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“It is yourself as perceiver of the world, not the world that you should be attempting to change”
(John Moriarty in Dreamtime, Seite 248)
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“Du solltest nicht versuchen die Welt zu verändern. Versuche, Dich zu ändern, wie Du die Welt wahrnimmst”
In Moriartys Kosmos stellen wir hier auf Irlandnews regelmäßig einen Gedanken des irischen Natur-Philosophen John Moriarty vor. Der Schriftsteller, Gärtner und Seelenreisende wurde für seine Einsichten und seinen mystischen Blick auf das post-moderne Leben bekannt. John wurde am 2. Februar 1938 in Moyvane, County Kerry geboren und starb am 1. Juni 2007 in seinem Haus am Fuß des Mangerton Mountain bei Killarney. John Moriarty lebte ein außergewöhnliches Leben in der Natur und hinterließ ein reichhaltiges Werk, das uns klare Einblicke schenkt in die Conditio Humana sowie tiefe Erkenntnisse über das Scheitern des Spezies Mensch und über mögliche Auswege aus der Sackgasse, in der wir heute gefangen sind.
Wir stellen das Leben und Werk von John Moriarty erstmals einem deutschsprachigen Publikum vor. Die aktuelle Irlandnews-Serie über den irischen Natur-Philosophen finden Sie hier: KlicK
John Moriarty’s Nichte Amanda Carmody erklärt uns den Satz: „Mutter Erde leidet, und es ist unbestreitbar, dass dies auf die menschliche Gier und Ausbeutung zurückzuführen ist. John Moriarty sagt uns, dass die Wurzel dieses Problems in unserer Wahrnehmung der Erde liegt, die wir beherrschen und dominieren dürfen. Wir haben uns eine Art kulturellen Narzissmus und ein Anspruchsdenken angewöhnt, das dem allgemeinen Wohl des Lebens auf dem Planeten abträglich ist. Diese Denkweise ist so tief verwurzelt und durch unsere Kultur konditioniert, dass wir kaum erkennen, dass es eine alternative Art der Beziehung zur Erde und zueinander gibt.
Wir haben den Indianerhäuptling Seattle vergessen und vielleicht sogar verhöhnt, der die europäischen Invasoren anflehte, die das Land seiner Vorfahren auf der Suche nach ihrem Reichtum zerstörten. Er sagte: „Die Erde ist unsere Mutter. Was immer der Erde widerfährt, widerfährt auch den Söhnen der Erde. Wenn die Menschen auf die Erde spucken, spucken sie auf sich selbst“. Mit unserer vorherrschenden Einstellung waren wir Eindringlinge auf der Suche nach materiellen Vorteilen, mit unserem Verhalten waren wir wie ein Virus für die Erde, wir sahen die Erde als einen toten Wirt, von dem man sich ernähren konnte, eine Ressource, die man kaufen und verkaufen und von der man profitieren konnte. Das muss sich ändern, es ist nicht länger tragbar.
John Moriarty glaubte, dass es eine andere Art des Seins auf der Erde gibt, und er war zuversichtlich, dass sich unsere konditionierte und tief verwurzelte Sichtweise ändern kann, wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist. . . . Dieser Bewusstseinswandel ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig, wenn wir eine Zukunft auf dem Planeten Erde oder auf irgendeinem anderen Planeten haben wollen. . .
John Moriarty nannte seine Autobiographie Nostos, was bedeutet: Eine Reise nach Hause; mystisch gesprochen ist es eine Reise zurück zur Wiederverbindung mit der Quelle des Seins, mit der wir alle verbunden sind. Er nennt diese Quelle häufig „Göttlicher Boden“, ein Begriff, der die Erde und das Göttliche einschließt. Moderne Vertreter verwenden neutralere Begriffe wie Non-Dualität, ultimative Realität, Selbst… .
Der mystische Weg könnte daher als Öffnung zum Göttlichen und als Entfernung der Schleier der alltäglichen Wahrnehmung beschrieben werden. Meister Eckart, den John sehr bewunderte, sagt: „Theologen mögen sich streiten, aber die Mystiker der Welt sprechen dieselbe Sprache“. Außerdem rät er: „Gott wird in der Seele nicht durch Hinzufügen von etwas gefunden, sondern durch einen Prozess der Subtraktion.“ . . .
Das ist mehr als ein Sinneswandel; es ist ein Prozess, den wir erleben und integrieren. Es ist eine Reise, die zu einer vitalen, lebendigen Energie führt, die die Quelle ist, die uns mit der gesamten Schöpfung verbindet, ein notwendiges Loslassen und eine Vereinfachung, die auf diesem Weg unvermeidlich sind.
