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Puffin Skellig Michael

Papageientaucher auf Skellig Michael

 

Im Boot unterwegs auf die mystische Felseninsel Skellig Michael im Nordatlantik, zwölf Kilometer vor der Küste von Kerry. Ich erkundige mich nach den Papageientauchern. Skipper Peter sagt: “Rede mit Catherine auf der Insel. Sie kennt die Puffins wie keine andere, sie liebt die Vögel und weiß alles über sie.” Ich hatte schon von Skellig Catherine gehört, der Hüterin der Papageientaucher – und ja, natürlich, ich hatte sie vor neun Jahren schon auf der Insel getroffen. Doch damals interessierten mich nur die die alten Steine der Mönche.

Catherine Merrigan

Catherine Merrigan

Catherine Merrigan ist eine von fünf offiziellen Insel-Guides, die von April bis Oktober auf Skellig Michael leben und arbeiten. Es ist ein strahlender Tag. Catherine sitzt auf einer Mauer in der Klosteranlage, am Ende der 700 alten Steinstufen. Die 56-jährige Irin aus Wexford verbringt ihren 21. Sommer auf Great Skellig. Sie steht früh morgens mit den Papageientauchern auf, sie erklärt den Besuchern die Insel und ihre früheren und heutigen Bewohner, sie mahnt sie zu Vorsicht und Rücksicht, sie verabschiedet das Licht des Tages hoch oben im berühmten Kloster.  Ich habe mit Catherine über die geliebten Puffins, die Felseninsel und ihr Leben auf der Insel gesprochen.

Catherine, Du lebst und arbeitest seit über 20 Jahren jeden Sommer auf Skellig Michael. Dieser Ort zieht Dich ganz offensichtlich an . . .

Stimmt. Skellig Michael faszinierte mich seit dem ersten Besuch. Ich brauchte vor 25 Jahren allerdings fünf Anläufe, bis ich es erstmals auf die Insel schaffte. Bald später tat sich die Möglichkeit auf, hier als Führerin – ich sage lieber Betreuerin – zu arbeiten. Ich zögerte keine Sekunde. Ich war und ich bin überwältigt von den Vögeln hier, von den Farben, dem quirligen Leben. Ich bin ein Glückspilz, ich bin privilegiert, dass ich mit all den Tieren an diesem besondern Ort sein darf.

Wie verläuft Dein Leben hier auf Skellig Michael?

Es leben immer drei Guides auf der Insel. Wir bleiben zwei Wochen und gehen dann für eine Woche aufs Festland zurück. Der Zeitplan wird allerdings öfter durcheinander gewirbelt. Bei schlechtem Wetter oder hohem Wellengang sitzen wir eben fest. Wir leben in drei aneinander gebauten kleinen Hütten in einem nicht einsehbaren Ort mit jeweils einem Bett, Gaskocher und Kühlschrank. Wir haben eine Komposttoilette. Der Strom kommt aus Sonnenkollektoren. Das Wasser wird wie alle Lebensmittel vom Festland gebracht.

 

Puffins Skellig Michael

Das alte Kloster auf Skellig Michael

 

Ist dieses Leben nicht schwierig und einsam?

Einsam ist es nicht. Morgens werde ich oft von den Puffins geweckt. Sie brüten selbst unter meinem Häuschen. Manchmal kommen sie durch die offene Tür und wecken mich. Jeden Abend steige ich vor Sonnenuntergang zum Kloster hinauf und werde bei der Rückkehr in der Dunkelheit von Sturmschwalben umkreist. Ich lebe gerne hier mit den Tieren. Aber natürlich haben kleine Orte mitten im Meer eine Wirkung auf unser Befinden. Sie machen uns auf lange Sicht ein wenig verrückt, insular und isoliert. Und es kommt immer darauf an, mit wem man hier ist. Menschen können heikel sein . . .

 

Puffins Skellig Michael

Puffin im Nest in der Erdhöhle

 

Du wirst als die Hüterin und Beschützerin der Papageientaucher von Skellig Michael bezeichnet. Woher kommt Deine Beziehung zu den Puffins?

