Umzug nach Dublin? Neue Heimat Irland? Eine weitere europäische Einwanderungswelle rollt seit ein, zwei Jahren auf die Insel am westlichen Rand Europas. Viele Kontinental-Europäer denken, das Leben sei hier einfacher, das Gras grüner — dabei hat es allenfalls ein paar zusätzliche Schattierungen. Nadine aus Deutschland hat den Sprung auch gewagt, macht ein soziales Jahr in Dublin und will danach in der irischen Hauptstadt weiter studieren, Hier schreibt sie über ihre Umzugs-Erfahrungen.

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“Ein Umzug nach Dublin steht bevor? Egal ob privat, beruflich oder für ein Auslandsjahr, es ist mit Sicherheit ein kleines Abenteuer. Vorfreude und Zweifel bestimmen die letzten Tage vor der Abreise. Das gilt manchmal selbst für einen längeren Urlaubsaufenthalt in der irischen Hauptstadt. Eine der besten Vorbereitungen ist es, sich im Vorfeld mit den Begebenheiten der neuen Stadt vertraut zu machen und sich über Land und Leute zu informieren. Hier  einige Tipps und Tricks, die besonders in den ersten Tagen und Wochen nach der Ankunft hilfreich sein können:

  • Dublin ist nicht Irland. Die irische Hauptstadt ist eine Großstadt, wie viele andere europäische Metropolen auch. Aber bietet Dublin denn keine irische Tradition? Ja und Nein. Zwar versucht das berühmte Viertel Temple Bar ein bisschen irische Kult zu vermitteln, Straßenmusiker sorgen für traditionelle Musik und die Pubs sind oft besonders urig eingerichtet. Wirkliches “irisches feeling” kommt da aber nicht so recht auf. Vielmehr ist Temple Bar eine Feiermeile, in der sich Touristen besonders wohl fühlen und die vielen Pubs möchten Gästen in der City so viel Irland wie möglich präsentieren. Manchmal kann das auch zu viel sein. Um das echte Irland in der Großstadt zu erleben, sollte man so schnell wie möglich Kontakt mit Einheimischen aunehmen. Denn letztendlich vermitteln sie irische Lebensfreude und irischen Charme.
  • Busse haben ihre ganz eigenen Regeln. Das ist gewöhnungsbedürftig. Das Wichtigste zuerst: Kommt der richtige Bus, sollten Fahrgäste auf jeden Fall die Hand ausstrecken und sich so bemerkbar machen. Das signalisiert dem Busfahrer, dass er definitiv anhalten muss. Ansonsten fährt der gelbe Doppeldecker auch gerne einfach weiter. Besonders in abgelegenen Gebieten der Stadt ist das ärgerlich. Hier kann es schon eine ganze Stunde dauern, bis der nächste Bus der gleichen Linie vorbeifährt. Auch auf die Anzeige an den Bushaltestellen sollten Fahrgäste sich nicht verlassen. Buslinien und Ankunftszeiten wechseln stetig. Und selbst wenn die Anzeige signalisiert, dass der nächste Bus in knapp einer Minute ankommen wird, heißt das noch lange nicht, dass es Realität ist. Oft handelt es sich um die irische Minute, aus der eine Viertelstunde werden kann. Die irische Uhr tickt eben anders.
  • Wohnungssuche als Herausforderung. Nicht nur das Finden einer passenden Unterkunft, auch der Zustand der Wohnungen kann viele Kräfte rauben. Schimmelige Wände sind aufgrund der Nässe in Irland ein großes Problem. Ungepflegte Wohnungen oder renovierungsbedürftige Wohnanlagen gehören zum Alltag auf dem Immobilienmarkt. Schon vor der Abreise sollte nach einer geeigneten Wohnung gesucht werden. Vorsicht mit kuriosen Anzahlungen die gefordert werden, bereits bevor die Wohnung besichtigt wurde. Leider verfängt diese Betrugsmasche “schwarzer Schafe” regelmäßig. Am Besten ist es dabeo, sich beim Makler oder der Immobilienagentur zu informieren und im Voraus mit dem Vermieter in Kontakt zu treten.
  • Wohnen ist deshalb keine Selbstverständlichkeit. Die grüne Insel und besonders ihre Hauptstadt Dublin erfreuen sich in der letzten Zeit wieder großer Beliebtheit. Die Folge: Die Mieten und Kaufpreise von Immobilien schnellen enorm in die Höhe, in den letzten zwei Jahren mehr als 60 Prozent. Ein Grund ist auch, dass große Firmen wie Google oder Facebook an ihrem Europastandort schnell expandieren und viele neue Menschen anziehen. Die Mietpreiskrise und die große Not der Obdachlosen spitzen sich zu. Es empfiehlt sich deshalb, verschiedene Angebote zu vergleichen und sich für die Wohnungssuche Zeit zu nehmen. Für ein bis zwei Personen kann es sich auch lohnen zur Untermiete, beispielsweise bei einer Familie, zu leben. Auf Internetplattformen wie renti.ie kann unter der Rubrik “Share” nach Angeboten gesucht werden. Das hilft ebenfalls, schnell Kontakte zu schließen.
  • Öffentlicher Nahverkehr für Sparfüchse. Dublins Leap Card ist ein Muss. Diese ist praktisch und spart viel Geld. Das ewige Suchen nach Kleingeld, ohne das man die Fahrkarten in den Bussen nicht lösen kann, hat damit ein Ende. Auch in der Straßenbahn LUAS und den Zuglinien des DART kann diese Karte verwendet werden. Und man fährt billiger. Einfach regelmäßig das Guthaben aufladen und los geht die Fahrt!
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Die Leap Card erlaubt vergünstigtes Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln

