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Leute, kauft Euch schlapp. Der Black Friday kommt, das Hochamt des heiteren Konsumierens in trüben Novembertagen. Seit Tagen fluten Werbemails das Postfach mit den jeweils “großartigsten Schnäppchen” des Jahres. Ich dachte, dieser merkwürdige schwarze Freitag falle jeweils auf den Freitag nach Thanksgiving, in diesem Jahr also auf den 25. November. Nichtsda. Der Black Friday dauert mittlerweile mindestens zwei Wochen. Er muss schließlich die Konsumlücke vor Weihnachten füllen und den Handel in schwarze Zahlen katapultieren, noch bevor Coca Cola den Roten Santa auf Tournee schickt.

Shop til you drop. Der schwarze Freitag wurde in den 60-er Jahren in den USA – wo sonst – erfunden, um das Geschäft des Einzelhandels anzukurbeln. Er teilt mit dem Finanz- und Banken-Crash von 1929 bislang nichts außer dem Namen. Europa hat diesen halbseidenen Schnäppchentag dem Tech-Giganten Apple zu verdanken, der den Discount-Freitag im Jahr 2006 hier einführte, ohne ihn beim Namen zu nennen. In den frühen Zehnerjahren sprang dann die gesammelte Onlinewirtschaft auf den Profit-Steigerungszug auf und lockt seitdem Kreditkartenhalter auf dem alten Kontinent mit zunehmender Aufdringlichkeit. Aus dem Freitag wurden die Schnäppchentage, dann die schwarze Woche, und mittlerweile dauert das Spektakel einen halben Monat. Der Weg zum nächsten schwarzen Banken-Freitag führt möglicherweise über den Black November und das schwarze Schnäppchen-Quartal.

40 Prozent Rabatt auf Mondpreise

Dabei haben Wirtschaftsforscher herausgefunden, dass es mit den Rabatten nicht so weit her ist, wie die Wirtschaft uns jedes Jahr aufs neue weis machen will: 50 Prozent Nachlass und mehr? Ja schon, aber nur auf den vorher rechtzeitig erhöhten Preis. Tatsächlich liegen die Einsparungen an den schwarzen Tagen zwischen null und 20 Prozent – je nach Seriosität des Anbieters. Das haben viele Menschen natürlich längst gemerkt: In Irland glaubt nur noch ein gutes Drittel an die Ehrlichkeit der Discounts. Zwei Drittel wissen, dass sie im Zweifelsfall beschissen werden. Dennoch wollen auch in diesem Jahr wieder über 40 Prozent der in Irland kürzlich Befragten in der Black Week ein Schnäppchen an Land ziehen. Die EU-Bürokraten in Brüssel glauben derweil weiter fest an die Naivität der Konsumenten und arbeiten an einer neuen Richtlinie für korrekte Preisauszeichnung. Wer schummelt – und etwa vorab die Preise erhöht, um sie dann dramatisch zu senken, oder einfach falsche Rabatte bewirbt – soll irgendwann einmal zur Kasse gebeten werden.

40 Prozent Rabatt auf Mondpreise? Das funktioniert tatsächlich noch immer. In Deutschland oder Irland macht der Handel an den schwarzen Novembertagen um die 60 Prozent mehr Umsatz als an Durchschnittstagen. Das liegt wohl daran, dass Kaufen so viel Spaß macht, dass man damit die Löcher im eigenen Leben vorübergehend stopfen kann und dass die Gefühle kurzfristig lebendig wallen und wabern – und es liegt an der Schwäche der Konkurrenz: Die Gegenbewegung beschränkt sich bis heute auf vereinzelte Nischen-Aktionen in den USA und versteht nicht viel von Marketing. Der Kauf-nix-Tag, im Original Buy Nothing Day, der zeitgleich mit den Black Fridays statt findet, ist bislang ein erbärmlicher Flop. Es wird Zeit, dies zu ändern.

Leute, kauft einfach mal nix – und malt Euch den Rest dieses Novembers mit der eigenen Phantasie bunt. Einen schönen Kauf-nix-Freitag!

Foto: Evans´ Shop in Bantry by Eliane Zimmermann © 2022


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