Signal Towers Irland

Der alte Wachturm auf Dursey Island

Geschichten von der Beara-Halbinsel im Süd-Westen Irlands (Teil 36)

von Peter Bernhardt 

Heute erzählt Peter die Geschichte der englischen Wachtürme auf Beara, die Schutz vor den Franzosen – und ein wenig auch vor den Spaniern bieten sollten. Es ist keine Erfolgsgeschichte. 

Schon immer beäugten die Engländer ihre Nachbarn auf der anderen Seite des Kanals. Im Mittelpunkt standen die Spanier und die Franzosen. Obwohl es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gute Beziehungen zwischen England und Spanien gab, machte der Krieg von 1585 bis 1604 dem friedlichen Miteinander ein unversöhnliches Ende.

1588 rüstete König Philipp II eine Kriegsflotte aus, die als „Spanische Armada“ in die Geschichte eingehen sollte. Ziel war es, Königin Elisabeth I zu stürzen und die Schottin Maria Stuart auf den englischen Thron zu setzen. Dieses Unterfangen scheiterte mit der fast totalen Vernichtung der Flotte.

Von nun an herrschte wachsames Misstrauen, das dazu führte, dass England seine Küsten durch Signal-Türme schützte. Nach der gescheiterten Invasion französischer Truppen 1798 dehnte man diese Maßnahme auch auf die irische Küste aus, zumal man auch von den Spaniern nichts Gutes erwartete. Immerhin erhofften sich die katholischen Iren, die Spanier könnten sie von der englischen Vorherrschaft befreien.

Signal Towers Ireland

Der Signalturm auf dem Black Ball Head

Erste Pläne für ein solches Sicherungs-System in Irland tauchten 1803 auf, und schon 1804 begann man mit der Sichtung geeigneter Plätze. 1806 waren dann auch schon ein Großteil der geplanten Signaltürme gebaut, eingerichtet und mit einer Mannschaft besetzt. Die Mannschaft bestand in der Regel aus einem Leutnant, einem Fähnrich, zwei Signal-Männern und einer Handvoll Wachleuten.

Fast alle Türme wiesen das gleiche Design auf. Quadratisch, zwei Stockwerke und Flachdach mit Brüstung. Im ersten Stock gab es einen Zugang, den man mit einer Leiter erreichte. Das Äussere der Türme wurde entweder verputzt oder mit Schieferplatten versehen, um das Gemäuer vor der Witterung zu schützen. Trotzdem dürfte bei der spartanischen Ausstattung keine Gemütlichkeit aufgekommen sein.

Die Idee dieses Signalsystems orientierte sich an einer optischen Nachrichten-Übermittlung. Ein System, das sich schon an den Küsten Englands bewährt hatte. Aus diesem Grunde errichtete man die Türme immer in Sichtweite von zwei weiteren Türmen. Nachrichten wurden mit Hilfe einer quadratischen Flagge, einem blauen Anhänger und schwarzen Kugeln oder Reifen weiter geleitet. Man kommunizierte aber nicht nur mit seinen Kollegen in den benachbarten Türmen, sondern auch mit den vorbeifahrenden Schiffen und wichtigen Stationen im Landesinneren, wie einer Kaserne.

Black Ball Head

Der Wachturm auf dem Black Ball Head

In den Plänen von 1804 war der Bau von 81 solcher Türme vorgesehen. Angefangen vom nördlichen Malin Head entlang der Westküste, um die Südküste herum und an der Ostküste hinauf bis nach Dublin. Doch in der Realität sind wohl nicht alle gebaut worden. Offensichtlich hat man nicht damit gerechnet, dass das irische Wetter dieser guten Idee gelegentlich einen Strich durch die Rechnung machte. Denn Nebel oder niedrige Wolken gaben oft die nötige Sicht zum nächsten Turm nicht frei.

Auf der Beara Halbinsel gab es drei solcher Signaltürme. Zwei sind gut erhalten. Einer stand auf Bere Island. Dort wurde der Turm zum Opfer einer stürmischen Nacht im Jahr 1959 mit Blitz und Donner. Übrig geblieben ist nur ein Steinhaufen. Der nächste Turm in Sichtweite steht auf dem Black Ball Head und der dritte auf Dursey Island. Von Bere Island war der nächste Turm im Süden auf dem Sheep’s Head, und im Norden von Dursey Island konnte man die Barracks auf Hog’s Head in Kerry kontaktieren.

Wachtürme Irland

Die Turmruine auf Bere Island

Über den Bau des Signalturmes auf Dursey hat Penny Durell,- die sich viele Jahre mit dieser vorgelagerten Insel beschäftigt und darüber auch ein Buch geschrieben hat, interessante Dokumente aufgetan. Ihr Buch hat den Titel „Discover Dursey“ – ist aber leider vergriffen. Mit dem Bau des Turms war der Baumeister Benjamin Ball beauftragt, der auch schon den Bau von Black Ball Head und Bere Island geleitet hatte. Dokumentiert ist auch, was die angestellten Männer und Frauen am Tag verdienten. Männer bekamen zwei und Frauen einen Pence.