  • Ein geteiltes Dublin? Dubliner teilen sich selbst in die sogenannten Northsider und Southsider ein. Die Südseite der Stadt ist im Allgemeinen wohlhabender als der Nörden. Viele wichtige Unternehmen haben hier ihren Sitz. Die Gebäude und Straßen sind sauber, ausgefallene Luxusgeschäfte reihen sich nahe der berühmten Grafton Street aneinander. Im nördlichen Teil der Stadt sieht es vielerorts anders aus. Armut und Obdachlosigkeit und Müll prägen das Straßenbild. Viele Häuser benötigen dringend eine Renovierung. Die Unterschiede zwischen den beiden Stadthälften lassen sich schnell wahrnehmen. Leider hat sich die soziale Trennung in der Stadt bis heute gehalten und prägt ihr Bild. Besucher sollten dennoch mit offenen Augen sowohl durch die Nord- als auch die Südseite der Stadt gehen. Denn beide Teile haben vieles zu bieten.
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Der Fluss Liffey trennt Nord- und Südseite der Stadt

  • Ausgehen ist Luxus. Nicht nur die Mietpreise steigen in der irischen Hauptstadt kontinuierlich. Nein, auch Restaurants, Cafés, Pubs und Bars überbieten sich mit ihren überteuerten Preisen. Für ein Pint Guinness bezahlt man gerade in den Abendstunden gerne einmal sechs Euro und mehr. Ein Menü bei einem Italiener ist unter 50 Euro pro Person kaum zu haben. Zuletzt machte in verschiedenen sozialen Netzwerken ein Bild eines Rechnungsbelegs die Runde und sorgte für Empörung: In einem Kino bezahlte ein Besucher für Popcorn und eine kleine Flasche Wasser 8,25 Euro. Das ist Nepp pur. Das ist typisch Dublin. Internetseiten wie Lovin Dublin informieren über günstige Möglichkeiten, in der Stadt auszugehen. Die Website ist empfehlenswert!
  • Eine Taxifahrt wird zum Event. Dublins Taxifahrer sind eine Klasse für sich. Normalerweise können Taxis an fast jeder Straße herbei gewunken werden. Hat man ein Taxi bestellt, lässt man den Fahrer am Besten nicht lange warten. Schon nach fünf Minuten Wartezeit fährt er weiter. Hier nehmen es die Iren mit der Pünktlichkeit plötzlich ganz genau. Die Fahrt ist meistens angenehm, der Fahrer freundlich. Der Fahrgast trifft auch schon mal auf singende Taxifahrer und auf leidenschaftliche Geschichtenerzähler. Wer Glück hat, hat, lernt viel über Irland und die Geschichte Dublins. Manche Taxifahrer sind so etwas wie ein fahrendes Lexikon.
  • Umgang mit dem Stadtplan. Mit der genauen Bezeichnung von Straßen nimmt es die Stadt Dublin nicht so genau. Touristen finden sich mit den Stadtplänen mehr oder weniger gut zu recht. Es gibt jedoch einige besondere Phänomene: Was haben George’s Street, Augier Street, Wexford Street, Camden Street und Richmond Street gemeinsam? Gemeinsam bilden sie eine lange Straße! Die Iren mögen es gerne kompliziert. Und sowieso klingt es viel schöner, mehrere Straßennahmen nennen zu können und den Stadtplan damit interessanter zu machen. Ein Blick auf die Stadtkarte Dublins offenbart so manches Geheimnis.
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    Howth ist ein beliebtes Ausflugsziel

