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Nach den Nachrufschreibern, den Grabrednern und den
Imagekünstlern beginnt die Zeit der Biografen.
Teil 2 der Irlandnews Serie über John O’Donohue
Ich denke oft an diesen Menschen, der mich viel gelehrt hat über das Leben, die Seele, Spiritualität, die Natur. Ich habe ihn nie kennen gelernt, ich las seine Bücher. Wie oft hörte ich seine Worte, wenn ich durch das Moor ging, fühlte seine Weisheit, wenn ich durch die Berge zog, verstand seine tiefe Einheit mit der Natur, wenn ich am Meer stand und nach Westen schaute. Am 1. Januar, wäre John O’Donohue 65 Jahre alt geworden. Wäre er nicht vor 13 Jahren völlig überraschend gestorben. Ich hätte ihn gerne gekannt.
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- Hier geht es zur Übersicht: John O’Donohue. Eine Spurensuche.
- Einen Überblick über das literarische Werk von John O’Donohue gibt es hier.
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John O’Donohue, Ire aus dem County Clare, war Priester und Schriftsteller, Philosoph und Dichter, Umweltaktivist, Lebenslehrer, Redner und Humanist. Mit Anam Cara (erschienen und erhältlich in deutscher Sprache bei dtv), Eternal Echoes und Divine Beauty schrieb er Welt-Bestseller. Er liebte die menschliche Existenz in all ihren Facetten. Sein großes Thema war, das Leben in ganzer Fülle ohne Angst zu leben. Als maximale Verfehlung des Menschseins galt ihm das ungelebte Leben. John war ein mutiger Mann, der für seine Überzeugungen einstand, der das Leben tief lebte und der sich nicht versteckte, ja, der sich zeigte, wo er anders war als soziale Zwänge und traditionelle Klischees es verlangt hätten. In Büchern und Vorträgen riet uns John, mutig das Leben zu leben, das man sich wünscht und das man lieben würde. Es sei wichtig, seine Träume nicht nur zu träumen sondern auch zu verwirklichen und so seine Bestimmung zu finden – frei von Angst und aus vollem Herzen.
* * *
Vor gut zwei Jahren habe ich mich auf Spurensuche begeben. Sie begann durch einen Zufall am Grab von John O’Donohue im November 2018. Ich möchte in den kommenden Monaten hier auf Irlandnews einige Ergebnisse dieser Spurensuche teilen. Beginnen wir dort, wo Johns irdische Reise zu Ende ging, auf dem Craggagh Cemetery in Fanore, County Clare.
Zu Besuch im kleinen Burren-Dorf Fanore hatten wir zufällig erfahren, dass auf dem Friedhof von Craggagh gleich zwei berühmte Menschen begraben sind: Der kontroverse Schriftsteller Francis Stuart (1902 – 2000), der Saoi, einer der sieben Weisen Irlands, und der Ex-Priester, Poet und Philosoph John O’Donohue. Wir hatten von Menschen aus dem Dorf gehört, dass John O’Donohue tragischerweise “zwei Wochen vor seiner Hochzeit” (Zitat eines Fanorers) plötzlich im Alter von nur 52 Jahren im Frankreich-Urlaub gestorben sei.
Hier standen wir nun, Eliane und ich, auf dem Friedhof direkt an der Küstenstraße zwischen Doolin und Ballyvaughan. Am Grab des von uns verehrten spirituellen Philosophen. Ich erinnerte mich schlagartig wieder an die schockierenden Nachrichten von Johns Tod in den ersten Tagen des Jahres 2008. Wir waren damals fassungslos. Einer der Besten, mit nur 52 Jahren tot? Gegangen. Aus. Für immer. Was war passiert? Wie konnte das sein? Wir haben es nicht erfahren, damals vor 13 Jahren. Die Nachrichten und die Nachrufe hielten sich im Ungefähren. Im Schlaf gestorben. Plötzlich und unerwartet. Dass John eine Lebenspartnerin hinterließ, wussten wir damals nicht. Und bis heute bleibt Vieles vom Leben des Mannes aus dem Burren, der später in einer einsamen Gegend Connemaras wohnte, unbekannt.
Die passionierte Instagrammerin an meiner Seite schrieb noch am Tag des Friedhofsbesuchs einen kurzen Beitrag mit Foto vom Grab und der Erwähnung “So traurig: John starb nur zwei Wochen vor seiner Hochzeit”. Der Instagram-Post stand wenige Stunden online, als die Aufforderung eintraf: ” . . . Ich würde es begrüßen, wenn Sie das bitte sofort bearbeiten würden. John ist nicht zwei Wochen vor seiner Hochzeit gestorben. Wenn Sie bitte alle Hinweise weglassen würden, wären wir Ihnen dankbar!” Die Verwalterin des Literarischen Nachlasses verlangte nach Tabula rasa. Wir löschten die Passage. Mehrere Anfragen, was genau an der Darstellung falsch gewesen sei, liefen ins Leere, blieben einfach unbeantwortet.
