Irland News LogoDie Iren sind ein rätselhaftes Volk: Sie wünschen sich schon nach zwei Jahren die Partei zurück in die Regierungsverantwortung, die das Land systematisch in den Abgrund geritten hat. Die wichtigsten Nachrichten der Woche aus Irland stehen heute unter dem Motto: Die heimliche Lust am Untergang.

Die alten Polit-Zocker sind schon wieder obenauf

Man kann es kaum glauben, doch nun belegt es bereits die zweite große Meinungsumfrage im Land: Gerade einmal zwei Jahre nach ihrer spektakulären Abwahl ist die einstige Dauer-Regierungspartei Fianna Fail wieder stärkste Partei im Land. Wenn also am kommenden Sonntag Wahl wäre, würde die FF 27 Prozent der Stimmen bekommen und die aktuelle Regierungspartei Fine Gael mit 25 Prozent hinter sich lassen. Deren Koalitionspartner Labour ist auf 13 Prozent abgestürzt, während die links-republikanische Sinn Fein auf 20 Prozent kommt. Man darf also behaupten, dass die Regierung, die 2011 mit einem Rekordergebnis gewählt worden ist, auch im Rekordtempo abgewirtschaftet hat. Verstörend wirkt der Umstand, dass von der Unzufriedenheit mit der Regierung genau die Partei profitiert, die das Land  — geleitet von Gier, Größenwahn und Unfähigkeit — mit einer absolut verantwortungslosen Zocker-Politik in den Absturz regierte.

Irland-Rettung: Der Geheim-Deal scheint nicht zu beindrucken

500 € ScheinDiese erste Meinungsumfrage nach dem als „historisch“ vermarkteten Geheim-Deal zur Rettung des Landes vor den aufgetürmten Milliarde-Schulden zeigt, dass die Menschen mit den Ergebnissen der Entschuldungsaktion nicht zufrieden sind. In einer Nacht- und Nebelaktion hatte die Regierung sich in der vorvergangenen Woche die Genehmigung im Parlament geholt, die Skandal-Spekulations-und-Bankrott-Bank Anglo Irish (genau genommen, deren verstaatlichte Auffanggesellschaft) per politischer Entscheidung bankrott gehen zu lassen. Die beim Staat geparkten Schulden wurden flugs an die Zentralbank des Landes verschoben, um sie über langfristige Staatsanleihen zu finanzieren. Zurückbezahlt wird erst ab dem Jahr 2038. Damit schafft die Regierung zwar sich und den überwiegend frustrierten Bürgern etwas Luft für die kommenden Jahre. Klar ist aber auch, dass die nächste und die übernächste Generation in Irland die Dummen bei diesem Manöver sind und dass die Regierung es nicht geschafft hat, die EU und die Gläubiger der Bankern per Schuldenschnitt wie in Griechenland an der Rückzahlung der Bankenschulden zu beteiligen. Im übrigen: Die Finanzierung des Staats durch die eigene Zentralbank ist in der EU eigentlich verboten, deswegen kann der Fall eintreten kann, dass die windige Aktion der Regierung doch noch schief gehen könnte. Bislang hat die Europäische Zentralbank das Nacht-Manöver von Dublin lediglich „zur Kenntnis genommen.“

Schuldeneintreiber von Regierungs Gnaden empören das Volk

Möglicherweise haben es viele Irinnen und Iren einfach satt, von der eigenen Regierung finanziell ständig noch mehr in die Pflicht genommen zu werden und sehnen sich zurück nach der Partei, die für den überaus laxen Umgang mit Geld bekannt ist. Die Fine Gael-Labour Regierung macht sich auf Druck der Europäischen Union damit unbeliebt, von den Bürgern in Irland das zu fordern, was andernorts in Europa lange üblich ist: Sie beginnt damit, Steuern und Gebühren für Wasser und Abwasser, für Müllabfuhr und andere kommunale Dienstleistungen zu erheben und sogar einzutreiben. Das erzürnt viele Menschen, die Gebührenrechnungen nur für eine Art Vorschlag halten — zum Beispiel, wenn Schuldeneintreiber im Auftrag der Behörden plötzlich an der Haustür klingeln und ausstehende Müllgebühren aus dem Jahr 2010 einfordern. Das passiert gerade auch tausenden Haushalten im County Cork. Die Regionalverwaltung hatte die öffentliche Müllabfuhr finanziell ins Abseits gefahren und im Herbst 2010 an Privatunternehmen verkauft. Rechnungen über ausstehende Müllgebühren hatte sie den Kunden damals keine verschickt, jetzt allerdings, zweieinhalb Jahre später, will die klamme Verwaltung ihr Geld sehen und schickt ein Inkasso-Unternehmen in den Kampf.