Die Papageientaucher faszinieren mich einfach. Ich kann ihnen immer zuschauen. Ihre Bewegungen erinnern mich an Charlie Chaplin. Sie sind so komisch, dazu unglaublich neugierig und kommunikativ. Sie sind sehr verspielt und gesellig, aber auch territorial und kämpfen manchmal heftig miteinander. Sie haben sehr starke Schnäbel, und nicht immer gehen die Kämpfe gut aus. Die Neugier der Puffins ist schier unerschöpflich. Wenn etwas Neues in der Nähe ihres Brutplatzes auftaucht, kümmern sie sich sofort darum, untersuchen es genau – und schleppen es gerne, wie zum Beispiel einen weg geworfenen Teebeutel oder eine Blume, in ihr Nest.

Puffins Skellig Michael

Puffin im Flug

Du hast viele schöne Fotografien von den Puffins gemacht. Ein ganz besonderes, es wurde zum Titelfoto Deines Buches “Living Among The Puffins Of Skellig Michael”, zeigt einen Papageientaucher mit einem Blumenstrauß im Schnabel. Das sieht nach Photoshop aus . . .  

. . . und ist echt. Es kamen Bekannte von Dingle, wo ich in der übrigen Zeit wohne, auf die Insel. Sie brachten mir ein Sträußchen mit, das ich kurz auf die Mauer legte – und schwupps, kümmerte sich ein Vogel darum und schleppte den Strauß in seine Höhle. So ist der Schnappschuss entstanden. Turbulent wird es auch, wenn die Arbeiter hier eine Leiter aufstellen. Die wird im Nu zum Turngerät.

 

Puffins Skellig Michael

Faszinierende Farben am Kopf des Papageientauchers

 

Catherine, wie geht es der Papageientaucher-Kolonie auf Skellig Michael?

Es geht Ihnen sehr gut. Sie sind gesund und ihre Zahl ist stabil. Es leben jedes Jahr 8000 Puffins hier auf der Insel. In meinen 20 Jahren hier gab es nur ein Jahr, in dem die Vögel starke Probleme hatten. Sie fressen Sprotten, die sie aus dem Meer fischen. In jenem Jahr vor zehn Jahren war die Nahrung viel zu knapp, das war furchtbar. Viele Küken starben. Heute ist wieder alles in Ordnung.

Haben die Puffins eigentlich Feinde?

Oh ja. Die Raubmöwen lauern ständig und stehlen den Papageientauchern ihren Fang, wenn sie zum Nest zurück kehren. Sie töten auch schon mal. Und die von Menschen angelegte Straße mit der Mauer vom Pier bis zu den Arbeiterhütten fordert immer wieder Opfer.

 

Puffins Skellig Michael

Papageientaucher mit Nistmaterial

 

Wie das?

Die Tiere kommen mit der Straße nicht gut klar. Manchmal rollen sie den Abhang runter, wenn sie miteinander kämpfen und schlagen hart auf der Straße auf. Und die schwarz-weißen Küken scheitern an der Mauer, wenn sie flügge werden und das Nest verlassen. Die Eltern kümmern sich sechs Wochen lang um das einzige Kind, dann aber muss der junge Vogel alleine zurecht kommen. Eines Nachts verlässt er im Schutz der Dunkelheit seine Höhle und beginnt zu fliegen. Der erste Flug seines Lebens muss ihn hinunter auf die Wasseroberfläche des Meeres bringen. Bei diesem Versuch fliegen regelmäßig junge Puffins gegen die Mauer. Ich stehe immer nachts auf und setze sie auf die Mauer, oder sammle sie ein, damit sie es in der nächsten Nacht noch einmal versuchen können.

 

 

Die Puffins sind wie Du Teilzeitbewohner der Insel. Wie lange bleiben sie jedes Jahr?

Sie kommen im April und verlassen die Insel im Pulk in der ersten Augustwoche. Man kann die Uhr danach stellen: Nach getaner Arbeit verlassen sie den Felsen jedes Jahr zwischen dem 4. und dem 7. August. Sie fliegen nach Norden und verbringen den Winter auf dem Wasser des Nordatlantiks.

