Natur. Mensch. Meine Gedanken kreisen seit Monaten um das Thema Natur. Genauer: das Thema Natur und Mensch. Einer der tröstlicheren Gedanken: Ich bin damit nicht alleine. Es mag sogar eine Zeitgeistmode sein. Sogar der Papst hat seinen Schäfchen — und nicht nur diesen — nun gehörig die Leviten gelesen. Kehrt um! Der Heilige Franz II kanns.
Einige Assoziationen zu meiner Natur-und-Mensch-Lektüre der vergangenen Tage:
Klimawandel. Klima-Klemme. Warum unser Kampf gegen den Klimawandel gescheitert ist.
Macht uns die Sehnsucht nach der Natur und nach dem einfachen Leben zu Helden oder Clowns?
Einfach leben. Zurück zur Natur. Mit allem Luxus und dem Rohkost-Mixer für 900 Euro.
Einfacher leben. Einfach noch bequemer.
Die Deutschen, Weltmeister der peniblen Mülltrennung, machen mit den meisten Müll aller Europäer.
Die Rückkehr der Wildnis. Rückkehr zur Wildnis. Leben wie in der Steinzeit. Dinieren im neuen Paläo-Restaurant.
Die Natur will Dich zurück. Die Wildnis beginnt vor der Haustür. Oder mit der Wildnis-Sendung vor dem Fernseher.
Laudato si: Über die Sorge für das gemeinsame Haus. Macht Euch die Erde nun doch nicht untertan.
Die Zerstörung ist allgegenwärtig. Tiere, Pflanzen, Lebensräume verschwinden in nie gekannter Geschwindigkeit. Im Namen des „Wachstums“. Amen.
Den kaum zu verstehenden Grundwiderspruch zwischen Natur und Mensch formuliert der Guardian-Kolumnist George Monbiot so: Eigentlich will kein Mensch die Natur zerstören oder unsere natürliche Welt zugrunde richten. Und doch tobt vor unser aller Augen die Naturzerstörung gigantischen Ausmaßes*.
Warum lassen wir das alles zu, obwohl wir es doch gar nicht wollen: die wüste Plünderung unseres gemeinsamen Hauses durch unsere Institutionen und Korporationen, die alleine von uns Menschen geschaffen wurden und die von uns betrieben werden: Die endlos gierigen Multinationals, die gefräßigen Banken, die Internet-Monster des neuen Turbo-Kapitalismus. Die süchtigen Hyperkonsumenten, die niemals genug bekommen können: Das alles sind wir. Menschen. Wenn irgendwo in irgendwelchen Chef-Etagen oder Verschwörungszirkeln Aliens im Spiel sein sollten, dann sind wir diese Aliens. Keine Entschuldigung also.
Wir müssen uns fragen: Warum hat die Natur so wenig mächtige Fürsprecher? Warum kämpfen wir nicht kompromisslos für das, was wir lieben? Warum gibt es keinen Aufstand der Naturschützer, keine Revolution für den Schutz unserer gemeinsamen Hauses? Warum engagieren sich Menschen für jeden Kehricht, aber nicht für den Schutz ihrer ureigenen Lebensgrundlagen? Sind wir zu feige? Wissen wir nicht, wo anfangen? Oder sind wir einfach nur gleichgültig?
George Monbiot spricht von Ecological Boredom (Ökologischer Langeweile), die uns Zeitgenossen quält. Kann es sein, dass wir die Verbindung zur Natur und damit zu unserer ureigenen Natur verloren haben und dass wir nur hilflos versuchen, dieses existentielle Vakuum, das tief in unserem kollektiven Unbewussten gründet, mit materiellem und immateriellem Konsum zu füllen? Wie können wir heilen, was zerbrochen ist?
Wir wollen versuchen, die Fragen zu beantworten. Ihnen nachsinnen und nachspüren. Darüber fühlen und denken. Wir ziehen uns dazu im August und im September jeweils eine Woche gemeinsam in die Natur der irischen Berge zurück. Wer mitkommen will, findet die Informationen hier in diesem Blog-Eintrag. Wer Probleme mit dem Teilnahmepreis hat, der sollte kein Problem sein: Bitte Mail an markus@wanderlust.ie
* Lesetipp: www.monbiot.com
Fotos: Gold Eagle Trust (oben), Markus Bäuchle (unten)
@ Markus > Die Deutschen, Weltmeister der peniblen Mülltrennung, machen mit den meisten Müll aller Europäer…..
Seit ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit unterwegs bin und deshalb Wartezeiten auf Bahnhöfen, S-Bahnstationen oder Busbahnhöfen habe, erlebe ich täglich sehr deutlich, wie achtlos der Müll unserer Wegwerfgesellschaft auf unseren Bahnhöfen landet, aber leider nicht nur dort. Pappbecher, PET-Flaschen, tausende von Zigarettenstummeln, Plastiktüten, Verpackungen u.v.m liegen auf den Bahnsteigen, in Unterführungen und auf den Bahngleisen. Und wenn da noch 100 Mülleimer stünden, es würde nicht besser aussehen, wage ich zu behaupten. Denn viele der vorhandenen Mülleimer sind schlichtweg überfüllt, mit Pizza-Kartons und anderem sperrigen Müll. Es ist schon traurig, dies zu sehen.