Unsere Lösungen für die aktuellen Krisen, mit denen die Menschheit und die Erde konfrontiert sind, scheinen unzureichend zu sein. Das Rezept ist eine Art ökologische Zehn Gebote des „Du sollst nicht“, eine immer länger werdende Liste von Richtlinien, wie wir uns verhalten sollen. Dies ist sicherlich wichtig, aber John Moriarty sieht darin keine dauerhafte Lösung. Was wir jetzt brauchen, ist eine Reaktion, die auf Liebe, Integration und tieferer Verbundenheit beruht, mit der Erkenntnis, dass alles Leben heilig ist. Dann werden wir nicht aus Pflicht oder Verpflichtung gegenüber einer weit entfernten Sache handeln, sondern so, wie wir gegenüber unserer Mutter handeln würden, wenn wir sie leiden und kämpfen sehen. Aus dieser Perspektive können und werden wir keinen Schaden anrichten. Ein verändertes Verhalten wird sich unweigerlich aus dieser veränderten Wahrnehmung ergeben . . .
Für die meisten von uns, die fest in der modernen westlichen Denkweise verwurzelt sind, umgeben vom Lärm des industriellen Fortschritts, in der Hektik des modernen Rattenrennens, ist es eine schwierige Umstellung. Geblendet von einer Vielzahl von Farben und hellen Lichtern können wir das göttliche Licht nicht sehen; bombardiert von einem Krieg der Klänge können wir die Schwingung des kreativen Pulses nicht hören oder fühlen. Moriarty spürt einen Durst und einen Hunger nach Veränderung, und er befürchtet, dass dies bald geschehen muss, wenn wir überleben wollen. Wir könnten anfangen, über die Auswirkungen der menschlichen Herrschaft nachzudenken, da jedes Jahr Tausende von Pflanzen- und Tierarten als direkte Folge menschlichen Verhaltens vom Aussterben bedroht sind; Wir könnten über seine Zeile nachdenken: „Die Eier der Amseln hatten keine Zeit, sich an den modernen mechanischen Lärm anzupassen, hatten keine Zeit, sich gegen das rasende Brüllen und das Dröhnen der Kettensäge schalldicht zu machen . . .“
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* Amanda Carmody ist eine Nichte von John Moriarty, eine Tochter seiner jüngsten Schwester Phyllis. Sie verbrachte die ersten Jahre ihres Lebens auf dem Moriarty-Anwesen auf Leitrim Hill und wuchs mit ihrer Großmutter Mary und ihrem Großvater Jimmy sowie dem Ort selbst auf. Ihre Verbindung zu John begann bei dessen Heimatbesuchen und vertiefte sich in späteren Jahren, als er zurückkehrte, um in Coolies am Fuß des Mangerton Mountain in der Nähe von Killarney zu leben. Seit seinem Tod hat sie sich in seine Schriften vertieft. Amanda ist Vorsitzende des John Moriarty Institute for Ecology and Spirituality.
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Fotos: John Moriarty courtesy The John Moriarty Institute; Amanda Carmody: privat; Friedhof Aghadoe Heights, Killarney (oben): Markus Bäuchle
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In Kerry wird noch immer mit ‚Nach tú?´gegrüßt. (Bist das Du selbst?)
Die Antwort darauf lautet ‚Is mé‘ (Das bin ich.)
Ich war mir nicht immer so sicher wer ich wirklich bin und habe diese keltische Selbstsicherheit und Selbstverständlichkeit bewundert.
Meiner Meinung nach haben wir genau das verloren, zu wissen wer wir wirklich sind.
Philosophen und deren Ansichten gibt es viele und das ist gut so. Menschen sind in der Lage über die Welt und sich zu reflektieren. Das ist eine wunderbare Gabe. Das wichtigste ist für mich dabei, dass jedes Menschen Gedanken frei und zulässig sind und geschützt vor jedwedem missionieren. Denn niemand ist im Besitz der Wahrheit, wie lange er auch danach gesucht hat.
Philosophen und deren Ansichten zu verstehen ist das Eine. Sich selbst zu verstehen das Andere. Ich zitiere John Moriarty: “Mutter Erde leidet, und es ist unbestreitbar, dass dies auf die menschliche Gier und Ausbeutung zurückzuführen ist.“ Ich ertappe mich beim Gedanken, ob es wirklich die Mutter Erde ist, die leidet – denn sie kann locker ohne die Menschheit auskommen. Letztendlich ist es wohl eher die Menschheit, die sich selbst Leid zufügt, ohne dafür ein gescheites Bewusstsein zu haben. Ich zitiere: „Indianerhäuptling Seattle meint: Wenn die Menschen auf die Erde spucken, spucken sie auf sich selbst.“ Da kommen wir der Sache wohlmöglich näher.
