Wilde Zeiten am Wild Atlantic Way in Irland. Ja was ist denn das? Es ist rostig, es ist 5 Meter hoch, es steht mitten in der schönen Aussicht, und es sieht aus wie ein Galgen. Über den Winter wuchsen an 188 Orten an der irischen Westküste seltsame Gebilde aus rohem Eisen aus dem Boden.
Middle of the view. Sie stehen eindeutig an den landschaftlich schönsten Orte an der Atlantikküste, die jeder Fußkranke mit dem Auto erreichen kann. Besucher von Irlands wildem Westen werden sie nicht verfehlen.
Was also ist das? Es sei verraten, dass die skurrilen Eisenständer 3,5 Millionen Euro kosteten, dass sie in den vergangenen Monaten mancherorts den Zorn der Einheimischen provozierten, dass Petitionen gegen sie unterwegs sind und dass die Rostständer die Reise-Gemeinde zutiefst polarisieren. Wir berichten am Sonntag an dieser Stelle ausführlich . . .
(c) Fotos: Irlandnews.com
Der Artikel ist zwar schon ein paar Jahre alt aber heute noch genauso aktuell wie damals.
3,5 Mio. Euro … dafür hätte man der Natur sehr viel Gutes tun können, anstatt sie weiter zu verunstalten, z. B. eine neue Naturarche schaffen. Man hätte dafür auch vielen Tieren oder armen Menschen Unterstützung zukommen lassen können.
Es scheint eine neue Unsitte zu gedeihen. Selbst an abgelegensten Orten besteht der Drang alles gekennzeichnen zu müssen, als ob man sich nicht aus Büchern, auf Landkarten, im Internet oder wo auch immer Informationen einholen und die Natur einfach mal Natur sein lassen könnte. Ich finde diese Galgen potthässlich, in meinen Augen ein Störfaktor in der Landschaft, Material- und Geldverschwendung.
Wie haben es unsere Vorfahren nur geschafft, ohne diesen ganzen Schnickschnack zu überleben und sich zu orientieren?! Hat die menschliche Verblödung schon derartig Einzug gehalten, daß man alles an Ort und Stelle kennzeichnen muß, um zu wissen, wo man sich befindet, reicht der Blick in die Landschaft nicht mehr? Und muß aus allem Geld gemacht werden? Neben diversen anderen Branchen ist die Tourismusbranche – Ausnahmen bestätigen die Regel ;-) – auch eine dieser rachgierigen Wanderheuschrecken, die für Geld ohne Rücksicht auf Verluste alles verkaufen, Natur und Kultur zerstören.
In diesem Zusammenhang fällt mir die Aussage eines Bekannten ein … Mensch mach‘ Dein lautes Leben leiser.
Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das Phänomen wirklich verstanden habe: Der Wild Atlantic Way markiert den gezielten Einstieg Irlands in den Massentourismus – und den Abschied von sanfteren Tourismusformen. Im Marketing-Deutsch spricht man von Professionalisierung. Projekte wie der Wild Atlantic Way (und seine blasse Schwester im Osten) haben eine doppelte Funktion: Sie verbinden vorhandene natürliche Ressourcen mit einem viel versprechenden Narrativ und einem vermarktungfreundlichen Label – und sie lenken und schieben die angezogenen Massen durch das ausgeschilderte Territorium. Eine unsichtbare Hand steuert Millionen Individualtouristen über denselben Parcour, verpasst ihnen dasselbe Erlebnis und macht sie so zu Pauschaltouristen der neuen Art – ohne dass sie es merken. Jeder ist individuell unterwegs und alle machen das Gleiche. Das ist Segen und Fluch für die Einheimischen entlang der Rennstrecke, Fluch und Segen für alle, die daneben liegen.
Ich hab nun schon einige von den Dingern gesehen und kenne die Orte auch ohne diese Zeichen. Für mich hätte es nicht sein müssen, besonders stören empfinde ich sie durch die angesagte Rostoptik aber nicht.
Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters, wie es so schön heißt. Die Oper in Sydney fanden viele Zeitgenossen auch abstoßend hässlich.
Die Kosten halte ich für einen öffentlichen Auftrag für eher moderat. Es wird aber für jeden öffentlichen Auftrag immer jemanden geben, der sich bemüßigt fühlt zu behaupten, dass die eingesetzten Mittel woanders besser einsetzt worden wären.
