkur auch wieder direktläufig, werden die neuen Energien aufnehmen und vielleicht viel Schwung in die Sache bringen.
Veränderung liegt in der Luft. Wir können uns jetzt gleichzeitig gut verankern und vom Wind des Neuen tragen lassen. Darauf vertrauen, dass alles auf die bestmögliche Weise ausgehen wird, egal, wie es jetzt gerade aussieht. Die Alten werden uns helfen, wir achten auf ihre Führung, auf besondere Botschaften in der Natur und in Träumen. Es kann Heilung geschehen.
Vielen Dank für die schöne Aktualisierung, liebe Nicola!
My pleasure :-)
In der alten brehonisch-gälischen Zeit war die Zeit um den 31. Oktober auch die Zeit, die Steuern bzw. die Abgaben an den Lehensherrn zu zahlen und alte Schulden zu begleichen – wohl damit jeder sich nun in Ruhe in den Winterschlaf begegeben kann.
Das hat sich im modernen Irland irgendwie fortgesetzt: 1. November ist offizieller Stichtag zum Steuerzahlen, im Oktober wird das neue Budget vorgestellt und bei mir ist es auch noch die Zeit, wo Haus- und Autoversicherung fällig werden (murksgrummelmistscheiß).
Eine ältere Legende sagt, dass wenn am 1. November nicht alle Schulden (auch moralische) beglichen sind, werden in der Nacht zum 2. November die Geister aus der Anderwelt kommen und die irgnoranten Schuldner piesacken.
Menschen, die in dieser Nacht zum 2. November (Allerseelen) geboren werden, sind Inkarnationen dieser Geister und werden all jene, die nicht zu ihrer Schuld stehen und sie begleichen, und all jene, die ihnen jemals Unrecht getan haben, ins Unglück stürzen.
Be afraid, be very afraid … ich bin in einer solchen Nacht geboren …
Yours
Scary Petra
Und Happy Halloween! :-)