Blick auf Glengarriff Harbour und Telefonierende aus der Lobby des Eccles Hotel, Glengarriff

Wie kurz oder wie lang sind acht, neun Jahrzehnte? Zu kurz für viele Iren und Engländer, um entspannt und souverän miteinander umzugehen. Zu kurz, um die eigene Geschichte in ihrer Gesamtheit anzunehmen. Ein kleines Beispiel aus dem Alltag in Irland, wie Zeit alte Wunden nur ganz, ganz langsam heilt – 88 Jahre nach dem Unabhängigkeitskrieg.

Glengarriff, das Dorf am Fuß der Caha Mountains in West Cork, hat einen erstklassigen Ruf als Ferienort mit langer Tradition. Tatsächlich wurde Glengarriff vor mehr als 200 Jahren als touristische Destination gegründet, als die Landlords von Bantry House im Jahr 1789 für ihre Gäste in malerischer Landschaft ein kleines Hotel errichteten. Das Bantry Arms Hotel wurde später zum Eccles Hotel, einem der heute ältesten und bekanntesten Hotels der Insel.
Ein Schlösschen und eine Jagd-Lodge gesellten sich bald dazu, im 19. Jahrhundert öffneten dann mehrere Luxushotels für die vornehmlich begüterten englischen Reisegruppen. Der Weg von Cork über Glengarriff nach Killarney wurde im viktorianischen Zeitalter zur beliebten Prinz-of-Wales-Route. Im Royal-Roches-Hotel, im Castle Hotel oder im Eccles übernachteten viele illustre Gäste, darunter auch Queen Victoria. All dies sind Stories und Stichworte, die Glengarriff eigentlich schmücken könnten.
Vielen Iren bleibt diese Vergangenheit allerdings eine unangenehme, suspekte,lästige, da leidvolle. Sie verabscheuen den Bezug auf die alte anglo-irische Tradition. Sie wollen davon nichts wissen – hatten zu lange und zu sehr unter den englischen Besatzern und den Konflikten jener Zeit gelitten. Hinweise auf die große Tourismus-Tradition der Victorians in den Werbebroschüren Glengarriffs sucht man deshalb vergebens. Wo Ferienorte in anderen Ländern ihre reiche Geschichte und Tradition freudig öffentlich feiern, da schweigen irische Ferienziele lieber oder begnügen sich mit ein paar unverfänglichen Allgemeinplätzen. Die Geschichte beginnt am besten erst 1960.
Es werden wohl noch Jahrzehnte vergehen, bis alle persönlichen und an die Kinder weitergegebenen Erinnerungen verweht sind und der Weg für das kollektive Erinnern und Akzeptieren frei wird.