Knattern & Stinken am Wild Atlantic Highway. Eines der großen Privilegien der Menschen an Irlands Westküste ist die reine Luft, die der Südwestwind ständig frisch vom weiten Nord-Atlantik herbei führt. Saubere Luft ist unser wichtigstes Lebens-Mittel, weit vor Wasser, Licht und sauberer Nahrung.

Der Wild Atlantic Way entlang der irischen Westküste ist eine echte Erfolgs-Story der Kategorie Genug ist nicht genug  – und eine typisch irische Erfolgs-Story dazu: Hier haben schlaue Marketingmenschen mit ganz wenig Einsatz ganz schön viel herausgeholt. Sie haben sich dessen bedient, was bereits seit langem existiert: Küste, Landschaft, Himmel, Wolken, Meer, Dörfchen, Klippen, Strände, Straßen und Sträßchen.

Die Tourismus-Vermarkter haben den kompletten Asphalt zwischen dem Old Head im Süden und dem Malin Head im Norden der Insel kreativ aufaddiert und zur 2500 Kilometer langen Küstenstraße, der längsten designierten Küstenstraße der Welt aufgepumpt. Sie haben ein paar tausend neue Schilder und einige Dutzend Foto-Galgen aufgestellt und ein neues aufmerksamkeits-starkes Etikett draufgeklebt: Wild Atlantic Way. Dass Wohnmobil- und Motorradfahrer daraus nun den Wild Atlantic Highway machen, ist Teil der Erfolgs-Story.

 

Wer kann, der darf. Derzeit knattern und stinken wieder rund zehn Dutzend Uralt-Motorräder unter ihren stolzen Besitzern über den Wild Atlantic Highway. Die 51. Ireland National Vintage Motor Cycle Assembly 2017 tourt durch den Südwesten der Insel. Das Geschwader der 40, 50, und 80 Jahre alten Zweitakter schwängert die zuvor reine Luft mit Fein- und weniger feinem Staub. Die Töffs verbrennen ein Benzin-Motoröl-Gemisch und  geben 120 mal mehr Schadstoffe in die Luft ab als Viertakter*. Wer kann, der darf immer noch. Weil Oldtimer doch so nett sind. Weil wir so herrlich liberal sind.

Weltweit sterben jedes Jahr mehrere Millionen Menschen an Luftverschmutzung ** – hunderttausende auch im vermeintlich sauberen Europa. Dazu kommen viele Millionen kranke Erwachsene und schutzlose Kinder, die unter schmutziger Luft leiden. Zu recht beklagt wird jedes Terrorismus-Opfer. Im Jahr 2016 starben in Europa unter großer Anteilnahme 142 Menschen durch rechten und islamistischen Terror***. Die vielfachen Opfer der Umwelt-Zerstörung leiden und sterben derweil eher unspektakulär im Stillen. Die Autorin und Umwelt-Aktivistin Naomi Klein nennt das die Schock-Doktrin.

Eines der großen Privilegien der Menschen an Irlands Westküste ist an vielen Tagen des Jahres noch immer die reine Luft, die der Südwestwind frisch vom Atlantik herbei weht. Saubere Luft ist unser wichtigstes Lebens-Mittel, weit vor Wasser, Licht und sauberer Nahrung.

 

 

* Quelle: Focus Online

** Quelle: Focus Online

*** Quelle: Zeit Online