Irish Pub

Hier lagert das erste Pint noch hinter dem Pub

 

Wir Menschen sind merkwürdige Wesen. Wir verlieren über viele Monate unsere gesamte Freiheit unterwegs zu sein, zu fahren, zu wandern, zu reisen. Wir sind eingesperrt in einem Radius, der fünf Kilometer um die eigene Wohnung gezogen wurde  – und nach 13 Monaten weitgehender Immobilität freuen wir uns wie die Schneekönige über die Wiedergewährung eines winzigen Teils dieser einstigen Freiheit. Wir freuen uns.

Hurra, wir dürfen uns wieder innerhalb des gesamten Counties bewegen, in die 80 Kilometer entfernte Stadt fahren und sogar darüber hinaus. Was wir dort machen sollen, bleibt obskur. Besuche sind weiterhin verboten, Pubs, Restaurants und die meisten Geschäfte geschlossen. Immerhin, der Zoo macht morgen wieder auf! Und war Unterwegssein nicht schon immer Selbstzweck. Bewegung statt Stillstand. Wir freuen uns.

Der April ist der neue Sommer in Irland. Schon im vergangenen Jahr versüßte uns der neue Wonnemonat unser Dasein im ersten Lockdown mit Dauersonne. Und nun erneut: Sommer im einst launischen April, ein wochenlanges stabiles Hoch lässt uns den dritten Lockdown in mildem Licht erscheinen.  Wir sind jetzt Lockdown-Weltmeister. In keinem anderen Land waren die Anti-Corona-Maßnahmen strenger als hier in Irland. Wir haben uns von der höchsten Inzidenz im Januar zur weltweit viertniedrigsten herunter-geharrt und warten nun geduldig auf die Belohnung: Öffnung, mehr Öffnung, das erste Pint im Pub. Reisen bis an jedes Ende der Insel. Die Grenzen setzen bald nur noch der Atlantik und die Irische See. Wann ist bald?

 

Unsere ungestillte Sehnsucht heißt Staycation

Auch die Regierungspolitiker in Dublin freuen sich und sind bester Stimmung. Sie dürfen nun in kleinen Dosen zurück geben, was uns immer schon gehört. Ab jetzt wird alles besser. Ganz, ganz langsam zwar, aber: besser. Die Impfwelle rollt, bald dürfen wir mit Impfpass in der Tasche wieder einiges von dem, was wir vor 14 Monaten noch durften. Ein Konzert besuchen, ein Footballspiel, einen Flieger besteigen, sogar andere geimpfte Menschen umarmen. Wir freuen uns – und beten, dass uns die neuen gen-basierten Impfwundermittel nicht eines Tages, in fünf oder 15 Jahren, fatal an die Pandemie Covid-19-22 erinnern werden.

Wir sind ein geduldiges Völkchen, die Irinnen und Iren und wir Dazugereisten. Wir nennen die kollektive Angst emphatisch Solidarität. Nach 800 Jahren Besatzung, Unterdrückung und Gewalt weiß man hier auf der Insel noch besser als andernorts, wie man mit der Angst umgeht: Man ängstigt sich. Gemeinsam. Und gehorcht – bei durchaus kreativer Auslegung der Regeln. Nur ein paar Unruhestifter in Dublin und Cork wollten nicht mit machen. Wir anderen haben die sinkende Inzidenz, den R-Faktor unter 1, und die Impfquote in unser Abendgebet eingeschlossen – und bitte mache für alle Fälle die Intensivbetten frei. 

Unsere noch immer ungestillte Sehnsucht heißt Staycation: Ferien dahoam – aber fernab von Balkonien. Insulaner urlauben auf der Insel. Urlaub kommt von Erlauben, wir hoffen auf Erlaubnis des Urlaubs im eigenen Land. Ob er im Juni oder im August erlaubt wird, ob Hotels, B&Bs, Restaurants und Ferienhäuser im Juni, Juli oder August wieder öffnen dürfen, das will die Regierung unter Vorbehalt in der kommenden Woche bekannt geben. In wenigen Tagen werden wir auch wissen, wann wir uns endlich wieder im öffentlichen Trinkhaus, Schulter an Schulter mit Fremden und Freunden, dem gemeinsam induzierten Frohsinn hingeben dürfen. Wir freuen uns.

 

Die kleinen Fluchten an südliche Strände in weiter Ferne

 

Für die kleinen Fluchten an südliche Strände, für die leckeren 3S unter mittelmeerischer Sonne allerdings könnte die Erlaubnis auch in diesem Sommer 2021 ausbleiben: Der Feind heißt P1 und Doppelmutante. Er lauert da draußen, jenseits des Wassers. Die Angst richtet sich nun auf das Außen, die grüne Insel selber soll zum angstarmen Innenraum befördert werden. Das erfordert die strikte Kontrolle von Aus- und Einreise. Was andere Inselstaaten seit einem Jahr exerzieren, setzt sich nun zunehmend auch in Irland durch: Einreisende aus 71 Ländern müssen nun die ersten 14 Tage zwangsweise in einem Quarantäne-Hotel verbringen und für die Kosten aufkommen.