Irland spart Energie — wider Willen

Der Energieverbrauch in Irland ist in den drei Jahren von 2008 bis 2011 um zwölf Prozent gesunken. Das zeigen Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat. Der Rückgang — der zweithöchste in Europa — ist mutmaßlich nicht auf gestiegenes Umweltbewußtsein, sondern auf die Folgen der scharfen Wirtschaftskrise im Land zurückzuführen: Die Produktion ist zurückgegangen, gleichzeitig sind die Energiepreise deutlich angestiegen. Die EU-Statistik belegt auch die Abhängigkeit Irlands von Energie-Importen: Das Land produzierte 2011 nur elf Prozent der konsumierten Energie selber. Das ist die drittschlechteste Bilanz in Europa.

Haushalte können Rechnungen nicht mehr bezahlen

Mehr als 50 Prozent aller Haushalte in Irland können derweil ihre laufenden Rechnungen nicht mehr aus dem laufenden Einkommen bezahlen: Sie müssen ihre Ersparnisse angreifen, überziehen ihre Konten oder leihen sich Geld bei Kredithaien, bei Freunden und Verwandten, um das Geld für Strom, Telefon, Internet und Motorsteuer zu bezahlen. Das behauptet eine Umfrage der Vergleichswebsite Uswitch. Vor allem die stark gestiegenen Stromrechnungen setzen den Iren in Zeiten knappen Geldes zu.

Das Land, in dem zumindest die Schlaglöcher wachsen

Auch die Regionalverwaltungen in Irland klagen über leere Kassen und haben ihre Arbeit mangels Geld auf das Notwendigste reduziert. Dazu gehört offensichtlich nicht der Unterhalt der Straßen im Land. Vor allem auf den Regional- und Lokalstraßen nimmt die Verwahrlosung dramatisch zu, weil die Straßenschäden nicht mehr repariert werden. Die Zeitungen im Land überbieten sich derzeit mit Fotos von Schlaglöchern und Schlagloch-übersähten Verkehrswegen. Die Veröffentlichungswelle begann mit einem Bericht des Internetnachrichtendienstes www.journal.ie, der die Klagen eines Bürgers im County Meath publik machte: Der Mann aus dem County Meath muss auf einer völlig zerstörten Straße von seinem Haus zur Arbeit fahren. Weil die R34096 aussieht, als wäre sie bombardiert worden, hat sie mittlerweile als „Straße nach Bagdad“ nationale Berühmtheit erlangt.

Der Öffentliche Dienst soll auch endlich bluten

Die Verhandlungen zwischen der Regierung und den Gewerkschaften über den Beitrag des Öffentlichen Dienstes zum sich seit fünf Jahren ständig verschärfenden großen Sparen geht in die entscheidende Phase: Bislang waren weite Teile der vom Staat angestellten Iren von einer rechtzeitig getroffenen Vereinbarung geschützt, die unter dem Namen „Croke Park Deal“ (das ist der Name des Football Stadions in Dublin, wo die Verhandlungen geführt wurden) berühmt und berüchtigt geworden war. Dieser Deal sicherte dem Public Service trotz Krise weitgehenden Bestandsschutz für Gehälter und Prvilegien bis zum Jahr 2014 zu. Zuletzt war der öffentliche Druck aber zu groß geworden, auch die Staatsdiener an den Sparmaßnahmen stärker zu beteiligen und sie erkennbare Opfer bringen zu lassen. Ob dies gelingen wird, ist noch immer offen. Zumindest macht die Regierung derzeit Anstalten, im Öffentlichen Dienst längere Arbeitszeiten einzuführen und Privilegen wie Zuschläge, Sonderzahlungen und Spesen abzubauen. Vor allem die Lobby der Polizei währt sich dabei nach Kräften gegen „weitere Zumutungen“.

Und wo bleibt mal wieder das Positive?

Gab es in dieser Woche wenig (und gibt es in der kommenden Woche hoffentlich wieder mehr). Vielleicht dieses: Die Aufregung über Pferdefleisch in Lasagne und anderen Fertiggerichten ist in Irland bereits abgeebbt. Die Iren waren die ersten in ganz Europa, die die Wahrheit darüber erfuhren, was sie wirklich aßen, wenn sie vermeintliche Rinder-Burger verspeisten. Der Konsum von Fleisch-Fertigprodukten ist mittlerweile drastisch zurück gegangen. Was aber bedeutet es, dass unsere Katze ihr langjähriges Lieblings-Dosenfutter neuerdings ablehnt? Einen schönen Sonntag und eine gute neue Woche wünscht Euch der Wanderer.

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