Irland Sommer 2021

Irland feiert im Freien

 

Frankreich hat seine Straßen-Cafés, Deutschland seine Biergärten und Garten-Wirtschaften. Nun zieht Irland mächtig nach und entdeckt die Boulevard-Kultur im Eiltempo: In diesem Sommer 2021 begann auf der grünen Insel die Ära des Straßen-Pubs und des Sidewalk-Restaurants.

Nach langen Monaten der Isolation und des Eingesperrtseins drängen die Menschen zu den den Treffpunkten im Freien. Überall im Land haben Pubs und Gaststätten den Straßenraum mit Tischen, Bänken und großen Schirmen, mit Buden und Büdchen erobert, wo sie nun versuchen, dem geschäftlichen Aus zu entkommen. Denn noch immer ist das Tafeln und Trinken in geschlossenen Räumen nicht erlaubt.

Die letzte Juniwoche geizte nicht mit sonnigem trockenen Wetter, und so wirkte die neue irische Straßenkultur wie eine Selbstverständlichkeit, die es schon immer gab. Tatsächlich aber diskutieren die Irinnen und Iren in diesen Tagen fast ein wenig euphorisch, warum ein ganze Gesellschaft erst jetzt unter den Zwängen der Pandemie-Politik reif für die kulturelle Errungenschaft des Feierns unter freiem Himmel geworden ist. Dazugekommene wie wir haben das Essen und Trinken unter freiem Himmel schon vermisst, als der Platz vor der Pub-Tür noch ganz den verbannten Rauchern gehörte.

Es gibt natürlich gute Gründe für die Zurückhaltung, die nun aus ökonomischen Überlebens-Motiven erst mal aufgegeben wurde: Sie sind dem abwechslungsreichen irischen Wetter geschuldet, das die Lebensfreude im Freien in kürzester Zeit zur ungemütlichen Qual abkühlen kann.

 

Wird der Spaßreise-Verkehr nach Irland wieder einsetzen?

Spannend bleibt die Frage, ob die belebten Straßen und Sträßchen, die Garten-Küchen und Freiluft-Pubs in diesem Sommer überwiegend dem einheimischen Publikum vorbehalten bleiben, oder ob auch Touristen aus dem Ausland die neue Frischluft-Kultur genießen dürfen. Noch lässt sich die Regierung, die die vorsichtigste bis ängstlichste, sowie die härteste Corona-Politik in Europa zu verantworten hat, nicht in die Karten schauen. Noch drängt sie auf den Verzicht auf grenzüberschreitende touristische Reisen, noch sind die Quarantäne-Bestimmungen in kraft. Was aber passiert nach dem 19. Juli? Wird sich das Land für Spaßreisen ins und aus dem Ausland dann öffnen? Wird der touristische Verkehr aus England, aus Frankreich, aus Deutschland, der Schweiz und aus den USA langsam wieder einsetzen? Wird der digitale europäische Impfpass dann auch in Irland die Mobilen von den Immobilen trennen?

Regierungspolitiker und medizinisches Spitzenpersonal in Dublin verbreiten schon seit Tagen mehr oder weniger subtil Angst vor der Delta-Variante. Für den 5. Juli angekündigte Öffnungsschritte wie der Pub- und Restaurant-Betrieb in geschlossenen Räumen, wurden erst einmal verschoben. Aussagen zum freien Reisen werden noch immer vermieden. Die Politik spielt auf Zeit, während die vierte Welle modelliert wird. Wir tun wohl gut daran, jeden Tag der relativen Freiheit zu genießen.

 

Straßen Pub Irland

Street Diner und Pavement Pubs in Bantry, West Cork

Fotos: Markus Bäuchle