Die Wintersturm-Saison am irischen Atlantik geht ihrem Ende entgegen. Am Wochenende hatte Kathleen einen furiosen Auftritt. Das riesige Sturmtief über dem Nordatlantik kündigte Irlands Wetterbehörde Met Éireann mit einer Warnung der Farbe Orange an:  Winde um die 80 km/h mit Böen bis zu 130 km/h und einem Sturm der Stärke 10 draußen auf dem Meer. Die Warnung Orange deutete auf “selten vorkommende, gefährliche Wetterbedingungen hin, die eine Gefahr für Leben und Besitz mit sich führen können”. Es kam nicht so schlimm – und doch türmten sich an der Küste imponierende Wellenfronten auf, wie ich sie in unserer Wahlheimat West Cork bislang nicht gesehen hatte. Der Sturm auf dem Atlantik war demnach massiv, kam aber an Land nur geschwächt an. Wir waren am Threecastle Head unterwegs und filmten das tosende und tobende Meer in der Dunlough Bay. Genießen Sie die Videosequenz, die Lorenzo Lardelli am Samstag um die Mittagszeit aufgenommen hat: Die tanzenden Wellen am Mizen (oben. Zum Vergrößern in das Viereck am unteren Bildrand rechts klicken).

Sturm Irland

Wir waren vorbereitet, das Land war vorbereitet, als Kathleen am Samstagmorgen nahte. Sie war der elfte Sturm dieser Saison, die im vergangenen September mit Agnes und Babet begonnen hatte. Neben irischen Namen wie Ciarán und Fergus fanden sich aufgrund der Kooperation mit den Wetterdiensten Großbritanniens und der Niederlande in der 21-er Liste auch englische und holländische Namen wie Lilian, Piet oder Henk – und auch an Inklusion wurde gedacht: Sturm 21,  der wohl nicht kommen wird, hieße Walid. Männliche und weibliche Namen wechseln sich politisch korrekt und artig ab. Meine Favoritin: Olga, die Naturgewalt aus der Taiga . . .

Elf Stürme in einem Winterhalbjahr – das war mehr als in einem durchschnittlichen Jahr. Allerdings hatten wir hier im äußersten Südwesten der Insel Glück. Die meisten schweren Wetter zogen in den vergangenen Monaten nur in geschwächter Form über uns her.

 

Sturmnamen Irland 2023

 

Wir haben hier an der Westküste Europas in zwei Jahrzehnten einige wilde Stürme erlebt. Die schweren Wetter brauen sich über dem Nordatlantik zusammen und ziehen dann ostwärts, um über Irland, der ersten Landmasse, die sich ihnen in den Weg stellt, hinweg zu ziehen und ihre Spuren zu hinterlassen –  im schlimmsten Fall Tod und Zerstörung. Vor allem im Winter 2013/14 jagte ein schwerer Sturm den nächsten. Höhepunkt war der Orkan Darwin, der als der zerstörerischste Sturm seit Beginn der Aufzeichnungen in die Wetter-Historie einging. Die Verwüstungen und der Landverlust waren extrem, die Geschwindigkeiten lagen wiederholt über 160 Stundenkilometern, in Kinsale wurde an jenem 12. Februar 2014 die höchste Welle aller Zeiten gemessen: Sie bretterte 25 Meter hoch auf die Küste. Darwin war eine große Herausforderung.

 

 

Nach dem brutalen Winter 2014 konnten uns nur noch der Ex-Hurricane Ophelia tief beeindrucken, der am 16. Oktober 2017 wütete und als schwerster Sturm der vergangenen 50 Jahre bezeichnet wurde, sowie der Schnee- und Eissturm Emma, der uns Ende Februar bis Anfang März 2018  als Beast from the East (Die Bestie aus dem Osten) in Bann hielt. Wetterinteressierte Irinnen und Iren – und das sind fast alle hier auf der Insel – erinnern sich mit mehr und weniger Grauen auch an den heftigen Weihnachtssturm, der am 24. Dezember 1997 vielen Haushalten zum Fest einen mehrtägigen Blackout beschwerte. Und die Alten sprechen bis heute ehrfürchtig von den Monsterstürmen Debbie (September 1961) dem Sturmmonat Januar 1974 und dem Hurricane Charley (August 1986).

 

Sturm in Irland

 

Seit dem Jahr 2018 erlebte Irland nur mäßig heftige Wetter, die keinen Eingang in die ewige Hitliste fanden. Dafür gerieten die Sturmwarnungen zunehmend schriller, die von einem unter Druck stehenden Wetterdienst herausgegeben und von den Medien kräftig aufgeblasen wurden. Oft überstiegen die Erwartungen und Befürchtungen die Wirklichkeit. Die nächsten Monsterstürme aber werden kommen, das ist nur eine Frage der Zeit.

 

 

Wie werden künftige Winter? Generell prognostizieren die Wissenschaftler angesichts des sich rapide vollziehenden Klimawandels neben vermehrt trockenen und heißen Sommern nassere und stürmischere Winter als bisher. Von den trockeneren und heißeren Sommern war zuletzt allerdings noch nichts zu spüren . . .


Mehr über die Stürme in Irland gibt es auf Irlandnews hier zu lesen: KLICK


Video: Lorenzo Lardelli. Fotos: Markus Bäuchle / Grafik: www.met.ie

Bob Dylan sang einmal: “You don´t need a weatherman to know which way the wind blows.” Dies gilt heute in Zeiten des Smartphones nur noch eingeschränkt. Viele Zeitgenossen vergewissern sich lieber auf Ihrer Wettter-App, wie warm, windig oder stürmisch es gerade ist, anstatt das Wetter selber wahr zu nehmen und zu deuten.

Sturm 2024 am Mizen