John war immer diskret gewesen, wenn es um sein eigenes Leben ging. Manche, die ihn kannten, sind diskreter.
Was also stimmte? Was nicht? Mein Interesse war geweckt. Die Spurensuche hatte begonnen. Hier im Burren, dieser kargen, bizarren, urzeitlichen Felsenlandschaft aus Kalkstein am Atlantik, für deren Schutz vor dem touristischen Ausverkauf John an vorderster Stelle in den 90er-Jahren gekämpft hatte.
An Johns Grab auf dem Craggagh Cemetery in Fanore
Craggagh Cemetery Fanore: Hier wurde John O’Donohue am 12. Januar 2008, einem kalten, windigen und grauen Winter-Samstag beerdigt. Die Trauerfeier mit 200 Gästen fand in der Kirche statt, in der er 1956 getauft worden war: St Patricks Church Fanore. Sein Elternhaus im Kalksteintal von Caher Bheanna liegt ein paar Meilen östlich der Kirche, sein Grab wenige Meilen weiter südlich, zwei Steinwürfe von O’Donohues Pub entfernt. Dazwischen ein Leben der Polaritäten zwischen globalen Reisen und inniger Sesshaftigkeit, zwischen einer Existenz des spirituellen Rockstars und der des Eremiten, zwischen Priester und Partner, zwischen Augustinus und Pelagius.
Seit wenigen Jahren ziert ein mächtiger Feldstein aus lokalem Limestone das Familiengrab der O’Donohues. Das Grab war lange ohne Grabstein ausgekommen.
Nachdem John im Winter 2008 neben seinem Vater Paddy und seinem Onkel Pete begraben worden war, erinnerte eine Holzstele mit einer herzförmigen Öffnung an ihn, den früh Gegangenen. Wind, Regen und die salzige Atlantikluft zehrten bald an dem hölzernen Denkmal und ließen es verrotten. Im Sommer 2016 waren Besucher über den Zustand des Grabes schockiert. Im Dorf gab es Geraune, andernorts gingen Beschwerden ein.
Fast täglich kamen und kommen Menschen aus nah und fern auf den Friedhof, um das Grab von John O’Donohue zu sehen. Oft sind es einzelne Personen oder Paare, manchmal hält ein großer Bus. Der Friedhof liegt an der Rennstrecke der grünen Paddywaggons. Ein Mann aus dem Dorf erzählt mir von seinen vielen Gesprächen mit den Besuchern aus den USA, aus Kanada, Australien, aus Großbritannien und vom europäischen Kontinent. Ja, viele Deutsche kämen auch heute noch, weiß der Mann, der in Fanore geboren wurde und zeitlebens dort wohnte. Auf dem Grab liegt neben zwei kleinen Engel-Figuren ein Herz aus Stein mit der deutschsprachigen Inschrift: “Wenn die Zeit endet, beginnt die Ewigkeit.”
Ein großer grauer Grabstein erzählt Geschichte
Letztlich hielt der große graue, eng beschriftete Grabstein Einzug auf dem Grab-Rechteck, in dem seit Januar 2011 auch Johns Mutter Josie begraben liegt. Der Stein kündet von lange vergangenen Zeiten. Er erinnert an Menschen, die schon im 19. Jahrhundert im Kalksteintal von Caher Bheanna im Townland Fermoyle East gelebt haben: Johns Großvater Peter (1860 bis 1936) und Großmutter Nora (Honora, 1876 – 1901). Ihr Nachname schrieb sich damals laut Census 1901 Donohoe – mit drei kleinen und ohne das große “O”. Die Familie sprach im Alltag die Muttersprache, Irisch. Die Donohoes mögen sich selber O’Donnchu genannt haben.
Der große graue Stein ist ein Geschichtenbuch. Er erinnert an das Leben von sechs Menschen. An Zeiten, in denen Irland ein armes Land war, in denen an der Westküste die Not herrschte. Johns Großmutter Nora starb in dem Jahr, in dem Johns Vater Patrick (Paddy) geboren wurde: 1901. Paddy, das jüngste von sieben Kindern der Donohoes, würde als Farmer und Steinmetz im Caher Valley leben – zusammen mit seinem Bruder Pete (1899 – 1978). Paddy blieb wie Pete lange Junggeselle, heiratete erst im Alter von etwa 54 Jahren, im Jahr 1955, eine 24 Jahre jüngere Frau aus einem Ort in der Umgebung: Josephine, genannt Josie (geborene Dunleavy, 1925 – 2011).
