Beara Stiories

Die kleine Insel Inishfarnard. Vom Kilcatherine Point gesehen

 

Geschichten von der Beara-Halbinsel im Süd-Westen Irlands (Teil 29)

von Peter Bernhardt* 

Heute erzählt Peter Bernhardt die Geschichte der kleinen Insel Inishfarnard in der Kenmare Bay, auf der im 19. Jahrhundert vier Familien lebten. Was ist aus ihnen und was ist aus dem Inselchen geworden?  

 

Das ist die Geschichte von Inishfarnard. Anfang 2000 waren meine Frau und ich reif für die Insel. Knapp 200 Jahre früher, zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Dan O’Sullivan, ein sechzehn Jahre alter Junge, reif für die Insel. Beide Elternteile waren verstorben und er blieb mit zwei jüngeren Geschwistern zurück. Um sie vor der Einweisung in ein Heim zu schützen, erbat er von Lord Lansdowne die Erlaubnis, auf die bis dahin unbewohnte Insel Inishfarnard ziehen zu dürfen. Dies wurde ihm gestattet, zumal der Lord damit das Problem losgeworden war, eine Heimstatt für die minderjährigen Kinder zu finden.

Inishfarnard ist eine kleine Insel in der Kenmare Bay, nur einen Steinwurf vor der Landzunge Kilcatherine entfernt. In der irischen Sprache heißt die Insel: Inis Fearn Ard, was soviel bedeutet: Inish = Island = Insel, Fearn oder Fearann = Land = Land, Ard = Height oder High = Höhe. Die Größe der Insel wird mit 64 acres, 1 rood und 12 perches angegeben, was in etwa 330 Quadratmeter oder 33 Hektar sind. Die Insel hat keinen Hafen und keinen sicheren Landeplatz.

Dan war ein fleißiger Junge. Er baute ein Cottage und legte Felder für Gemüse an. Sie hatten Schafe und Kühe. Und mit dem selbst gebauten Boot war es ihnen auch möglich Fischfang zu betreiben, um den Speiseplan zu erweitern. Sie waren also weitgehenst Selbstversorger.

Es gab auf der Nordseite der Insel eine Quelle, die allerdings bei Flut überschwemmt wurde. Die Bewohner mußten also auf Ebbe warten, bevor sie ihre Behälter mit frischem Wasser füllen konnten. Es wird erzählt, das in Trockenzeiten Männer vom Festland von Kilcatherine zur Insel ruderten, um sich dort mit Wasser zu versorgen, das dort offensichtlich beständig „sprudelte“. Diese Quelle ist heute versiegt.

Im Laufe der folgenden Jahre zogen weitere Familien auf die Insel. Dokumentiert sind außer den O’Sullivans die Familien O’Neill, Malvey and Sheehan. Die Population wird in der Hoch-Zeit mit 24 Personen angegeben. Andere Quellen sprechen auch von 25 bis 35 Bewohnern. Die Menschen sprachen ausschließlich Irisch, konnten weder lesen noch schreiben und vertrieben sich die langen, trostlosen Herbst- und Winter-Abende mit Singen und Geschichten erzählen. Und wenn jemand aufs Festland zum Einkaufen, Arbeiten oder zum Kirchgang ruderte, kam er mit den neuesten Nachrichten „aus aller Welt“ auf die Insel zurück, wo er dankbare Zuhörer fand.

 

Beara Stories

Inishfarnard: Nur ein paar Ruinen erinnern an die Insel-Gemeinde

 

Dan O’Sullivan heiratete, und sein Sohn Seana Mhicheal (später bekannt als Old Michael) war das erste Kind, das auf der Insel geboren wurde, das war um das Jahr 1820. Dan, der in den Hungerzeiten Menschen auf dem Festland mit Fisch versorgte, soll 104 Jahre alt georden sein.

Es war die Zeit, in der in Allihies die Kupfer-Minen eröffnet wurden- Die kräftigen jungen Burschen wurden nach Allihies geschickt, um dort Geld zu verdienen, was man für die Pacht und den Kauf von Dingen für den täglichen Gebrauch benötigte. Es ist verbrieft, daß Lord Bantry von den Bewohnern eine jährliche Pacht von zwei Shillings und acht Pence erhob.

Schon bald stand fest, daß die Insel den Kinderreichtum der vier Familien nicht ernähren konnte. Und so wanderten viele der erwachsenen Kinder gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika aus. Mit ihrem Wissen und den Erfahrungen aus den Kupfer-Minen in Allihies, die damals vor der Schließung standen, fanden sie auch schnell einen Job als Bergleute in den Kupfer-Minen von Butte in Montana. Butte hatte damals die größte irische Gemeinde der USA.

Unter den Auswanderern waren auch Mitglieder der Malvey-Familie. Die hatten es auf Inishfarnard gerade einmal eine Generation lang ausgehalten. Dann waren sie von den vielen Beinahe-Unfällen bei den Überfahrten aufs Festland und zurück auf die Insel genervt und verließen die Insel wieder. Séan Malvey, der vom Festland auf die Insel heiratete, hatte mit seiner Frau Anna elf Kinder. Zwei der Kinder starben schon im Baby-Alter, zwei Töchter suchten sich Ehemänner auf dem Festland, und die anderen Geschwister verließen Irland in Richtung Amerika. Ein Sohn kam wieder zurück, nachdem er genug Geld verdient hatte, um sich eine Farm auf dem Festland zu kaufen. Soviel ich auch recherchiert habe, auf der Beara-Halbinsel lebt heute keine Familie mehr mit dem Namen Malvey.

Es gibt auch Spuren anderer Familien-Mitglieder. Zum Beispiel von der Sheehan-Familie. Seamus (oder James) , geboren am 11. April 1876, war der letzte seiner Familie, der die Insel verließ. Er folgte seinem Bruder in die USA, wo sie Arbeit im Ashland Minen-Camp (Kohle-Bergwerk) in Pennsylvania fanden. Damit endete nach zwei Generationen auch die Anwesenheit dieser Familie auf Inishfarnard. Das Leben von Seamus endete tragisch. Eines Tages hatten die Brüder einen riesigen Felsbrocken auf eine Stütze zu heben. Die Stütze sackte aber weg und Seamus wurde vom Felsen erschlagen.

Auch bei der O’Neill-Familie war nach zwei Generationen Schluß auf der Insel. Willie O’Neill war das letzte Kind, das auf Inishfarnard geboren wurde, das war am 25. März 1900. Er verließ die Insel und kaufte eine Farm in der Nähe von Eyeries. Willie heiratete Dora Lynch und hatte mit ihr fünf Kinder. Ein Nachkomme dieser Familie betreibt heute das Atlantic View Guesthouse in Eyeries Cross.

Und was ist aus der O’Sullivan-Familie von Inishfarnard geworden? Dieser Familie widme ich eine separate Geschichte.

 

Beara Stories

Die alten Feld-Eingrenzungen von Inishfarnard sind auch heute noch zu sehen

 

PS: Peters Geschichten von der Beara Peninsula erscheinen regelmäßig hier auf Irlandnews.

Fotos: Peter Bernhardt