Catherines schönes Buch: Living Among The Puffins Of Skellig Michael

Du hast ein Buch geschrieben über Dein Leben mit den Puffins von Skellig Michael mit vielen tollen eigenen Fotos . . .

Ich habe tausende Fotos gemacht im Lauf der Jahre. Ich bin keine gelernte Fotografin, aber habe ein ganz gutes Auge. Und ich habe mir regelmäßig Notizen über mein Leben hier gemacht. Irgendwann dachte ich, daraus ein Buch zu machen – für meine Freunde und auch für all die Menschen, die es niemals nach Skellig Michael schaffen. Wie Du weißt, ist die Insel schwer zugänglich und nicht leicht zu begehen.

Ich habe Dein kleines Buch gelesen und vor allem immer wieder die Fotos angeschaut. Ich mag es sehr und möchte es unseren LeserInnen gerne empfehlen. Wie können sie es erwerben?

Sehr gerne. Wer das Buch möchte, wendet sich am besten direkt per Email an mich: KlicK. Ich verschicke das Buch gerne an Deine LeserInnen. Ich bitte um 15 Euro und die Versandkosten.

Die Skelligs sind auch für andere Vogelarten bekannt. Leben auch Basstölpel, Irlands größte Vögel, auf Skellig Michael?

Die schauen hier gerne mal vorbei. Die große Gannett-Kolonie lebt auf der Nachbarinsel Little Skellig. Hier auf Great Skellig leben auch Tordalken, Schwarzschnabel-Sturmtaucher, Trottellummen, Dreizehenmöwen und Eissturmvögel.

 

 English version please click here.

Puffins on Skellig Michael

Basstölpel, die größten einheimischen Vögel Irlands, leben auf Little Skellig.

 

Wie sind die Nächte auf Skellig Michael?

Die Vollmondnächte hier sind magisch, wenn sich der volle Mond auf der Meeresoberfläche spiegelt. Und die meisten Nächte sind laut. Wenn sich die Nacht über der Insel senkt und die Puffins schlafen gehen, wachen die Nachtvögel auf. Dann schwirren die Sturmschwalben und stoßen ihre hellen lauten Schreie aus. Für manche Menschen klingen sie wie die Banshees, die irischen Feen, und sie fürchten sich, stopfen sich die Ohren zu, um zu schlafen. Ich liebe diese Laute, den Sound der Nacht. Einige Male, es waren eher seltene, sehr ruhige Nächte, konnte ich im Bett die Wale hören, wie sie tief unten im Meer durch ihr Blasloch ein- und ausatmen. Es war magisch.

 


Catherine Merrigan hat Ihre Erlebnisse in einem Buch mit vielen Fotos fest gehalten: Wer das Buch möchte, wendet sich direkt per Email an Catherine. KlicK. Sie verschickt das Buch gerne an LeserInnen von Irlandnews. Sie bittet um 15 Euro und die Versandkosten.


 

Welche Energien spürst Du auf Skellig Michael?

Ich spüre die starke Präsenz dieses Ortes. Es ist ein harter, starker und rauher, ja ein dunkler Felsen. Er strahlt eine männliche Energie aus. Im Gegensatz zu den benachbarten Blaskets, sie sind eher weiblich.

Gibt es etwas, was Dir auf Skellig Michael manchmal fehlt?

Ja, manchmal vermisse ich es, mit meiner Hündin auf einem weichen Sandstrand spazierengehen zu können. Skellig Michael ist ein harter, ein harscher und rauher Ort. Ich liebe das, doch wir leben auch von der Abwechslung.

Wie viele Jahre wirst Du noch nach Skellig Michael zurück kehren?

Diese Frage stelle ich mir Jahr für Jahr. Ich werde auf absehbare Zeit weiter hier sein – und vielleicht länger.


Geheimnisvoller Südgipfel: Hier berichte ich über meinen Besuch auf Skellig Michael im Frühjahr 2022.


 

Alle Fotos in diesem Beitrag hat Catherine Merrigan gemacht. © Catherine Merrigan

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