Der Morgen nach Sturm Barra. In der Bucht vor unserem Fenster parken noch immer um die 15 Schiffe. Sie suchten gestern Schutz vor den meterhohen Wellen im offenen Atlantik und zogen sich rechtzeitig in die innere Bantry Bay zwischen dem Sheeps Head und der Beara Peninsula zurück. Vor der Südwestküste Irlands, am Fastnet Rock-Lighthouse wurden gestern morgen die stärksten Windböen gemessen, die Barra zu bieten hatte: 159 Stundenkilometer. Zwei Videos von Wartungsarbeitern, die das tosende Meer vom 50 Meter hohen Laternengehäuse des Fastnet Rock Leuchtturms filmten, waren die Hingucker in den Online-Medien.

 

Sturm Barra

Zahlreiche Schiffe suchten gestern Schutz vor dem Sturm in der inneren Bucht zwischen Sheeps Head und Beara Peninsula

 

Wir sind gut durch den Sturm gekommen. Auch an Land galt Warnstufe Rot. Gefahr für Leib, Leben und Besitz. Die Menschen im Südwesten waren aufgefordert in ihren Häusern zu bleiben. Schulen,. Postämter, Behörden, Impf- und Testzentren blieben geschlossen, Flüge und Busverbindungen fielen aus, während der Sturm Bäume entwurzelte, 28 Häuser im nahe gelegenen Städtchen Bantry flutete und in der Stadt Cork vereinzelt für nasse Füße sorgte. Dachziegel flogen im Wettstreit mit Trampolins, Ästen und Mülltonnen. Einige zehntausend Haushalte mussten mit Stromausfall und verschmutztem Trinkwasser klar kommen. Die ganz große Wucht entwickelte Sturm Barra freundlicherweise nicht. Die wichtigste Nachricht: Menschen kamen offensichtlich nicht zu Schaden.

Hier im Südwesten war der Sturm bereits gestern Abend vorbei. Heute fegt Barra noch über den Nordwesten der Insel und abgeschwächt Richtung Osten. Auch der Kontinent dürfte demnächst Barras Winde spüren, wenn dieser sich in Harry umbenannt hat. Die Schulen auf der Insel bleiben derweil in 12 Grafschaften, auch in den Counties Cork und Kerry am heutigen Mittwoch noch geschlossen. Die Behörden rechnen auf Grund hoher Wellen und hoher Pegelstände vor allem an der Küste mit Überflutungen.

 

Sturm Barra

So prognostiziert Windy.com das Wetter heute morgen: Sturm-Druck auf die Nordwestküste Irlands

 

Medialer Sturm: Der Umgang mit dem Wetter hat sich in Irland in den letzten zehn Jahren verändert. Sensibilisierung, Empfindlichkeit und mediale Aufmerksamkeit haben drastisch zugenommen. In Zeiten, da Geschädigte den amtlichen Wetterdiensten schon mal Schadensersatzklagen wegen falscher Prognosen oder ausgebliebener Warnungen androhen, da Health & Safety-Prozeduren das Leben regulieren und dominieren, da die gefräßigen Online-Medien rund um die Uhr nach Nachrichten-Futter verlangen, in diesen Zeiten wird jedes potentielle Wetter ausgiebig, vielstimmig und omnipräsent angekündigt, interpretiert, präsentiert und nachbereitet. Kein wichtiges Medium mehr ohne Sturm-Liveticker, kein News-Kanal ohne eigene Sturm-Berichterstattung. Hunderttausende Smartphones füttern die sozialen Medien und die Newskanäle. Schon warten wir auf Corrie und Dudley . . .

Fazit: Barra war ein beeindruckender Sturm – und vor allem ein beeindruckendes Medien-Ereignis. Mit den heftigen Orkanen der letzten Jahrzehnte (hier eine Übersicht) konnte er zum Glück nicht mit halten; und was eine Weather Bomb (Wetter-Bombe) ist, wie Met Eireann Barra martialisch und in bestem Marketing-Sprech ankündigte, muss noch geklärt werden . . .