Dorfstraße im County Cork


Post weg, Dorfladen geschlossen: Dorfstraße in Urhan, County Cork

Das ländliche Irland stirbt leise und langsam. Seit einigen Jahrzehnten schon dauert die Abwanderung aus den Dörfern und kleinen Städten auf dem Land an. Die Infrastruktur verschwindet, löst sich in Nichts auf : Gemeinden verlieren ihre Schule, das Postamt, die Polizeistation. Pubs und Dorfladen schließen, die wenigen Arbeitsplätze gehen verloren. Und mit ihnen löst sich die Dorfgemeinschaft langsam auf, all das, was Menschen verbindet, vom Football-Verein über den Stammtisch bis zu den Straßenkeglern, dem Elternkreis und dem Jugendclub.

Während in den urbanen Zentren der Insel nach der jahrelangen Rezession ein Hauch von Aufschwung und Optimismus zu spüren ist, lesen die Leute auf dem Land die guten Nachrichten aus Dublin nur mit einer Mischung aus Verwunderung und Verachtung: Hier auf dem flachen Land, sei es in den Midlands, in Nord-Cork, in Longford, Roscommon, Offaly oder Cavan, ist von der neuen irischen Erfolgs-Story, die in den Medien der Welt  zu lesen ist, nichts, rein gar nichts zu spüren. Die seit 2008 anhaltende schwere Wirtschaftskrise hat die ohnehin dürftige Infrastruktur in Irlands ländlichen Gebieten weiter beschädigt. Viele Dörfer sind nur noch Wohnstätten, Ansammlungen von vereinzelten Häusern. Eingekauft wird in der weit entfernten Stadt, getrunken zu Hause. Der öffentliche Raum ist mehr oder weniger verschwunden, die Stimmung wirkt kraft- und leblos. Einen Menschen auf der Straße zu treffen, ist Glückssache.

Rhetorik der Rettung: Seit einigen Wochen redet man allerdings wieder viel über die Rettung der ländlichen Gebiete. Die Kabinettsumbildung der ins Trudeln geratenen Regierung in Dublin gebar sogar eine Ministerin für ländliche Angelegenheiten. Ann Phelan hat nun im besten Fall bis zu den Neuwahlen in 18 Monaten Zeit, “Rural Ireland” wieder einmal zu retten und den Niedergang zu drehen. Derartige Debatten kehren regelmäßig wieder, vor allem in der Vorbereitungsphase für Wahlkämpfe. Rhetorisch und theoretisch wird das ländliche Irland immer wieder einmal gerettet. Und auch für Rettungskonzepte wird regelmäßig viel Geld ausgegeben. Gerade hat eine Expertengruppe 34 Ratschläge für eine Revitalisierung des ländlichen Raums erarbeitet. Immerhin ein Punkt wurde bereits umgesetzt: Die neue Ministerin ist im Amt. Der Rest ist . . . reden?  Und fordern:

Ein Marshallplan: Irish-Times-Korrespondent Tim O’Brien fordert gar eine irische Version des amerikanischen Marshallplanes, um das am Boden liegende ländliche Irland vor dem völligen Niedergang zu bewahren. O’Brien schreibt:  “Rural Ireland needs more than words: it needs a plan to deliver rural transport, broadband, roads, jobs, and towns and villages that are more attractive places to live than one-off houses.” Sinngemäß: Das ländliche Irland braucht jetzt mehr als Worte, einen funktionerenden Nahverkehr, gutes Internet, gute Straßen, Arbeitsplätze — lebendige Dörfer und Städte, die mehr sind als eine Ansammlung von Einfamilien-Häusern. Ich möchte hinzufügen:  Eine funktionerende Wasserversorgung mit einwandfreiem Trinkwasser,  Kläranlagen zur Reinigung von Land, Flüssen und Meer, eine anständige medizinische, pflegerische und psychologische Versorgung und Betreuung, und  nicht zuletzt die Beseitigung gravierender ökologischer Altlasten . . .