Hore Abbey, Co Tipperary

 

Soul Places. Unsere Irlandnews-Autorin Sandra Böttcher hat ihr Irland-Buch geschrieben: „Soul Places. Die Seele Irlands spüren“. Die viel gereiste Irland-Kennerin stellt 80 besondere Orte und Plätze auf der grünen Insel vor, Orte, die sie selbst besucht und erlebt hat. Soul Places, das sind nach dem Verständnis des Verlags „Orte, an denen wir die Seele des Landes spüren, mit der Natur, den Menschen und ihren Geschichten in Berührung kommen.“ Soul Places sind also Seelenorte, Sehnsuchtsorte, stille und bisweilen auch belebte, lebendige Orte, Lieblingsorte. Sie mögen bekannt und beliebt sein oder im Verborgenen gelegen haben. Spätestens mit Sandras Buch sind auch sie keine Geheimtipps mehr sondern Reise-Empfehlungen.

Seelenorte: In Zeiten, in denen Irland seine Seele fortschrittsversessen und naturvergessen unter Asphalt, Beton und einer dicken eisigen Schicht Materialismus versteckt, kann ein solches Buch gut tun. Oft sind es die Besucher, die das Besondere eines Ortes sehen, fühlen und erkennen. Vielleicht lassen sich manche Ansässige inspirieren.

Sandra BöttcherSandra Böttcher (Foto) war und ist immer besonders gerne an Irlands Atlantikküste und sehr oft im Südwesten der Insel, in West Cork und Kerry unterwegs. Ihr Buch hat deshalb einen natürlichen Schwerpunkt  – Vorlieben, die wir teilen. Ich habe sie nach ihren drei Lieblingsorten außerhalb ihrer Lieblingsregion gefragt. Heute stellen wir den dritten und letzten vor, eine kleine Leseprobe aus Soul Places: Die Ruine von Hore Abbey liegt im touristischen Schatten des Rock of Cashel im County Tipperary.

 

Wo die Mönche spuken: ein Hauch vom früheren Klosterleben

Irland ist voll von spirituellen Orten, man muss sie nur finden. Wo Kühe und Schafe friedlich in der grünen Landschaft grasen, liegt das eindrucksvolle Überbleibsel der reichen Klostertradition Irlands: Hore Abbey. Man muss sich diesen Ort kaum mit anderen teilen, die Besucherströme zieht es zum berühmten Rock of Cashel, der hoch oberhalb der Ruine thront.

Göttliche Kraft
Wenn man sich der verfallenen Abtei auf dem kleinen Pfad entlang einer Weide nähert, könnte man meinen, mit dem nächsten Schritt um die Ecke in eine längst vergangene Zeit versetzt zu werden. Die Hauptkirche mit ihrem kreuzförmigen Grundriss, dem langen Kirchenschiff und hoch aufragenden Wänden erweckt ein Gefühl der Demut und des Respekts. Der heute dachlose Kreuzgang war einst das Herz des klösterlichen Lebens und vermittelt immer noch, welch strengen, spirituellen und einfachen Alltag die Mönche geführt haben müssen. Man schreitet über die alten Steine und wandert zwischen den gotischen Bögen, schaut durch leere Fensterhöhlen. Es scheint, als wären die Ordensgeistlichen anwesend, man kann förmlich ihre gesungenen Gebete und Lesungen hören, die vor langer Zeit durch die Räume hallten. Als hätten die Mönche ihre Erinnerungen hiergelassen.

Unheimlich
Heute kreisen Nebelkrähen über der verwitterten Ruine und haben ihre Unterkunft in den uralten, von Flechten und Moos bedeckten Mauersockeln und Steinnischen gefunden. Mit ihrem schwarzen Gefieder und der grauen „Kapuze“ ähneln sie der Kleidung von Mönchen.

Ursprünglich eine benediktinische Einrichtung, erlebte die Abtei im 13. Jahrhundert einen Wandel, als die Zisterzienser sie zu ihrer eigenen machten. Das hatte einen Grund. Der Erzbischof von Cashel vertrieb die Mönche, denn nach einer Legende träumte er, dass die Benediktiner seinen gewaltsamen Tod planten, ein Attentat auf ihn verüben und ihn enthaupten würden. Die Klosterruine ist ein Ort der Einkehr, an dem man die Mystik des Mittelalters spüren kann – und ein ergreifendes Zeugnis für die tief verwurzelte Ehrfurcht Irlands vor dem Göttlichen und dem Ewigen.

 

Weitere Seelenorte stellt Sandra hier und hier vor.

 

Soul Places Sandra Böttcher

 

Sandra Böttcher: Soul Places. Die Seele Irlands spüren; Reise Know-How Verlag Bielefeld, 20 €. Bei jedem lokalen Buchhändler oder hier bei Buch 7, dem fairen Online-Buchhandel.

 

Titel-Foto: Hore Abbey ©Tipperary Tourism