Auswandern, Ortswechsel, Neubeginn: Warum zieht es Deutsche (auch Schweizer und Österreicher) ausgerechnet nach Irland? Wie leben sie dort? Wurden ihre Erwartungen erfüllt, was gefällt ihnen, womit haben sie Probleme? Wir stellen Menschen vor, die den Sprung gewagt haben und auf der Insel leben.
Manuela Goeb (48) lebt seit 6 Jahren in Kenmare, County Kerry. Manuela ist gelernte Krankenschwester und arbeitet heute als Bäckerin auf der Insel. Ihre Brote und Backwaren sind weit über die Grenzen Kenmares hinaus bei Kontinental-Europäern und Iren beliebt.
Manuela warum lebst Du in Irland? Was hat Dich hierher geführt?
Vor mehr als 20 Jahren verliebte ich mich während einer Radtour in das Land und in die Leute, da entstand der Wunsch, in Irland zu leben. Zwischen dem „falling in love with the country“, und dem wirklichem Entschluss, hier zu leben und den Schritt zu wagen, lagen dann doch noch einmal fast 15 Jahre. Ich wollte allerdings niemals mehr als Krankenschwester arbeiten, so überlegte ich mir, was ich im Irland-Urlaub am meisten vermisste. Das war eindeutig: gutes Brot. Daher kam der Entschluss, eine Bäckerei zu eröffnen. So gründete ich 2004 „The Breadcrumb – bakery and pastry-shop“ in Kenmare.
Leckeres aus der Bäckerei „The Breadcrumb“ in Kenmare
Ist Dein Aufenthalt zeitlich begrenzt?
Zeitlich begrenzt nur dahin gehend, dass unser Leben endlich ist. Ich werde niemals mehr zurück nach Deutschland gehen, so hoffe ich, mein Leben in Irland zu fristen – abgesehen von einem längeren Abstecher eventuell nach Italien. The Breadcrumb wird es allerdings hier weiterhin geben.
Haben sich die Erwartungen an das neue Leben erfüllt? Wie gefällt es Dir heute?
Am Anfang war es natürlich schwer, die „weissbrot-verwöhnten“ Iren an richtig gutes Brot zu gewöhnen, aber steter Tropfen höhlt den Stein – es hat geklappt und ich zähle auch sehr viele Iren zu meinen Kunden. Ich liebe die Freiheit, die Natur, das Land und die Leute. Wie in jedem anderen Land gilt es ab und zu Hürden zu überwinden und Problemen zu begegnen, sprich Lösungen zu finden – das macht das Leben sehr interessant – aber noch interessanter in Irland.
Manuelas Marketing-Konzept :-)
Wie lebt es sich als Deutsche auf der Insel? Wie kommst Du mit der irischen Mentalität und mit den Menschen zurecht?
Ich habe keine Probleme, als Deutsche auf der Insel zu leben. Ich liebe die irische Mentalität, den Humor und die Leichtigkeit, mit der Iren leben – ganz im Gegensatz zu uns Deutschen.Als Geschäftsfrau hat es mich allerdings auch schon das eine oder andere Mal in die Verzweiflung getrieben, wenn ich dringend einen Elektriker benötigte und ich nie wirklich wusste, was „see you later“ eigentlich meint – Stunden, Tage, Woche? Aber es klappt dann schon immer – take it easy. Wie „wir“ Iren sagen – could be worse!
Objekt der Begierde: Laugenbrezeln wie bei Bäcker Müller
Hast Du irische Freunde, einen Freundeskreis, gute Bekannte?
Ich habe seit vielen Jahren sehr gute irische Freunde in Dingle, Kenmare und West-Cork.
Bedingt durch mein Geschäft komme ich natürlich mit vielen Leuten in Kontakt, woraus sich schon die eine oder andere Freundschaft entwickelt hat. Schwieriger ist es für mich dann manchmal, wegen Zeitmangel, diese Freundschaften auch regelmässig zu pflegen – aber richtige Freunde haben auch hierfür Verständnis. Ich habe natürlich nach wie vor meine Freunde in Deutschland – die mich auch regelmässig besuchen kommen. Ob das wohl am Land liegt?.
Was magst Du besonders an Irland?
Die Leichtigkeit des Seins.
Den Humor.
Die Natur.
Schneckennudeln, eine Spezialität der Bäckerei „The Breadcrumb“
Was magst Du nicht an Irland?
Dass Irische Produkte in Deutschland billiger sind, als in Irland, zum Beispiel Käse, Butter, Whiskey.
Dass jeder, der einen Schraubenzieher halten kann, behauptet, ein Mechaniker, Schreiner, Elektriker zu sein, sprich die Handwerks-Qualität.
Drei Wochen weniger Regen wären manchmal auch ganz schön.
Was aus der „alten“ Heimat vermisst Du hier?
