Irland Ruhe

 

Sitzen und Schauen: Diese Zeit, dieser Herbst vor einem langen Winter, ist in bewohnten und in virtuellen Räumen schwierig und manchmal schwer zu ertragen.

Das Dauer-Bombardement der schlechten Nachrichten. Der Dauerstress zwischen Inzidenzen und Hospitalisierungsquoten, zwischen letzter und nächster Welle, voller Schuldzuweisungen, Aggression und Intoleranz, zwischen Impfdruck und Booster-Manie. Homeoffice-Isolation, Ausgeh-Fieber und Berührungs-Hemmung. Die große Angst vor dem kommenden Winter . . .

Wie können wir dieser Hysterie entgehen, die unseren Alltag nun seit 20 Monaten prägt? Lassen wir es nicht zu, dass wir dauernd von Äußerlichkeiten aus unserer Mitte gezerrt werden. Gehen wir hinaus, zurück zu uns.

Erlauben wir uns eine tägliche kleine Reise der inneren Einkehr draußen in der Natur: Ich schalte den Computer aus, lasse das Smartphone, die Nachrichten aus dem virtuellen Raum zurück. Ich gehe zu Fuß zu einem Ort, der mir gefällt. Mal kürzer, mal länger. Ich setze mich, atme, schaue, höre, nehme meine Umgebung wahr und denke: nichts. Bald rauschen die Gedanken an mir vorbei.

Nach einer Weile teilt der Ort seine Ruhe mit mir. Er nimmt mich auf. Alles wird ruhig. Die inneren Quellen beginnen zu fließen, die innere Stimme spricht leise zu mir.

Heute: Am Ufer des Flusses, am Ufer des Sees

Ich höre dem Wasser zu. Es murmelt, es gurgelt, es plätschert und rauscht. So wie gestern, vorgestern, wie vor ewigen Zeiten schon. Und genauso wie morgen. Das Wasser tut, was es immer schon tut, und was es auch morgen tun wird. Es spricht eine zeitlose Sprache. Es macht mir klar, dass die Stille auch laut sein kann.

So kann ich zu mir kommen und bei mir bleiben. Einen Fluss oder einen See gibt es fast überall.

 

Foto: Markus Bäuchle. Ein Fluß, ein See, ein Fischerhäuschen in Connemara