Heute beginnt in Davos die 2023er-Show der Mächtigen und der Wohlhabenden: Die Lobbyvereinigung der größten Konzerne der Welt, das Weltwirtschaftsforum, diskutiert mit Politikern und mächtigen Vertretern der Zivilgesellschaft wieder  “Wege in eine bessere Welt”. Und auch wenn das Gegenteil behauptet und beklagt wird: Es läuft – Krisen hin, Krisen her –alles gut für “die da oben”. Das für die Mächtigen und Reichen vorteilhafte Wirtschafts- und Finanzsystem hat die Umverteilung des Wohlstands von unten nach oben weiter optimiert. Der neue Report der Entwicklungsorganisation Oxfam weist nach: Die eklatante Ungleichheit zwischen Armen und Reichen hat in den Pandemie-und-Kriegsjahren noch einmal drastisch zugenommen.

Erstmals seit einem Vierteljahrhundert stiegen sogar der extreme Reichtum des einen Prozent und die extreme Armut der Unterprivilegierten gleichzeitig. Während große Lebensmittel- und Energiekonzerne und ihre Aktionäre im Krisenjahr 2022 zusäztliche Krisengewinne von über 300 Millliarden US-Dollar scheffelten, wissen hunderte Millionen Menschen auf der Welt nicht mehr, wie sie ihr Essen, ihre Mieten und ihre Energierechnungen bezahlen sollen. Die dramatische Ungleichheit setzt Gesellschaften und politische Systeme weltweit unter massiven Druck und bedroht die Demokratien. Seit 2020 gingen 26 Billionen US-Dollar (63 Prozent) der globalen Vermögenszuwächse in Höhe von 42 Billionen US-Dollar an das reichste eine Prozent der Weltbevölkerung, die 99 Prozent teilen sich den Rest (37 Prozent).

1435 Menschen in Irland besitzen mehr als 50 Millionen Dollar

Auch Irlands Superreiche sahnen in Zeiten der Krise kräftig ab. Die Zahl der Superreichen auf der Insel ist in den letzten zehn Jahren laut Oxfam schnell gestiegen. Das reichste eine Prozent der Bevölkerung hat seit 2012 70 mal mehr Vermögen angehäuft als die unteren 50 Prozent. Die Zahl der Menschen mit einem individuellen Vermögen von mehr als 50 Millionen Dollar (46,6 Millionen Euro) ist sprunghaft angestiegen und hat sich zwischen 2012 und 2022 von 655 auf 1.435 Personen mehr als verdoppelt. Von jedem 100-Dollar-Vermögen, das in diesem Zeitraum in Irland geschaffen wurde, gingen 34 Dollar an das reichste eine Prozent, während weniger als 50 Cent an die unteren 50 Prozent gingen.

Irlands reichstes eine Prozent hat seit 2012, als die irische Wirtschaft sich aus der Rezession erholte, mehr als 70 mal mehr verdient hat als die gesamte untere Hälfte der Bevölkerung. Die beiden reichsten Menschen Irlands, die Gründer des Zahlungsunternehmens Stripe, Patrick und John Collison, besitzen mit zusammen 15 Milliarden Euro mehr Vermögen als die 50 Prozent der Bevölkerung am anderen Ende des Spektrums, die gemeinsam nur 10,3 Milliarden Euro besitzen.

Jim Clarkin, Geschäftsführer von Oxfam Irland, sagt: “Der wachsende Reichtum an der Spitze und die zunehmende Armut für den Rest sind zwei Seiten derselben Medaille, ein Beweis dafür, dass unser Wirtschaftssystem genau so funktioniert, wie die Reichen und Mächtigen es geplant haben. Vor zehn Jahren schlugen wir auf dem Weltwirtschaftsforum zum ersten Mal Alarm wegen der extremen Ungleichheit, und seither haben die Milliardäre der Welt ihr Vermögen fast verdoppelt. Da eine Krise nach der anderen die ärmsten Menschen am härtesten trifft, ist es an der Zeit, dass die Regierungen, auch die irische, die Reichen besteuern”.

Oxfam schlägt vor, dass die irische Regierung eine moderate Vermögenssteuer mit gestaffelten Sätzen von zwei bis fünf Prozent für Vermögen über einem Schwellenwert von 4,7 Millionen Euro einführt. Diese Steuer würde dem Staat jährlich 8,2 Milliarden Euro einbringen, mit dem er die öffentlichen Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Wohnungsbau und Bildung verbessern könnte. Wer die Lage in Irlands Krankenhäusern, auf dem Wohnungsmarkt und in den Schulen kennt, fragt sich, warum dies nicht längst geschehen ist. Oxfam fordert auch eine internationale Lösung zur Besteuerung der Superreichen dieser Welt. Die aber geben gehortetes Geld – wenn überhaupt – lieber nach eigenem Gutdünken als Spenden an die Gesellschaft zurück und lassen sich dafür als Menschenfreunde feiern.

Foto: Bundesbank