Um zum eigentlichen Bauplatz zu gelangen, musste extra eine Straße angelegt werden, die man auch heute noch im Grasland ausmachen kann. Die zubehauenen Steine kamen vom Fuße des Hügels. Und natürlich sollte dieser Turm auch dem festgelegten Standart und Design entsprechen. Mit dem Bau sollte Anfang 1805 begonnen werden, und die Kosten waren mit 910 Punt, 0 Shilling und 10 Pence kalkuliert. Berichte der Admiralität stellten die Fertigstellung für das Jahr 1806 in Aussicht. Doch musste Konteradmiral George Bowen im Sommer 1807, bei einer Inspektions-Reise festellen, dass der Turm nur halb fertig gestellt war. Nur den Signalmast hatte man schon im September 1805 aufgestellt. Ein weiterer Bericht vom Juni 1808 vermerkt, dass außer den „nackten“ Mauern kein weiterer Baufortschritt zu verzeichnen war. Ein Mr. Lawton, der die Bauaufsicht leiten sollte, musste gestehen, dass zwei Jahre lang kein Handwerker auf der Baustelle war.

Im August 1809 – wen wundert es – befand sich der Bau immer noch in einem unverändert unfertigen Zustand. Als einer der Gründe für die jahrelange Verzögerung wurde der schwierige Zugang zur Baustelle genannt. Außerdem ermutigte die monatelange Abwesenheit von Bauleuten und Verantwortlichen Einheimische, sich der Baumaterialien zum Bau eigener Häuser zu bedienen. Es fehlten immer wieder mehrere Balken, was zum Einsturz einiger Wände führte.

Turm auf Dursey Island

Der Signalturm auf Dursey Island

Inzwischen war auch die Bedrohung einer möglichen Invasion nicht mehr gegeben und die zuständigen Behörden waren nicht mehr bereit, weitere Gelder in die Vollendung der Türme zu stecken. Doch offensichtlich sollte der Turm auf Dursey fertig gestellt werden, denn im Oktober 1809 wurde Leutnant John Pearks zum Turm gerufen. Pearks nahm seine Aufgabe allerdings nicht ernst, bei einem Inspektions-Besuch von Kapitän W. G. Morris im August-September 1811 wurde klar, dass er schon seit einem Monat nicht mehr auf der Baustelle gewesen war. Pearks erkannte, dass es ihm an den Kragen gehen könnte und meldete sich schleunigst krank und wurde Anfang November durch Leutnant Masterman ersetzt.

Dursey Island

Nach heute kann man Spuren der Straße sehen, die zum Bau des Turms auf Dursey Island benutzt wurde

Mastermanns Zeit auf Dursey dauerte nur sieben Monate, da er im Mai 1812 durch James Moriarty ersetzt wurde. Moriarty beschwerte sich über die unzumutbaren Lebensbedingungen und bat um Versetzung, die ihm aber nicht gewährt wurde, denn er wird noch im Jahr 1814 als Dienstherr auf Dursey geführt. Inzwischen gab es keine Belege für die Anwesenheit feindlicher Schiffe, die hätten gemeldet werden müssen.

Überlieferungen berichten für die folgenden Jahre, dass die Inselbewohner den Turm als Treffpunkt für Spiele und Geschichtenerzählen nutzten. Auch lebten zeitweilig ein Offizier mit seiner Frau und den Kindern, sowie 3 Soldaten im Turm und den Nebengebäuden. Vermerkt wurde erstaunlicher Weise, dass sie ausschließlich Irisch gesprochen haben.

Viele dieser Signaltürme aus der Zeit Napoleons haben nicht lange überlebt. Die Instandhaltung dieser meist abgelegenen Bauwerke war enorm aufwändig, und die Bedrohung einer Invasion durch die Franzosen war nach Napoleons verlorener Schlacht bei Waterloo im Jahr 1815 nicht mehr gegeben.

Die Signaltürme machten im Jahre 2006 noch einmal Schlagzeilen, als auf Initiative der Beara Archaeological and Historical Society am 20. August, anlässlich des zweihundertsten Jahrestags des Baus der Türme eine irlandweite Veranstaltung stattfand. Ein Feuer, gestartet am Signal Tower am Black Ball Head auf Beara, setzte ein Signal in beide Richtungen in Gang. Nach Osten in Richtung Dublin und nach Norden bis zum Malin Head.

Wir wollten das Ereignis auch nicht verpassen und fanden uns rechzeitig beim Turm auf Black Ball Head ein. Es war dicker Nebel, der Turm nur schemenhaft auszumachen. Vom Turm auf Dursey natürlich nichts zu sehen. Doch zehn Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt, da das Feuer „in Gang“ gesetzt werden sollte, verschwand der Nebel, wie von unsichtbarer Hand weggewischt, und das Feuer wurde entfacht und begann seine Reise zum Malin Head in Donegal und nach Dublin im Osten.

 


Peters Geschichten von der Beara Peninsula erscheinen regelmäßig hier auf Irlandnews. Eine Übersicht über alle Beara-Stories gibt es hier.


 

Fotos: Peter Bernhardt; Markus Bäuchle (2)