Einer früheren Nachbarin unserer Familie ist es bei einem ihrer letzten Besuche in Europa, vor drei Jahren schon aufgefallen, wie schmutzig es in Deutschland geworden ist. Es liegt sicher nicht nur daran, dass die Kommunen am Personal in der Stadtreinigung sparen, oder ???
Wenn ich das lese, möchte ich gerne auf Immanuel Kant’s Kritik der reinen Vernunft verweisen … wir wissen mal rein gar nichts.
Unsere Fähigkeit Empathie zu empfinden und die Natur zu „spüren“ und im Einklang mit ihr zu leben, setzt humanitäre Eigenschaften vorraus, Güte, Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, die nichts mit Vernunft zu tun haben.
Interessant zum Thema wäre auch Robert Pfaller’s Studie: Wofür es sich zu leben lohnt.
Mise le meas.
Jürgen
Der Mensch hat das „Menschsein„ in manchen Dingen leider verloren oder ist auf dem besten Wege dahin.
Es kommt mir immer öfter so vor, als ob nur ferngesteuerte Konsumenten einen umgeben. Auf dem Weg zur Arbeit (mit der S-Bahn) sitzen, mit leuchtenden Gesichtern (von Smartphone usw.), einem Leute gegenüber,die der Welt völlig entrückt zu sein scheinen. Da wird auf den Dingern hin und her gewischt was das Zeug hält. Oder ach so tolle Spiele gespielt, die bei jedem Abschuss bzw. Gewinn die grausigsten Töne von sich geben. Immer höher, schneller, weiter. Man brauch unbedingt das neuste was die Industrie einem um die Ohren haut, damit man ja den Anschluss nicht verpasst.
Oder muss man seinen Arbeitsweg (zu Fuß in 2 min.) mit dem Auto zurück legen ? Wozu kaufen wir im Überfluss, um hinterher schlecht gewordene Lebensmittel wegzuwerfen ? Abgelaufene, aber immer noch einwandfreie Lebensmittel hinterher. Ja wer sind wir denn ?
Ein Umdenken und ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung wäre gar nicht soooo schlecht. Doch wer macht den Anfang ?
Einen lieben Gruß von U2
Es gibt einen Spruch : „Alle wollen zurück zur Natur, nur nicht zu Fuß“ – da ist zweifellos was dran…..
Das mit den Smartphones erlebe ich auch täglich auf dem Weg zur Arbeit. Wenn 50 Leute um 06:00 Uhr früh in der S – Bahn sitzen, sind bestimmt 90% davon mit ihrem Smartphone beschäftigt. Die einen haben es dauerhaft in der Hand, andere nehmen es alle 5 – 10 sec. aus Handtasche oder Hosentasche, weil eine Vibration verkündet, dass eine SmS, Facebook -bzw. What’sApp Message eingegangen ist. Heute morgen auf dem Weg zur Arbeit, ich sitze am Bahnhof in Z. neben mir ein mir unbekannter Mann, der mir mitteilt “ Sch…., ich habe meine Stempelkarte zuhause vergessen !“ sprach’s und wandte sich seinem Spiel auf dem Smartphone zu, das dabei äusserst nervende Töne von sich gab…..Ja, Hauptsache, das Smartphone ist dabei….erste Anzeichen von Digitaler Demenz ???
Weil es, unter Berücksichtigung der Grenzen unserer Vernunft, vernünftig ist.
Wo und wie genau ziehst Du diese Grenzen?
Eine zutiefst philosophische Frage, die immer wieder gestellt und von weitaus klügeren Köpfen bislang nicht befriedigend beantwortet worden ist.
Ich kann nur selber Fragen:
Ist es Vernünftig ein Land zu besuchen und über die Schönheit zu schwärmen, dabei überdurchschnittlich viele Ressourcen zu verbrauchen in dem Bewustsein, dass dieses Privileg, wenn es alle Erdenbewohner für sich in Anspruch nehmen könnten und würden, zwangsläufig zu einem noch schnelleren ‚Untergang‘ unserer bekannten Welt führen würde?
Sollen wir auf alles ‚Unvernünftige‘ verzichten?
Bleibt nur ein Leben als Asket oder Eremit?
Ist es nicht Vernünftig eine gewisse ‚Zerstörung‘ zu akzeptieren um den akuten Fortbestand meiner Familie,Sippe, Rasse, Volk….zu ermöglichen.
Ist es vernünftig zu Verzichten, wenn dadurch mein Fortbestand gefährdet ist?
Ist es nicht vernünftig nach Reichtum, Bildung und Schönheit zu streben, wenn dies unsere ureigensten Triebe für unsere Fortpflanzung sind?