Eine richtig gute Bratwurst – aber dank Lidl wird auch dieses Verlangen ab und zu befriedigt. Die Handwerks-Qualität, die in Deutschland wohl unschlagbar ist.
Hat sich Dein Blick auf Irland in der Zeit, in der Du hier lebst, stark verändert?
Viele Leute sehen Irland natürlich als romantisches Urlaubsland und sind überwältigt von der Schönheit und der Gastfreundschaft der Leute – aber der Alltag schlägt natürlich, wie in jedem Land zu, sobald du hier lebst und arbeitest. Es sieht von außen immer sehr easy-going aus, aber in Wirklichkeit hat auch Irland Bestimmungen, Vorschriften und Bürokratie.
Manuelas Firmenauto vor der Bäckerei
Würdest Du den Schritt noch einmal tun?
Auf jeden Fall: Wenn wir etwas Aussergewöhnliches erleben wollen, müssen wir etwas Aussergewöhnliches dafür tun. Ich liebe es, hier zu leben. Life is short!
Und ansonsten?
Ich würde mir wünschen, dass wir Deutsche uns eine schöne Scheibe von dieser Leichtigkeit und Sorglosigkeit, die in den Iren lebt, abschneiden könnten und wirklich viel gelassener werden. Die Iren tanzen, musizieren, treffen sich in Pubs und warten nicht, wie in Deutschland, bis sie die Rente erreichen, um dann anzufangen ihr Leben zu geniessen.
Mehr Informationen zu Manuela und ihrer Bäckerei in der New Road von Kenmare gibt es hier: www.thebreadcrumb.com.
Hallo Markus,
Als erstes fällt mir auf, wie sehr die Iren ein „Can-Do Attitude“ haben und wie oft die deutschen Handwerker ein „Can’t-Do Attitude“ zeigen. Sprich: wenn irgendetwas gemacht werden muss, die deutschen Handwerker sehen meistens nur einen Weg (zufälligerweise immer den teuersten und aufwendigsten, auch wenn wir alle wissen, dass es andere Möglichkeiten gibt.) Sind Leute aus anderen Ländern mit am Bau – Italiener, Polen, – können sie meistens etwas anders vorschlagen (oder ich rufe Verwandte/Freunde in Irland an, die sich mit dem Problem auskennen, und sie schlagen etwas vor.) Meistens wird sehr ungerne eingeräumt, dass, naja, man könnte es auch so machen, das stimmt ;-)
Wir sind auch ein paar Mal im Stich gelassen worden, Handwerker kamen zu spät oder gar nicht zum Termin, es wurde am Bau gepfutscht, zu viel kassiert, zu viele Arbeitsstunden eingetragen … die üblichen Geschichten!
Das gesagt, ich lebe sehr, sehr gerne hier und meine Erfahrungen als Irin in Deutschland sind überwiegend positiv. Ich finde diese Webseite deshalb so faszinierend, weil ich mir nicht vorstellen kann, zurück nach Irland zu ziehen und finde es sehr schön, mein Land aus einem anderen Sichtwinkel zu betrachten!
Als Irin die in Deutschland lebt musste ich über das Kommentar über die Handwerkerqualität in Deutschland so laut lachen, dass ich mein deutsch-irisches Kind geweckt habe! Wir renovieren gerade ein altes Haus in Bayern und ich könnte ja Geschichten von den deustchen Handwerkern erzählen …
Schöne Webseite und sehr interessant für mich zu sehen, wie mein eigenes Land gesehen wird :-)
Hallo Olivia, Du machst mich neugierig, erzähl doch mal von den deutschen Handwerkern :-)
Wir waren letztes Jahr im Juli dort, zufällig, waren über die Brotqualität und Auswahl sehr erstaunt, das hier erklärt aber alles. :-)
Wir werden 2013 mal wieder vorbei schauen, hoffen wir jedenfalls.
Gruß
Christian
Das lohnt sich immer mal. Michaela macht die besten Brezen auf der Insel (soweit ich mich herumgegessen habe. Wer anderer Meinung ist, soll eine Konkurrenz-Brezel vorbeischicken. Die Brezen von Lidl (gibt es seit 1 Jahr) sind vom Teig her auch nicht schlecht, doch zumeist zu lange gebacken (und dann trocken).
Echt super…
„Laugeweck un Bräzle“ in Irland… :o)
Meine Freundin und ich werden auf unserer Irland-Reise im September auf jedenfall im „The Breadcrumb“ einkaufen.
Grüße aus Deutschand
Also, diese homepage hat uns unheimlich inspiriert und wir werden uns das Ganze im August gleich mal anschauen und freuen uns riesig darauf – Irland wir kommen! see you later … greetings from Barbara, Cläudi, Uschi und Gaby
passt gut, ich esse hier in süddeutschland pausenlos laugenbrötchen und brezeln! allerdings für 50 bis 60 cent pro stück ;-)