15 Jahre tot. Am 1. Januar 2023 wäre John O’Donohue 67 Jahre alt geworden. Heute – oder in der Nacht auf heute – vor 15 Jahren starb der bekannte irische Priester und Schriftsteller, Philosoph und Dichter, Umweltaktivist und Lebenslehrer in Maubec, einem Städtchen in Südfrankreich, im Alter von nur 52 Jahren. Er wurde plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen. Auch nach 15 Jahren können viele Menschen, die John und sein Werk liebten und schätzten, seinen Tod nicht richtig verstehen. John ist auf dem Craggagh Cemetery in Fanore im County Clare begraben (Foto).

 

John O'Donohue

John O’Donohue im Spätherbst 2007

 

Um das unkonventionelle Leben und den überraschenden Tod des Welt-Besteller-Autors von Anam Cara rankten sich seitdem viele Mythen und Gerüchte. Weil nur wenig über den Menschen John O’Donohue bekannt war, wurde seine Person Jahr um Jahr geheimnisvoller. Viele Geschichten machten die Runde. Ich wollte wissen, was wahr ist und was nicht, wie der Schriftsteller und Poet aus dem Burren wirklich lebte, wie er liebte und wie er starb. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit in den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 war deshalb die umfangreiche Recherche über das Leben und Wirken des Mannes, der in jungen Jahren als katholischer Priester in Kirchen im Westen Irlands predigte und der im fünften Lebensjahrzehnt zum weltweit bekannten spirituellen Autor und Lehrer, für viele auch zum Guru avancierte.

Nach eingehenden Recherchen habe ich das Leben von John O’Donohue in einer zehnteiligen Serie beschrieben, die exklusiv hier auf Irlandnews erschienen ist. In der Übersetzung findet die Serie mittlerweile auch in der englischsprachigen Welt viel Beachtung. Hier geht es zu den Beiträgen: Klick

Im Gefolge der Veröffentlichung haben mir zahlreiche Menschen geschrieben, viele, die John persönlich kannten oder mit ihm befreundet waren. Ich habe mit ihnen gesprochen und geschrieben und daraus noch einmal viel gelernt über diesen faszinierenden Menschen, dessen Stimme mir oft seine Worte zuflüstern, wenn ich zu Fuß an den schroffen Klippen und in den kargen Bergen an Irlands Südwestküste unterwegs bin.

 


Die Irlandnews Serie über John O’Donohue: Wie er lebte, wie er liebte wie er starb.


 

Heute, an John O’Donohues 15. Todestag, will ich von einigen eher subtilen Erlebnissen während meiner Recherchen erzählen.

In einem meiner Beiträge schildere ich meinen Besuch am alten einsamen Cottage in Connemara, in dem John gewohnt hatte:

“Ich schaue vom Feldtor in das Seitenfenster des Anbaus: Dort steht Johns Schreibtisch, dort hat er gearbeitet, gedacht, gefühlt, geschrieben. Ich bin geschockt. Über der Lehne des Schreibtischs-Stuhl hängt Johns ärmellose Felljacke, auf dem Schreibtisch liegt ein Schreibblock. Es wirkt, als wäre er nur schnell zum Einkaufen gefahren und käme gleich zurück, um weiter zu arbeiten. Doch zuletzt stand er von diesem Schreibtisch vor über 13 Jahren auf. Kurz vor Weihnachten 2007. Die Zeit ist stehen geblieben in diesem Haus. Nichts scheint sich seitdem verändert zu haben.”

Bald sandte mir ein alter Freund von John ein Foto. Es zeigt diesen Schreibtisch, den Ort, wo er gedacht und geschrieben hat. Die Jacke über der Stuhllehne. Als wäre er nie weg gegangen. Das Foto lässt mich seitdem nicht mehr los.

Eingefrorene Zeit: Was ist hier in diesem alten Cottage in Connemara geschehen seit John O’Donohues plötzlichem Tod im Januar 2008? Und was nicht? Das fragen sich die Menschen im Dorf seit Jahren. Bei einem zweiten Besuch am alten Cottage lag das Haus weiter einsam und verlassen. Das Gebäude grau, das Wetter grau, die Felder schon braun. Der einzige Farbtupfer an diesem tristen Tag: Auf einer abgegrasten Schafswiese vor dem Haus wuchs ein Strauß Herbstzeitlose (Naked Lillies) – in den Farben von John´s  Schal, den er im Herbst 2007 oft getragen hatte.

 

 

Im Herbst 2022 hielt ich ein letztes Mal am Craggagh Cemetery in Fanore, County Clare, um John O’Donohue´s Grab zu besuchen. Dabei entstand das Foto von seinem Grab (unten). Ich entdeckte die Details erst, als ich längst wieder zuhause war.

 

John O'Donohue

John´s Grab im Herbst 2022

 

Und immer wieder denke ich: Ich hätte diesen Menschen, dessen Bücher und Texte mir so viel gegeben haben, gerne kennen gelernt.

Fotos: Hans-Ruedi Hebeisen (Porträtfoto); Markus Bäuchle (3)