Der Mensch gewöhnt sich an fast alles, wenn er es nur lange genug macht, erlebt oder erleidet. Selbst an hohe und überhöhte Preise. Im Alltag vergleiche ich lediglich Preise von einzelnen Ankerprodukten oder nehme drastische Preissteigerungen an der Tankstelle wahr. Dass Irland ein sehr teures Land ist, wo man für geringere Qualität regelmäßig mehr bezahlt als in Deutschland, in Frankreich oder in Österreich, behält mein Unterbewusstsein beim Einkaufen bei Supervalu, Lidl, bei Tesco, Aldi und Dunnes meist für sich. Zumindest bis jeden Sommer die neuen Konsumentenpreisvergleiche veröffentlicht werden. Jetzt war es wieder soweit, und ja: Irland ist noch teurer geworden. Das liegt nicht nur an der galoppierenden Inflation, die im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat 9,6 Prozent betrug (EU-weit 8,6 Prozent).

Die bittere Wahrheit: Irland ist gemeinsam mit Dänemark das teuerste Land in der Europäischen Union. Das Preisniveau für Konsumausgaben der irischen Privathaushalte lag im Jahr 2021 um 40 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Aktuelle Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat vergleichen die Ergebnisse von Preiserhebungen für 2000 Konsumgüter und Dienstleistungen in 36 europäischen Ländern anhand von Preisniveauindizes und unter Verwendung von Kaufkraftparitäten. Während die Konsumentenpreise für einen typischen Warenkorb in Deutschland acht Prozent, in Österreich zwölf, in Italien ein Prozent und in Frankreich 13 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegen, rangieren Irland und Dänemark mit plus 40 Prozent an der Spitze – gefolgt von Luxemburg (+32), Schweden (+28), Finnland (+26) und den Niederlanden (+16). Die niedrigsten Preise in der EU haben Rumänien und Bulgarien, sie liegen 44 Prozent unter dem Durchschnitt, gefolgt von Polen (-40) und Ungarn (-33).

Irland ist teuer

Wer nach Irland reist, sollte ein Bündel Geld mit bringen

Zum Trost: In den assoziierten EFTA-Ländern Schweiz, Island und Norwegen sind die Preisniveaus noch höher. Im Hochpreisland Schweiz  lagen die Konsumentenpreise 2021 um 67 Prozent über dem EU-Durchschnitt, in Island um 50 und in Norwegen um 46 Prozent. Und noch mehr Trost: Kleidung ist in Irland vergleichsweise preiswert, kostet zwei Prozent weniger als im EU-Schnitt, Schuhe sind lediglich zwei Prozent teurer. Für Essen und Getränke legt man in Irland allerdings 19 Prozent mehr hin als im EU-europäischen Mittel – und für Alkohol und Tabak bezahlt man auf der Insel mehr als das Doppelte (+105 Prozent). Energie kostet gegenüber dem EU-Mittel hier auf der Insel 15 Prozent mehr, die Preise für Telefon und Internet  liegen sogar 47 Prozent darüber, in Hotels und Restaurants zahlt man 30 Prozent mehr, für Transport-Dienstleistungen 39 Prozent.

Das teure grüne Pflaster am westlichen Rand Europas

Dass Irland ein teures Land ist, ist nicht ganz neu: Schon in den Celtic-Tiger-Jahren lag das Preisniveau ordentlich über dem europäischen Durchschnitt, seit den frühen 2000-er Jahren immer um 20 Prozent und mehr. Im Jahr 2017 kletterte der insulare Preisaufschlag dann schon auf 30 Prozent, und nur vier Jahre später berappen wir hier 40 Prozent mehr. Irland präsentiert sich aktuell als ein Land, in dem sowohl das Leben als auch das Urlauben richtig teuer sind. Wenn Irinnen und Iren heute auf den Kontinent reisen, können sie es oft nicht fassen, um wieviel die Waren billiger sind als zuhause. Legendär sind die Feier-Trips von Irinnen und Iren, etwas wenn sie über den Jahreswechsel mit einem Billigflieger nach Berlin oder Frankreich fliegen, um dort eine preiswert-feuchte Silvestersause zu erleben – und dabei viel Geld zu sparen.

Wer hier lebt, bezahlt üppige Insel-Aufschläge auch für die meisten wichtigen Dienstleistungen: Baufinanzierungen, Mieten, Krankenversicherungen, Arzt- und Krankenhauskosten, Auto-, Haus- und Haftpflichtversicherungen – alles ist hier deutlich teurer als in Deutschland und als im europäischen Durchschnitt. Irland – das teure grüne Pflaster am westlichen Rand Europas.

Warum Irland ein so teures Land ist, erklären wir hier auf Irlandnews.


Die Beiträge auf dieser Website sind kostenlos. Auf Irlandnews gibt es keine Paywall. Alle aktuellen und insgesamt 3700 Beiträge aus und über Irland stehen Ihnen hier frei zur Verfügung. Sie können unsere Arbeit wert schätzen, unterstützen und mit einer Spende zur Kostendeckung beitragen. Wir würden uns darüber sehr freuen. Hier geht es zum Spenden-Formular.


Zur Vertiefung: Konsumentenpreise 2021 in Europa im Vergleich
Fotos: Bundesbank