  • Das Meer vor der Haustür. Es gibt viele schöne Orte rund um Dublin, die sich für einen Ausflug anbieten. Howth, Bray oder Malahide sind Küstenorte, die sich schnell erreichen lassen. In nur einer halben Stunde Fahrtzeit steht dem Aussflug ans Meer nichts im Wege. Dem Trubel des geschäftigen Dublin kann man so schnell entgehen.
  • Dubliner sprechen ihr ganz eigenes Englisch. “Dublinese” ist erst einmal gewöhnungsbedürftig. Anstatt eines “How are you” werfen die Dubliner ihrem Gegenüber ein freundliches “Howaja” entgegen. Das “u” wird genauso ausgesprochen wie im Deutschen, und so bekommt der typische Dubliner-Akzent eine ganz besonders hörenswerte Note.
  • Touristen als stetige Mitbürger. Einwohner Dublins teilen sich die Stadt zu jeder Jahreszeit mit Urlaubern und Gästen aus der ganzen Welt. Viele Dubliner arbeiten deshalb nebenbei und spontan als Touristenführer: In der Mittagspause noch schnell den Kaffee bezahlt, dem Touristen den Weg zur St. Patrick´s Cathedral erklärt, einen Tipp für den besten Fish&Chips der Stadt gegebeben . . .  Die typisch irische Freundlichkeit werden Neulinge ganz schnell genießen und vielleicht sogar übernehmen.
  • Die Sache mit der Verkehrsführung ist kompliziert. Ampeln dienen in der irischen Hauptstadt bloß als Dekoration, nicht wirklich zur Verkehrsregelung. Vor allem wer mit eigenem Auto anreist, sollte sich der doch etwas chaotischen Verkehrsführung bewusst sein. Besonders Fußgänger gehen achtlos über die Straße. Wann immer sie möchten, wo sie möchten und wie sie möchten. Ampeln oder andere Verkehrsregelungen werden gekonnt ignoriert. Gerade im Zentrum Dublins ist als Autofahrer deshalb besondere Vorsicht geboten.
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    Hinweise wie diese sollen den Fußgängern ein sicheres Überqueren der Straße ermöglichen

    In diesem Sinne: Guten Umzug und gute Eingewöhnung. Good Luck 🍀🍀🍀

Nadine Eckmann

Die Autorin: Nadine Eckmann hat Theologie und Medienwissenschaften studiert. Sie lebt seit September 2015 in Dublin und absolviert einen Europäischen Freiwilligen-Dienst bei der Organisation „Friends of the Elderly Ireland“. Mit ihrem plüschigen Reisebegleiter „Zoe“ erkundet sie die Insel und vor allem die Hauptstadt Dublin.

Fotos: tookapic (1, oben, Pixabay); Alle weiteren Fotos: Nadine Eckmann