Am ersten Tag des Jahres 1956 kam Josies und Paddys Erstgeborener zur Welt: John. Er würde Pfarrer werden, Bücher schreiben, Reden halten und Retreats veranstalten, er würde Ex-Pfarrer und international bekannt werden. Drei weitere Kinder, zwei Brüder und eine Schwester, wurden bald darauf geboren. Als John zehn Jahre alt war, war Vater Paddy 65. John liebte seinen Vater, wie er oft betonte. Er sei der spirituellste Menschen gewesen, den er je kennen gelernt hätte. Er liebte seinen Onkel Pete, einen Mann der Berge, und natürlich seine Mutter Josie, der er eines seiner bekanntesten Gedichte widmete, Beannacht, mit dem er sein erstes großes Buch, Anam Cara, einleitete. Josie, eine gute Freundin des irischen Präsidenten und Dichters Michael D. Higgins, sollte die Tragik nicht erspart bleiben, dass sie ihren ältesten Sohn um fast vier Jahre überlebte.
John starb zwei Tage nach seinem 52. Geburtstag, am 3. Janaur 2008 in Maubec im Département Vaucluse im Süden Frankreichs.
Fortsetzung folgt
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Fotos: Markus Bäuchle; dtv (1), privat (1)
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Thank you Markus for the extra flesh you have put on John O’Donohues bones, but can you please not refer to him as a Hegelian scholar, as that was a acolade he gave himself. You as a German must realise that five years study in Jena would not make one into a an Hegelian scholar; and certainly not someone capable of mastering and very difficult prose that an original theses on Hegel’s Phenomenology of Spirit required and having and then have published in German as new research. He never mentions Hegel in either of his own two books, but simply used it promote his reputation to the American New Age adherents he was catering for and making money out of with the tosh he was writing.
He was a conventional Irish parish priest at a time when they were turing away from abusing children to having normal sex with women, but realising that his bread was being buttered by the Catholic Irelands hierarchy by preaching anti-human nonsense. He got a free house, a car in the drive. and became the parish manager on all important events in the community and the in lives of the individuals in the community. He never wanted to give up the priesthood with such benefits, but yet he admitted he was never celibate during any poriod in his religious life. They all the clerics were peddling snake oil: when Pope Paul came to Ireland, he was assisted on the stage in Galway by two Irish clerics: Bishop Casey and the singing priest, Fr Cleary, who were both ‘Fr’s’ in the family sense rather than in the spiritual sense – the Pope himself was carrying on an epistolary relationship with a married Polish woman. Is it any wonder that the churches of Ireland were emptying and remain empty?
There was nothing ‘spiritual’ about any of this Celtic stuff: it was just men trying to have their cake and eat it. When O’Donohue found a female partner who would answer his human man’s need for love and sex he took it – and who wouldn’t. But he could have the prestige of the priesthood so he never laicised and on top of that came the megabucks – what was there not to like? But it wasnt honest. It wasnt even literature. He couldn’t even write his will so the the woman he loved would have security if anything happened, because he was working with smoke and mirrors sentences. It sickens me to read the stuff.
Danke, lieber Markus, dass Du Dich auf Spurensuche begeben hast. John O’Donuhues früher Tod hat auch uns erschüttert und er hat Fragen aufgeworfen.
Wir, die wir selbst einen Sohn verloren haben, wunderten uns zunächst darüber, dass nirgendwo eine Todesursache genannt wurde. “Plötzlich und friedvoll” – das kann vieles bedeuten und es wäre hilfreich gewesen, eine Antwort zu erhalten.
Wir besuchten auf unseren jährlichen Reisen schon früh sein Grab in Fanore, das zunächst wie ein “Spiegel seiner Seele” war: die schöne Holzstele mit dem natürlichen Herz, Blumen auf dem Grab – ein kleiner blühender Garten. Wir waren tief berührt und dankbar für diesen Ort. Nur ein Jahr später war er verwaist. Die Stele gebrochen, Gras hatte die Blumen unter sich begraben – es sah trostlos und traurig aus und so, als sei er bereits in Vergessenheit geraten.
Was war hier los, fragten wir uns? Nun steht ein Stein mit dem Namen der Vorausgegangenen aus der Familie auf dem Grab und Kies hat das Grün ersetzt..
Wir sind sehr dankbar, dass Du Dich der Fragen, die sich für uns aus den Besuchen und der Beschäftigung mit John O’Donohue ergaben, angenommen hast.
Wir wünschen Dir viel Glück und sind gespannt auf die Fortsetzung!
Alles Beste aus dem eisigen Berlin
Gabi und Hans
Nun machst Du Dich auf Spurensuche
Der Bericht berührt mich sehr!!!! Ich habe von 2003-2006 in Ballyvaughan gelebt.
Vielen Dank Markus Bäuchle!
Liebe Grüße aus Hamburg.
Simone Rahn