Ich zitiere:“John Moriarty glaubte, dass es eine andere Art des Seins auf der Erde gibt, und er war zuversichtlich, dass sich unsere konditionierte und tief verwurzelte Sichtweise ändern kann, wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist. . . . Dieser Bewusstseinswandel ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig, wenn wir eine Zukunft auf dem Planeten Erde oder auf irgendeinem anderen Planeten haben wollen.“
Schön und gut – doch das WIE, genau diese Bereitschaft zu erreichen, bleibt in allen Philosophien geschuldet – das WAS dominiert. Wie könnte die Menschheit dazu animiert werden, sich nicht ins eigene Fleisch zu schneiden? Ich persönlich denke, dass das eine zu grosse Nummer ist und wohl oder übel eher Randgruppen vorbehalten bleibt. Zu überwältigend scheint das Mehr derjenigen, denen es aus nicht nachvollziehbaren Gründen egal zu sein scheint. Vielleicht ist es die fehlende direkte Betroffenheit, bzw. das fehlende Bewusstsein für eine drohende kollektive Gefahr – siehe am Beispiel Covid. Auch wenn es ein trauriges und Ieider unpassendes Beispiel ist, so hat sich in der Menschheit immer nur dann eine „solidarische“ Bereitschaft entwickelt, wenn die Bedrohung (auch scheinbare durch die Politik und den Medien hochstilisiert) an massiver (vermeintlicher) Latenz gewonnen hat.
Nochmal, die Natur kann ohne die Menschheit bestens bestehen – selbst als stinkender und verkommener Vulkanplanet. Bleibt zu hoffen, dass die vielen kleinen Bewegungen zum Erhalt einer Natur, die zu uns besser passt als bisher, für einen Ausgleich sorgen können. Was kann ich also als Mensch tun? Die Antwort liegt jetzt auf der Hand – sich in einer entsprechenden Gruppe, eigenständig oder zusammen, zu engagieren. So, wie es letztendlich John Moriarty auf den Punkt bringt mit dem WAS. Ich zitiere: „Gott wird in der Seele nicht durch Hinzufügen von etwas gefunden, sondern durch einen Prozess der Subtraktion.“ Es ist das, was ich selbst als „reduce to the maximum“ nenne.
Vielleicht wird es eines Tages der Menschheit wie in der Geschichte mit dem Hirten, Schaf und dem Wolf ergehen. Aus Langeweile schrie der Hirte sein ganzes Dorf zusammen, dass ein Wolf die Herde bedrohe. Alles was irgendwie konnte, bewaffnete sich mit Mistgabeln und Gewehren. Doch den Wolf entdeckten sie nicht und von den Schafen fehlte keines. Das wiederholte der Hirte ein paar Male noch, bis sich keiner mehr drum scherte.
Es kam, wie es kommen musste und der Wolf erschien tatsächlich. Doch selbst das erbärmlichste Flehen des Hirten nützte nichts, niemand liess sich davon beeindrucken. Hoffen wir, dass es der Menschheit nicht auch so ergeht, dass niemand mehr von einer wirklichen Gefahr Notiz nimmt – während die Natur damit beginnt, sich der Menschheit zu bedienen.
Ganz genau, lieber Lorenzo. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, einem Dipl.-Meteorologen und „Erklärer“, wie das Klimasystem funktioniert, mehrfach zuzuhören (mit kühlem Kopf und auch Humor). Es ging im Wesentlichen darum, auch die „breite Masse“ dahin zu führen, dass man als Gesellschaft das Erdsystem -endlich- als Organismus begreifen muss, die Atmosphäre…
Wie man wieder besser kommunizieren, zu einem Miteinander kommen kann. Es ist und bleibt u.a. die Haltung im Kopf (eines Einzelnen).
Es herrscht zur Zeit immer noch eine „überraschende Unbeteiligtheit“, gleichzeitig bestehende Unsicherheit, es ist ein wissenschaftlich erwiesenes psychologisches Problem: abwarten, vielleicht passiert mir (direkt) noch nichts. Und: spare deine Energie, bevor die (wirkliche) Bedrohung kommt. Wenngleich es dann schon (jetzt) zu spät ist…!?