Die Zukunft von Bere Island. An einem wolkenverhangenen Tag im Juli setzen wir nach langem wieder einmal nach Bere Island über. Wir besuchen John Walsh, den Insel-Manager, um uns über die Lage auf der Insel zwölf Fährminuten von Castletownbere entfernt zu informieren. Denn seit Jahrzehnten kämpfen die Menschen auf Irlands Inseln um das Überleben ihrer Gemeinden. John, der von der Insel stammt und nach seinen Reisejahren nach Bere zurück kehrte, kennt sich aus im Thema. Seit vielen Jahren arbeitet er an vorderster Stelle für die Bere Island Projects Group und vertritt die Interessen der Inseln in deren Lobby-Verbänden auf nationaler und internationaler Ebene.

 

Bere Island

John Walsh erklärt die Technik des Inselradio-Senders

 

Bere Island hat aufgrund seiner Lage in der Bantry Bay, unweit von Castletownbere, eigentlich gute Voraussetzungen. Es bietet einerseits eine abgeschiedene, ruhige Inselwelt und ist dennoch schnell und leicht zugänglich. Zwei Fähren verbinden die Insel vergleichsweise eng getaktet in wenigen Minuten mit dem Festland. Wer von der Fähre geht, hat nur 100 Meter zum großen Supermarkt zurück zu legen.

Auf der Insel gibt es noch immer fast alles, was eine Gemeinde ausmacht: Eine Grundschule, ein Pub, einen medizinischen Dienst, ein Postamt, eine Kirche, ein Gemeindezentrum, ein Besucherzentrum, zahlreiche Sehenswürdigkeiten und Monumente, herausragende Wander-Routen, mehrere Gaststätten, dazu Übernachtungsmöglichkeiten (B&B, Hostel, Ferienhäuser, Zeltplatz), zahlreiche Farmen und ein paar Gewerbebetriebe.

 

Bere Island

Blick von der Lonehort Battery zum Hungry Hill auf der Beara Peninsula

 

John Walsh ist ein rühriger Mann, der sich auf erfolgreiche Community-Arbeit versteht. Er hat in den vergangenen Jahren Dutzende Projekte erdacht und angeschoben. Die Infrastruktur bis hin zum Internet hat mancher Festlandgemeinde etwas voraus. Die Bewohner treffen sich regelmäßig in mehreren Bürgergruppen und veranstalten gemeinsame Events. Die Insel ist historisch bestens erforscht, die Denkmäler, Monumente, inklusive der einzigartig erhaltenen britischen Militäranlagen aus dem Ersten Weltkrieg, wurden weitgehend für die Zukunft gesichert und zugänglich gemacht.

Von Bere Island startete der Park Run, ein regelmäßiges Volks-Jogging am Samstagmorgen, seinen Siegeszug durch die Gemeinden in West Cork. Bere Island hatte den ersten Park Run der Region organisiert. Sogar ein Inselradio gibt es: Auf der Frequenz 101,1 und weltweit im Internet gibt es jeden Sonntag frische Informationen von der Insel für Bewohner und in der ganzen Welt verstreute Ehemalige und Fans.

 

Bere Island

John Walsh zeigt uns die einzigartig erhaltenen britischen Militär-Anlagen Bere Islands aus dem ersten Weltkrieg

Und doch ist die Zukunft von Bere Island nicht gesichert. Die Inselgemeinde wird trotz aller Bemühungen Jahr für Jahr kleiner. Vor der Großen Hungersnot lebten im frühen 19. Jahrhundert über 2.000 Menschen auf dem zehn mal drei Kilometer großen Eiland, das im Irischen “die große Insel” (An tOileán Mór) genannt wurde. Dann sank die Bevökerung bis zum ersten Weltkrieg auf 1.000 Einwohner. Die Lage vor dem tiefsten Naturhafen Europas machte Bere im ersten Weltkrieg noch einmal zum einem belebten Platz. Über 2.500 Menschen, darunter viele britische Matrosen und Soldaten wohnten damals dichtgedrängt auf der Insel. Seitdem wurde es zunehmend ruhig, friedlich, idyllisch und ein bisschen einsam auf Bere Island: Im Jahr 2011 war die Inselgemeinde gemäß Volkszählung noch 211 Menschen groß, fünf Jahre später, im Jahr 2016 zählte man gerade noch 167 Insulaner. Heute dürften es um die 160 sein. Und der Trend?

 

Das größte Problem: Bezahlbarer Wohnraum

Ganz ähnlich wie auf den meisten irischen Inseln. John Walsh ist immer Optimist und hofft, dass die Verhandlungen der Inselfunktionäre mit den Regierenden im fernen Dublin endlich bessere Ergebnisse zeitigen. Auch die von der Pandemie ausgelöste neue Vorliebe für das Wohnen auf dem Land könnte die Wende zum Besseren bringen – doch alle Bemühungen scheitern bisher daran, dass preiswerter, bezahlbarer Wohnraum fehlt.

Es ist leichter, auf der Insel ein protziges millionenschweres neues Ferienhaus zu bauen als preiswerte Wohnungen zu schaffen – und das, obwohl auf Bere Island rund 60 Häuser leer stehen. Häuser, die mit teils mehr, teils geringem Aufwand wieder bewohnbar gemacht werden könnten. Gefragt wäre vom Staat geförderter Wohnraum, doch das verantwortliche Cork County Council tut sich schwer und kommt bislang nicht von der Stelle.

Derweil wohnen nicht wenig Bere Islander gut getarnt in Behelfsbehausungen: in Gartenhäusern und Wohnwagen – nicht weit von leer stehenden Häusern und feinen Ferienhäusern, die ihre Eigentümer nur wenige Wochen im Jahr sehen.

So steht das Schicksal dieser schönen Insel in der Bantry Bay, die ein Besuch immer wert ist, auf Messers Schneide: Eine bessere Strukturpolitik könnte mehr Bewohner auf die Insel bringen, ein Weiter so und resignierende Akteuere könnten in absehbarer Zeit auch das Aus für diese lebhafte Insel-Community bedeuten.

Zur Besichtigung von Negativbeispielen muss man nicht weit fahren: Wenige Kilometer westlich, an der Spitze der Beara Halbinsel, liegt die via Seilbahn mit dem Festland verbundene Insel Dursey. Je nach Lesart leben heute zwei bis vier Menschen fest auf der Insel, die drei einstmals florierenden Dörfer auf Dursey sind ausgestorben. Noch bewirtschaften Festland-Farmer das Inselland gewinnbringend – doch wie lange noch? So suchen Besorgte und Profitorientierte nach einer Zukunft für Dursey – und versuchen gerade, die verlassene Insel in einen massentouristischen Rummelplatz zu verwandeln.

 

Fotos: Markus Bäuchle
Informationen über Bere Island plus Inselradio: KLICK

 

Bere Island

Schweres Geschütz: Eine restaurierte Kanone der Lonehort Battery aus dem 1. Weltkrieg