Und immer wieder schickt ihr mir Briefe,
in denen ihr, dick unterstrichen, schreibt:
»Mensch Wanderer, wo bleibt das Positive?«
Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.
Sehr frei nach unserem Haus-Heiligen Erich Kästner
 
Die Briefe sind heute E-Mails oder Blog-Kommentare – und auch wenn der Teufel das Positive scheuen mag wie das Weihwasser: Wir wissen es auch nach zehn Jahren Irland. Alle paar Monate wird der Wanderer aufgeschreckt von besorgten Irland-Enthusiasten, Irland-Träumern, Irland-Eskapisten, Irland-Fans oder Irland-Freunden: Wo bleibt das Positive? Gerade heute morgen schreibt Petra:
Ich glaube, ich lese bei euch lieber nicht mehr mit. Ihr schafft es noch, mir die seit Jahrzehnten angestaute Vorfreude auf meinen ersten Irlandbesuch zu verhageln… ;o)
Dieser Weckruf aus der lähmenden Rezessions-Depression :-)) des Irland-Residenten veranlasste mich sofort, meine guten Gründe für Irland einer Revision zu unterziehen. Für alle, die die Grüne Insel im Herzen tragen wie wir, unsere zwölfeinhalb Dinge, die wir in Irland lieben:
1. Das Wetter: Es schützt dieses Land vor allerlei – vor allem aber vor mittelmeerischem Massentourismus.

2. Das Vorurteil über das Wetter: Die Wirklichkeit ist immer besser als der Ruf.


3. Die Natur: Die Schönheit der Berge, des Meeres, der Wiesen und Wälder.

4. Die Weite der Landschaft: Der Raum, dieses unglaubliche Privileg, viel Bewegungsfreiheit zu haben.

4.1. Die Stille – Man kann sie hören, die Stille, diese völlige Abwesenheit von Zivilisationslärm.  

5. Seafood Chowder: Die Fischsuppe ist fast überall in Irland gut genießbar. Im Gegensatz zu manch anderen landestypisch zubereiteten Gerichten.

6. Die behütete Sphäre, in der Kinder aufwachsen können (sofern sie sich von Kirchen fernhalten . . .)

7. Die beste Luft Europas, die jederzeit frisch vom Atlantik geliefert wird. Kein Sommer-Smog, kein Winter-Smog.

8. Das Wesen der Iren: Das Prinzip “Leben und leben lassen” und ihr bisweilen pragmatischer Anarchismus.

9. Die Sammelwut der Engländer: Sie hat uns die herrlichen Landschaftsgärten mit Pflanzen aus aller Welt direkt vor der Haustür beschert.

10. Die Farben des Landes: Die Farben des Meeres, des Himmels, der Häuser, der Wiesen, der Pflanzen. Farbigkeit abseits der betonfarbenen Menschenfelsen.

11. Die Offenheit der Zukunft Irlands: Nach dem Irrweg des Celtic Tigers sortiert das Land seine Optionen. Vieles scheint möglich.

12. Die Geschichten aus dem alten Irland: Das Irland, das Heinrich Böll einst  beschwor und das Hugo Hamilton 50 Jahre später einer Revision unterzog, lebt in alten Geschichten, in Nischen und Liedern fort.
Wie sieht es bei Euch aus? Ergänzungen und Erweiterungen sind ausdrücklich erwünscht!

Photo: Peter Zoeller. www.peterzoeller-photo.com