Irische Gastfreundschaft und die Freundlichkeit von Irinnen und Iren sind legendär. Ganze Generationen von Irland-Urlaubern haben vom sympathischen irischen Charakter geschwärmt. Schade nur, dass sich der nette Paddy und die freundliche Mary im wirklichen Leben im Jahr 2009 so selten blicken lassen.

Wer ein paar Tage in Irland unterwegs ist, kommt zwangsläufig mit vielen Menschen zusammen: Auf der Straße, im Restaurant, im Hotel, im Pub, an der Tankstelle und überall dort, wo Freizeitangebote gemacht werden. Der Wanderer reiste gerade ein paar Tage durch das Land – und traf im Service viele freundliche Menschen. Polen und Polinnen, die “den freundlichen Iren” bis zur Perfektion verinnerlicht haben. Amerikanerinnen, deren Freundlichkeit fast schon nicht mehr zu ertragen ist. Nette Leute aus dem Baltikum, die sich alle Mühe geben. Menschen aus Asien, die auch in der Hektik immer die Contenance und Freundlichkeit bewahren.
Auch Irinnen und Iren arbeiten mittlerweile wieder in der Hospitality-Industrie, und ja, wir haben nette, freundliche, zutiefst sympathische und service-gewandte Insulaner getroffen. Erschreckend viele Einheimische arbeiten jedoch offensichtlich am Nachweis der Behauptung, dass sich Freundlichkeit nicht verordnen und auch nicht mit Löffeln einnehmen lässt. Starre Minen, wenig Freude an der Arbeit, kaum Kommunikation mit den Gästen, in die Miene eingegrabener Widerwillen. Vor allem den jungen Leuten von der Insel scheint ein Lächeln schwer zu fallen.
Zwar ist es gefährlich, persönliche Eindrücke zu verallgemeinern. Dennoch soll es hier getan werden, zumal auch irische und englische Freunde, die in diesem Jahr im Land unterwegs waren und unliebsame Erfahrungen mit unfreundlichem, garstigem, oder desinteressierten Repräsentanten des Tourismuslandes Irland gemacht haben; und weil die Tourismusvermarkter der Insel objektive Hinweise darauf haben, dass original irische Gastfreundschaft und Freundlichkeit im Service eher scheue Rehe geworden sind.
Wem die Suppe nach der “Friss-oder-nicht”-Methode vor den Latz geknallt wird, der sehnt sich allenfalls nach seiner eigenen Küche.

Wer an der Tankstelle keines Blickes gewürdigt wird, weil die Text-Nachricht auf dem Handy interessanter ist als der zahlende Kunde, der sucht sich eine andere Tanke.

Wem das Gefühl vermittelt wird, Gäste sind nur willige Geldspucker, der verzichtet das nächste Mal gerne auf den Service.

Wer als “Lügner” beschimpft wird, weil er freundlich ablehnt, die Dienstleistungen eines drängeligen Pferde-Kutschers anzunehmen, verzichtet noch viel lieber auf eine Kutschenfahrt.
Es ist schwierig, den schweren Kopf nach einer rauschend- berauschten zehnjährigen All-Ireland-Party am Morgen danach zu einen Lächeln zu bewegen. Es fällt schwer, den Gürtel enger zu schnallen und dabei gute Laune zu bewahren. Andererseits: Lustlosigkeit und Verweigerung sind irreführende Wegweiser und helfen nicht, die Krise zu beenden.
Sehen wir es in gewohnt irischer Manier positiv: “There is much room for improvement”. Es gibt jede Menge Raum für Verbesserungen. Zeigen wir unseren Mitmenschen in den Bedienerschürzen, Supermarkt-Kitteln und Kutscherstiefeln, wie das geht mit dem Lächeln. Starten wir die Aktion: “Ireland presents SMILE“. Irland lächelt.
* Danke Brian Wilson für Good Vibrations und für das Cover Motiv von SMILE