@Dieter: Wenn Vernunft uns Menschen zum Überleben befähigen soll, dann sind Deine Fragen insgesamt mit „Nein, es ist nicht vernünftig“ zu beantworten. Vernunft bedeutet auch, sich verantwortungsvoll für sich und die anderen selber zu beschränken und nicht alles zu machen, was einem möglich ist, nur weil man´s kann. Und ja, das gilt auch für das Reisen und das Reisen veranstalten. Und die von Dr angesprochene akzeptierte Zerstörung (Umwandlung von Boden in Kapital) bedroht ja zunehmend den Fortbestand von Familien, Sippen . . . und unseren Nachfolgegenerationen.
Ein gern genommenes Zitat der Indianer….
Wir können davon ausgehen, dass die „Vernunft“ der Menschen nicht ungleich unter den ethnischen Gruppen verteilt sind.
Ob die Indianer diesen Zusammenhang „erkannt“ haben, oder einfach die Geldwirtschaft als etwas unbekanntes und damit unbegreifliches abgelehnt haben, ist fraglich.
Umweltzerstörung bis zur Vernichtung der eigenen Existenzgrundlagen ist in allen Kulturen, auch bei Indianern vorgekommen.
Die biologischen Grenzen unserer Vernunft lassen es auch nicht zu, dies vollkommen auszuschließen.
Diese biologischen Grenzen sind auch ein Geschenk, welches uns so wunderbar unvernünftig sein lasst, Dinge zu lieben die rational nicht zu erklären sind. Es gibt 1000 rationale Gründe Irland abzulehnen….
Die gibt es sicher, lieber Dieter, wer schreibt das Buch dazu?
Warum aber zerstören wir das, was wir jenseits der Vernunft lieben?
Vernuft basiert auf Wissen. Wir wissen gerade mal 4% des Universums. Alles Kopfgewichse.
Kindness matters.
http://youtu.be/N0vO5zc73qk
Good thoughts. Well done.
Die Indianer hatten das schon vor langem gut erkannt:
„Die Erde ist unsere Mutter und seine Mutter bringt man nicht um.“
„When the last tree is cut down, the last fish eaten and the last stream poisoned, you will realise that you cannot eat money.“
Ihr Untergang war ihr anderes Bewusstsein und ihr Unverständnis, daß jemand die Erde besitzen kann, wo doch eigentlich die Erde uns besitzt.
Misguided minds überleben nicht lange, dafür sorgt die Natur schon. Hoffnung liegt in der Tatsache, daß die Menschheit immer mehr zusammenrückt z.B. mit dem Interweb. ;)
Spread the love … J.
Ich denke, wir haben das Gefühl dafür verloren was uns fehlt. Wenn ich Disteln aus den Pflasterfugen zupfe sagt mir mein Nachbar, dass es dafür Roundup gäbe und ausnahmslos alle rundrum verwenden Schneckenkorn. Mit einem giftfreien Garten gilt man als dumm. Die Vergiftung der Erde hat inzwischen alles durchdrungen, Erde, Luft Wasser. Die gesammte Wirtschaft ist durchdrungen von lebensfeindlichen Vorgängen, eine (welche?) Ethik ist komplett außen vor. Ich verstehe, dass man da resigniert und den Kopf in den Sand steckt und trotzdem: Wenn es auch nur kleine Schritte sind, man kann und muss!!! etwas tun. Ich kenne den echten Geschmack reifen Gemüses aus dem eigenen Garten und einfache gute Mahlzeiten noch aus meinem Elternhaus und gebe das laufend an die nächste Generation weiter. Mein Sohn hat Bienenstöcke bei uns im Garten, wo Blindschleichen, Igel und viele andere „wilde“ Tiere eine kleine Nische finden. In unserer Gegend nicht selbstverständlich. Es ist nicht um mein Gewissen zu beruhigen, es ist, weil es sich wunderbar anfühlt wenigstens ein kleines Fleckchen Frieden in meinem Umfeld zu haben.
Intensive Naturerfahrungen können eine Wende bringen und die Sensibilität dafür schulen, was wir im Begiff sind zu verlieren. Ich hoffe es gibt den Schneeballeffekt für jede Bemühung, die in eine neue Verbindung zur Natur zielt. Nicht für die Erde, die ist in jedem Fall stärker als wir, sondern für uns Menschen. Frieden in der Welt ist ohne eine Achtung unserer großen Mutter Erde gegenüber nicht möglich.
Mein Zugang wäre eine „stille Revolution“, wenn man denn einen Namen dafür braucht. Und ich glaube fest daran, dass eine Wende mit jedem noch so kleinen Einsatz Vieler zu schaffen ist. Sich bewusst machen, was im eigenen Leben gewattätig läuft (auch dort, wo man nicht gerne hinschaut) und in kleinen Schritten aussteigen wo man es schafft. Manches geht erstaunlich leicht ;-) Unser Garten ist wunderbar grün, obwohl hier auch Heerscharen von Schnecken leben (bitte nicht lachen, es ist die Philosofie der kleinen Schritte)…
Liebe Grüße auf die Insel und eine schöne Wildniswoche!!!
Elisabeth