Die Stimmen, diese Liste auf alle Einreisen auszudehnen, werden lauter, die Mietverträge für die Quarantäne-Hotels wurden schon verlängert. Die Mobilitäts-Optimisten setzen derweil auf den Grünen Pass, der nach dem Willen der EU ab Ende Juni darüber bestimmen soll, wer innerhalb der EU reisen darf und wer nicht. Im Moment weiß allerdings niemand, ob das EU-Zertifikat für Geimpfte, Genesene und Getestete wirklich Ende Juni kommt und ob die Regierung der grünen Insel den grünen Pass dann auch anerkennen wird. P1 und B.1.617 und Konsorten werden in diese Entscheidungen engstens einbezogen sein.

Während wir uns freuen und auf die Belohnungs-Häppchen warten, will mich eine Frage nicht loslassen: Wie wollen wir nach der Pandemie leben? Das ist die Frage mit den vielen Fragenzeichen . . . Wie lösen wir die Probleme, die sich schon vor dem ersten Lockdown sichtraubend aufgetürmt haben, und wie gestalten wir unsere Zukunft?

Schaffen wir funktionierende Demokratien? Holen wir die nach den Sternen greifenden Eliten zurück ins gemeinsame Boot? Finden wir zurück zu Toleranz und Verständigung? Beenden wir das Artensterben und die Zerstörung des Planeten? Begrenzen wir die Klimakrise? Zähmen wir die digitalen Monster, die sozialen Medien und die übermächtigen Plattformen? Weisen wir Gen-Manipulateure und Transhumanismus-Fanatiker in die Schranken? Befreien wir unsere eigenen Leben aus digitalen Abhängigkeiten, aus Konsum-Sucht und Angst?

Oder nicht?    

 

 

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Hier die aktuellen und die geplanten Lockerungen für die kommenden Wochen in der Republik Irland:
(Übersetzung der Regierungs-Informationen auf gov.ie mithilfe von Deepl.com)

 

“Wenn 2 Wochen vergangen sind, seit Sie Ihre zweite Dosis des Impfstoffs erhalten haben, können Sie sich mit anderen vollständig geimpften Personen aus 1 anderen Haushalt in Innenräumen treffen, ohne Masken zu tragen oder 2 Meter Abstand zu halten. Wenn Sie die zweite Dosis erhalten haben, müssen Sie 2 Wochen warten, bis Sie sich mit anderen vollständig geimpften Personen in geschlossenen Räumen treffen können.

 

Seit 12. April gilt:
Schulen: Vollständige Rückkehr zu innerschulischem Unterricht.
Treffen mit anderen Haushalten: Sie können 1 anderen Haushalt im Freien treffen, aber nicht in Ihrem oder deren Garten.
Reisen: Sie können innerhalb Ihrer Grafschaft oder in einem Umkreis von 20 km um Ihren Wohnort reisen, wenn Sie County-Grenzen überschreiten.
Bauwesen: Alle Wohnungsbauvorhaben können wieder aufgenommen werden, ebenso wie Projekte zur Früherziehung und Kinderbetreuung.

 

Seit 19. April gilt:
GAA Training erlaubt für vom National Governing Body sanktionierte und organisierte nationale Gaelic Games-Ligen für Erwachsene zwischen den Bezirken, ausgenommen U20- oder kleinere Wettbewerbe.
Elitesport: Leistungsstarke Athleten, wie von Sport Ireland genehmigt, können das Training wieder aufnehmen,

 

Ab 26. April gilt:
Sport im Freien: Sportanlagen im Freien können wieder geöffnet werden (z. B.: Spielfelder, Golf- und Tennisplätze, andere Einrichtungen nach Bedarf).
Attraktionen im Freien: Besucherattraktionen im Freien können wieder geöffnet werden (z. B.: Zoos, offene Tierfarmen, historische Stätten).
Vergnügungsparks dürfen nicht öffnen.
Sport für Minderjährige: Das kontaktlose Outdoor-Training für Minderjährige in Gruppen von 15 oder weniger kann wieder aufgenommen werden.
Beerdigungen: Die maximale Teilnehmerzahl bei Beerdigungen wird auf 25 erhöht

 

In Erwägung ab 4. Mai:
(abhängig von der vorherrschenden öffentlichen Gesundheitssituation)
Vollständige Wiedereröffnung der Bautätigkeit.
Schrittweise Wiederaufnahme des nicht-existentiellen Einzelhandels, beginnend mit Click-and-Collect, sowie Einzelhandel im Freien, z. B. Gartencenter.
Wiederaufnahme von persönlichen Dienstleistungen auf einer gestaffelten Basis.
Wiedereröffnung von Museen, Galerien und Bibliotheken.
Wiederaufnahme von religiösen Dienstleistungen auf einer gestaffelten Basis.

 

Fotos: Markus Bäuchle