Es ist so glaube ich eine Grundsatzansicht. Haben wir Menschen noch ueberhaupt etwas Respekt vor der Natur und kennen wir noch unsere 5 Sinne oder sind wir dem immer schnelleren Kommerz des Tourismus ergeben. Ich durfte mit meiner Frau, ja wir durften bisher einmal in Irland weilen. 3 Reisefuehrer habe ich mir im Vorfeld angesehen und nach den Empfehlungen die „schoensten“ Orte markiert. Wir hatten die Schnupperreise mit Mietwagen Dublin-Galway-Killarny-Cork-Kilkenny-Dublin und das in 10 Tagen. Neben dem Mietwagen (links fahren und sich dabei sicher fuehlen )waren es fuer uns die freundlichen Menschen und das Entdecken einer von Vielfalt gepraegten Natur und Landschaft, die uns begeisterten. Wir als Reisende konnten entscheiden wo ein Ort, das Meer mit Strand, ein Park oder Schloss uns gefallen haben. Touristiker wollen uns mit immer mehr uebersaettigten Informationen die Findung dieser Orte abnehmen. Dadurch ist man einem gewissen Stress wie auf Arbeit ausgesetzt! Brauchen wir das wirklich? Zuviel „vorgeschriebene Bespassung“ macht unsere Individualitaet als suchenden und findenden Menschen auf Kosten der Natur kaputt. Wer braucht dazu diese komischen Landschaftsbildschaedigenden Naegel?
Niemand.
Diese Promotion für den „Wild Atlantic Way“ halte ich für viel zu teuer. Wer weiß, wer sich daran alles gesund gestoßen hat? Diese Promotion ist lediglich eine Werbeoberfläche und nicht mehr. Der Inhalt dazu war schon immer da: Die Westküste.
Irland könnte inhaltlich viel mehr tun für den Tourismus: Wo sind die Radwege? Wo sind die Wanderhütten? und, und und, …. Es muss investiert werden in Inhalte, dann erst die Werbung!
With best regards
Martin F. Stoerk
Ich war neulich mit einer irischen Freundin im Local Pub (in meinem irischen Dorf), nach langer Zeit mal wieder. Früher war der Laden voll mit Locals bei einer Session Night, diesmal saßen nur stumme Touristen um die Musiker und waren teils fasziniert und teils ein bisschen enttäuscht.
Ich habe gezählt und gefragt: Zwölf Touristen (zehn US-Amerikaner, zwei Spanier), drei irische Musiker, der irische Wirt, zwei Locals, meine irische Freundin und ich.
Entäuscht waren die Touristen, weil „The Craic“ fehlte, für den nur Iren doren können. Anderserseits hatten alle ihre Smartphones raus, knipsten und machten vermutlich Updates auf Facebook: Irish Craic – if it’s on Smartphones it does exist.
Wo sind all die Locals hin, fragte ich Gary, den Wirt.
Die gehen nicht mehr mitten in der Woche aus, meinte er. Die Zeiten ändern sich. Unser Hauptgeschäft ist jetzt am Wochenende, wenn wir Set-Sancing oder irgendwas mit Aktivitäten organisieren.
Thank god for the tourists midweek!
Thank god for the tourists. Das höre ich überall von Leuten an der Westküste.
Der Atlantic Way ist eine großartige Initiative des Tourist Board. Er führt Touristenlämmer in Gegenden, die dringend Touristen benötigen. Und leider brauchen Touristen Wegweiser und Initiativen (und Reiseführer), um ihre Tour zu finden. Das ist der moderne Tourismus. Und Tourismus ist nicht nur ein Geschäft, sondern auch Lebensunterhalt für Menschen auf der Strecke.
Über die Kosten für die Schilder und die Promotion rege ich mich nicht auf. Ich kenne sie nicht („It could be worse“, wie man in Irland sagt). Aber wenn es darum geht, Irland als Touristenziel neu zu erfinden und damit das Einkommen der Leute zu erhöhen, halte ich eine gute Investition immer für lohnenswert.
Ich habe diese Wegweiser bislang nicht live gesehen, aber ehrlich, ich finde sie toll. Es ist Kunst im Gegensatz zu simplen Wegweisern. Und ich mag das Design. Es ist urban, corporate und doch themenbezogen und Irisch. Ein symbolischer Minimalismus, den ich auch als Kunst ins Wohnzimmer stellen würde.
Ich finde die Dinger passend zum modernen Irland.
Und ich fände es passend, wenn Irlandromantiker auch mal an den Erhalt des touristischen Irland denken würden. Es sind Existenzen, die davon abhängen.
Geht mit der Zeit. Irland ist doch kein Disney Park, oder?
Sehen sehr praktisch aus, man könnte tote Saatkrähen zur Abschreckung aufhängen, oder eine Piñata zum Kindergeburtstag, oder, oder, oder?
schaut ja gruselig aus und dann noch so viel Geld dafür bezahlen …..anscheinend wird nie dazu gelernt !
Gruß Tina
The Paul Hogarth Company in Belfast hat die Objekte entworfen und produziert/produzieren lassen.
Mehr als 18.000 Euro für jeden dieser Galgen.
Wir sind in Irland. Deshalb die Frage:
Welcher Freund von Tourismus-Minister Ring hat diesen Auftrag ergattert ?